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211

Der Platz um denfelben, auf dem fich der Chor bewegte, wurde zur
Orcheftra, zum Tanzplatz. An diefen fchlofs der Zufchauerraum, das eigentliche
Theater an.

So lange fich lyrifche Chöre und die Anfänge des Dramas innerhalb des
Chorführers und der Choreuten hielten, gab es nur diefe zwei Abtheilungen; eine
dritte wurde erft nöthig, als befondere Schaufpieler aufkamen.

Thespis führte, um 500 v. Chr. einen folchen nicht zum Chore gehörenden
Schaufpieler ein. Zwifchen diefem und dem Chorführer wechfelte nun die Rede;
der Chor fiel feltener mit feinen Gefangen ein. Während der Chor dabei feinen
Platz behielt, wurde für den Schaufpieler, damit diefer beffer gefehen werde, ein
befonders erhöhter Raum hergerichtet — die Skene; nur bei den Satyr-Spielen
blieben die alten Beziehungen beftehen.

Den drei Anforderungen: ebener Platz für den Chor (ö^jjorpor, stoviorpa), er-
höhter Raum für die Schaufpieler (axijvj]) und Sitzplätze für eine möglichft grofse
Anzahl von Zufchauern (ß-sargov) hatte fomit ein Theater zu genügen.

Die früheften Theaterbauten werden als in Holz gezimmerte, zum vorüber-
gehenden Gebrauch im Freien aufgeftellte Gerüfte für Schaufpieler und Zufchauer
angenommen; die Orcheftra bildete ein ebener mit Sand beftreuter Platz, in deffen
Mitte der Opferaltar ftand, und es knüpft die Sage den monumentalen Theaterbau
an öfter wiederkehrende Einftürze folcher ßrettergerüfte.

Natürlicher und wahrfcheinlicher dürfte es fein, dafs man zunächft die von der
Natur gebotenen Hilfsmittel ausnutzte und die Abhänge der Hügel als Zufchauer-
raum verwerthete. Ohne viele Arbeit konnten fo die nöthigen Sitze befchaffen,
die Orcheftra abgeebnet werden, und es war wohl nur die Skene in der erften
Zeit nach ihrem Entftehen aus Holz gezimmert; der Boden derfelben blieb ja auch
bei den fpäteren Steintheatern aus diefem Material — allerdings durch den Theater-
mechanismus bedingt.

Die Theater in Athen, Argos und Thorikos zeigen diefe Ausnutzung der
igenthümlichen Befchaffenheit folcher Abhänge. Mit Vorliebe wurden fie ftets
gefucht — warum auch follte der Menfch das, was für feine Zwecke von Natur
aus in folcher Weife geeigenfchaftet erfchien, fich demfelben in gewiffem Sinne zur
Benutzung aufdrängte, nicht ausbeuten? Der Aufwand für Fundamente und
Stockmauern, die umfangreichen Subftructionen, die koftfpieligen Facadengemäuer
und Decorationen derfelben konnten gefpart werden; auch konnten bei Benutzung
der Bergwege als Zugänge zu den oberen Sitzreihen koftfpielige Treppen-
anlagen vermieden werden (vgl. Bakchos-Theater in Athen); Vitruv hält gleich-
falls die Anlage an Bergabhängen der Herftellung der Grundmauern wegen für
günftig.

Offenbar waren es diefe Gründe der Oekonomie, welche die Alten folche
Abhänge zu Bauplätzen auswählen liefsen und nicht die Fabel von der natürlichen
Skene oder von der fchönen Fernficht, von welch letzterer man, der künftlichen
Skene wegen^ nicht viel und von den befferen und Ehrenplätzen aus gar nichts
gefehen haben würde. Schon Texter bemerkt hierüber, sdafs es ein grofser Irr-
thum ift zu glauben, dafs in irgend einem Theater die Gegend als Hintergrund
diente«. Aus akuftifchen Gründen war ein Abfchlufs des Bühnengebäüdes noth-
wendig.

Die einzigen in die Ebene gebauten griechifchen Theater find die von Man-

174.

Beftandtheile.

175-

Baumaterial

u. Lage.
 
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