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ungegliederten Innenwände werden dabei durch vorgeftellte Säulenreihen, zwei über
einander durch einfaches Gebälke getrennt, belebt, d. h. die Cella in zwei fchmale
Seitenfchiffe und ein breites Mittelfchiff getheilt. In dem fo gewiffermafsen zwei-
gefchofsig gewordenen Inneren vermitteln kleine Treppen den Zugang zu den ver-
fchiedenen Höhenabtheilungen und dem Dachraume. Auch die Flügelwände der
Vor- und Hinterhalle treten im weiteren Verlaufe zurück und ftehen dann nur wenig
mehr über die Thürwand vor; die durch Anten und Säulen erfetzte frühere Thürwand
wird in eine vollendete Säulenftellung aufgelöft. (Vgl. Parthenon.) Eine noch be-
deutendere Vergröfserung der Cella führt fchliefslich zum Pfeudoperipteros, zu einer
Anlage wie am Zeus-Tempel in Akragas.

Die Säulenftellung ift nirgends, weder bei den älteften Denkmalen, noch bei
denen der Blüthezeit, abhängig von der Cella; den Anten entfprechen keine Pteron-
Säulen und diefen auch nicht die des Pronaos oder Opifthodom; eben fo unabhängig
und ohne Bezug auf Wand und Säule find die hierher gehörigen Deckenbalken gelegt.

Der neue Gedanke, der fich demnach im griechifchen Tempelbau, gegenüber
feinen orientalifchen Verwandten, ausfpricht, ift die auf erhöhtem Unterbau ftehende,
von Säulen umgebene heilige Cella mit den beiden von Säulen getragenen Giebel-
dächern. Das unreife, rohe Vorbild diefer Tempelform findet fich jedoch bereits in
einer von der gewöhnlichen abweichenden Tempelgattung Aegyptens (vgl. den kleinen
Tempel zu Elephantine); dort hat das Haus im Grundplan die Geftalt eines läng-
lichen Vierecks und eine Säulen- oder Pfeilerreihe umher, auf wenig erhöhter Piat-
form, zu der eine fchmale Treppe hinanführt.

Die Bildung der Giebelfagade in Anten und Säulen, welche nach Vitruv als
die ältefte Art gern angefehen wird und die ihr Vorbild in den kleinafiatifchen Grab-
fagaden und den ägyptifchen Grabgrotten von Beni-Haffan hat, dürfte, wie Semper
andeutete, niemals einem Tempel angehört haben. Die neu entdeckten Schatzhäufer
in Olympia, welche meift die Fagade in Anten und Säulen zeigen, laffen dies in
verftärktem Mafse vermuthen, und der in feinen Dimenfionen fo kleine Tempel
(etwa 6 zu 10 Meter) der Nemefis in Rhamnus, »eines der feltenen Beifpiele eines
reinen Anten-Tempels«, war wohl am Ende auch nichts anderes, als ein Schatzhaus.

Einfam auf fteiler Höhe (Affos, Aegina) oder von heiligen Hainen umgeben, auf
ftolzem Terraffenbau, in der Tiefftadt (Thefeion, Olympieion) gelegen, oft in Gruppen
beifammen (Athen, Selinus, Olympia, Akragas) auf engbegrenztem Terrain, erheben
fich die Heiligthümer des hellenifchen Volkes; vielfach in geweihten, von feften
Mauern umfchloffenen Bezirken, zu denen Prachtthore mit Säulenhallen — Propyläen
— den Zugang vermittelten, find fie aufgeftellt, von Hallen, Stoen, Schatzhäufern,
Weihgefchenken umgeben, in bedrängten Zeiten dem wehrlofen Theile des Volkes
und feinen Schätzen Sicherheit und Schutz gewährend.

Die Tempel feilten durch ihre Form, nicht durch ihre Mafien wirken — ich
nehme dabei den Wallfahrtstempel, das Artemifion in Ephefos, die zwei nie fertig
gewordenen, dem Zeus Olympios geweihten Riefen in Selinus und Akragas aus —
»innerhalb des Erhabenen, ruhig fchön«. Diefelben find daher meift mäfsig grofs
und die Cella beinahe,immer dem Volke zugänglich, aber nicht für die Verfamm-
lung einer andächtigen Menge beftimmt.

In den Tempel der Eileithya am Abhänge des Kronion-Hügel zu Olympia durfte in das vordere
Gemach des Doppeltempels Jedermann, in das innere jedoch nur Priefterinnen eintreten.

Der Venus-Tempel in Lykion war nur einer Tempeldienerin und einer beftimmten Jungfrau Zugang-
 
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