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ten die für Stucküberzug hergerichteten Bauglieder im gleichen Sinne beurtheilt, wie die am Stücke
fofort vollendeten Formen der Marmormonumente. Es ift nicht immer gefagt und wohl in keinem Falle
nachweisbar, dafs die Stuckform haarfcharf genau der Steinform folgte oder diefe wiedergab. Der Stuck-
überzug war beftimmt, die Unzulänglichkeiten des Materiales auszugleichen, und manche uns jetzt unbe-
holfen erfcheinenden Formen an den Fragmenten, die ihren Stucküberzug verloren haben, mögen mit dem-
felben anders ausgefehen haben — die Handwerker werden damals in der Zurichtung nicht anders verfahren
fein, als fie es heute im gleichen Falle zu thun gewohnt find, und die fich aus der Natur der Sache damals
wie heute gleichermafsen ergiebt. Für die Feflftellung der fertigen Profilirungen geben defshalb diejenigen
Bautheile, welche ihren Ueberzug verloren haben, keine abfolut ficheren Anhaltspunkte mehr.

^om Zusfempil in ffira^si •

4) Der Athene-Tempel in Syrakus, auf der Hafeninfel Ortygia gelegen, war ein Peripteros
von 6 : 14 (15?) Säulen. Die Eintheilung der langgestreckten , mit Säulen in antis geöffneten Cella ift
nicht mehr feftzuftellen. Die Säulen flehen eng, find ftark verjüngt, mit wenig Entafis und durch
20 Hohlftreifen gegliedert; die Monolithe des Pronaos find höher, als die des Peripteros. Der Echinos ift
höher als der Abacus, hat unten vier Reifchen und am Hälfe drei Einfchnitte; das Anten-Kapitell ift
fchwerfällig. Das Gebälke ift nicht mehr in allen feinen Theilen erhalten; das Gefimfe fehlt gänzlich;
•die Triglyphen find fchlank; die Architrav-Fläche ift über die obere Peripherie der Säule vorgerückt. Die
Umwandlung des Tempels in eine chriftliche Kirche hat die genannten Theile deffelben uns erhalten; er
war aus dem hellen Kalkfteine der syrakufaner Latomieen gebaut. Die Erbauungszeit fällt nach Diodor
in die Zeit der Geomorenherrfchaft, alfo in das 6. Jahrhundert v. Chr.

5) DerTempel der Juno Lacinia inAkragas, ein Peripteros von 6 ; 13 Säulen und mäfsigen
Gröfsenverhältniffen. Die Säulen find wenig verjüngt; der Echinos des Kapitells ift kräftig und edel
profilirt, unterhalb mit drei Reifcheh geziert; das Halsband befteht in drei Einfchnitten. Die Architrav-Kante
ift vorgerückt; das Gefimfe und die Anten-Kapitelle fehlen. Das Material befteht aus gelblichem Kalk-
fteine , der jetzt ftark verwittert ift und ehemals mit Stuck überzogen war. Es fehlen nur 4 Säulen;
16 haben noch die Kapitelle; die Nordfeite hat noch den ganzen Architrav und einige Stücke des Friefes;
fonft ift vom Gebälke nur noch ein Architrav-Stück von der Südfeite erhalten. Fazell fah den Tempel
noch vollftändig; doch klagt er über die gefpaltenen Säulen und den hereinbrechenden Verfall. Die
Ruinen erfuhren 1787 durch Torremuzza einige Ausbefferungen.

6) Der Tempel in Delphi (der fünfte nach Paufanias), von Spintharos aus Korinth gebaut
unter der Leitung der athenifchen Alkmäoniden, die denfelben, um fich das Orakel geneigt zu machen,
zum Theil aus Marmor ftatt aus Porös, wie ausbedungen, herftellen liefsen, war wohl ein-Peripteros mit
Pronaos und Opifthodom. Paufanias fpricht wenigstens von »Denkfprüchen an dem Vorhaus« und von
einem goldenen Standbild des Apollo im »Innerften« des Tempels, zu dem nur Wenige Zutritt hatten.
Der Figurenfchmuck in den Giebelfeldern war von den athenifchen Bildhauern Praxias und Adroflhenes.
An den Architraven hingen goldene Schilde, für Marathon geweiht, und galatifche Waffen.

7) Der alte Athene-Tempel auf der Burg von Athen, von den Perfern zerftört, ftand auf
der Stelle des fpäteren Parthenon, war aber in den Abmeffungen kleiner als diefer. Bruchftücke deffelben
finden fich in der Burgmauer eingemauert — Säulentrommeln und Gefimstheile. Die Tropfenregula an
einem Architrav-Stücke ift breiter, als die zugehörige Triglyphe. Die Gebälkeftücke find bei diefen
vermauerten Fragmenten von Porös, die Metopen und Säulentrommeln von Marmor. Die fchönften uns
erhaltenen Farbenrefte auf Marmor, Stuck und Terracotta, 1836 auf der Akropole ausgegraben, gehörten
wohl diefem Heiligthume an.

8) In diefe Zeit wäre auch noch der von den Peififtratiden begonnene Tempel des Zeus
 
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