Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0281
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
273

D. Bauwerke.

12. Kapitel.
Städtifche Wohnhäufer.

.... »Man vergiflt aber leicht, dafs zwifchen den Homerifchen Liedern
und der Bauordnung des Kaifer Zeno die Entwickelung von 12 Jahrhunderten
liegt, in denen die Worte mit den Dingen ihre Bedeutung gewechfelt haben.
Man vergißt, dafs der Hausbau von der jeweiligen Cultur abhängig ift;
denn in einer Burg wird anders gebaut als in einer Stadt, in einer Feftung
anders als in einem offenen Marktflecken. Und endlich vergiflt. man, dafs
fowohl der Plan, als die Einrichtung eines Haufes durch Material und
Technik bedingt wird. In alten Tagen war Jeder fein eigener Baumeifter
und holte aus dem Walde fo viel Stämme, als er bedurfte; auf das Blockhaus
folgte der fteinerne Bau, bis die Verbreitung des Kalkmörtels und die Aus-
bildung des Handwerkes der Bauthätigkeit denjenigen Spielraum gewähren,
welcher die Höhe der Civilifation kennzeichnet. * ....

Nijfßn, H. Pompejanifche Studien etc. Leipzig 1877. S. 594.

Unter vorstehenden Vorausfetzungen haben die für den rörnifchen Haus- und
Palaftbau aus zerftreuten Nachrichten der Literatur abgeleiteten Schemata nur be-
dingten Werth. Erft die feit 1748 begonnenen Ausgrabungen in Pompeji gaben
fefte Anhaltspunkte für die Geftaltung des rörnifchen Haufes.

Dafs die Grundriffe der pompejanifchen Häufer nicht auf griechifcher Tradition
fufsen, beweifen das dem griechifchen Haufe fremde Atrium mit Tifch und Truhe,
die Alae und das Tablmum, ferner das Aufgehen der Hausthiir nach innen —
welche Einrichtungen ausdrücklich als römifche bezeugt find.

Bauernhaus und Stadthaus muffen zunächft aus einander gehalten werden.

Der ältefte Typus des italifchen Bauernhaufes dürfte wohl in den bei Albano 2-4
gefundenen Afchenkiften (fiehe Art. 29, S. 22) erhalten geblieben fein. Bei diefen
erhebt fich über nicht fehr hohen, gefchloffenen Umfangswänden ein fpitzes Stroh-
dach, das bald als Satteldach (Teclum pectenatum), bald als Zelt- oder Walmdach
(Tectum teßudinatum) erfcheint. Ein grofses Thor vermittelt den Zugang; diefes
und eine Oeffnung über demfelben geftatten den Abzug des Rauches, der Luft und
dem Lichte Zutritt in das Innere. Man hatte im Grofsen und Ganzen kein anderes
Mittel, letzteres in das Haus zu bringen, wefshalb die grofse Hausthür auch
Lumen heifst147).

Die ganze Wirthfchaft — Wohnung, Scheune und Stall — war unter einem
Dache.

Unverkennbare Verwandtfchaft mit demfelben dürfen wir auf Grund der Ueber-
lieferungen lis) in den Anordnungen des uns näher liegenden altfächfifchen Bauern-
haufes wieder erkennen. Bei diefem nimmt die Mitte des oblongen Grundplanes
die grofse Diele ein, an der fich rechts und links die Ställe und Kammern hinziehen;
die rückliegende Schmalfeite in ihrer ganzen Ausdehnung ift von der grofsen Fleet
mit dem Herd eingenommen, an die fich die aus einer grofsen Stube und zwei
Schlafftuben beftehende Wohnung anfchliefst. Der grofse Dachraum darüber ift
als Kornboden oder Vorrathsraum ausgenutzt. Licht erhält die Diele durch die

Bauernhaus.

**') Vergl. Marquardt a. a. O., S. 211.

HS) Vergl. Galen. De aniidotis, bei Nissen a. a. O., S. 610.

Handbuch der Architektur. II. 2.
 
Annotationen