Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Molsdorf, Wilhelm; Gugenbauer, Gustav [Hrsg.]; Delbecq, Jean B. [Bearb.]; Schreiber, Wilhelm Ludwig [Bearb.]; Öffentliche Studienbibliothek (Linz) [Mitarb.]
Die niederländische Holzschnitt-Passion Delbecq-Schreiber (2. Teil): Die vollständige Folge und ihre deutschen Kopien (18 Blätter der K. K. Studienbibliothek in Linz A. D.) — Strassburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1912

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61934#0013
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

DIE WIENER KOPIENFOLGE.

Als Molsdorf im Jahre 1908 die Delbecq-Schreibersche Passion publizierte, waren nur 20 Blätter der Folge
bekannt, es kam auch niemandem der Gedanke, die Passion könnte eventuell nur fragmentarisch erhalten sein;
Molsdorf suchte daher damals das erste Blatt «Christus bei Simon zu Gaste» symbolisch zu deuten. Daß die 20 bis-
her bekannten Blätter nur der spärliche Rest einer umfangreichen, episch-breiten Bilderfolge sind, beweist eine Reihe
von 48 Darstellungen, die im folgenden als Wiener Kopienfolge näher behandelt werden sollen. Die 24 doppelt
bedruckten Blättchen befinden sich in der Wiener Hofbibliothek und können, da sie nicht mit einer Inventarnummer
versehen sind, nicht näher auf ihre Provenienz hin untersucht werden. 20 Blätter sind bestimmt Kopien der Schrei-
berschen Passion, für weitere 12 Blätter bietet uns die Linzer Passion eine Kontrolle, während das offenbar geringe
Können des Kopisten, der einer eigenen Erfindung kaum fähig war, es nahe legt, auch die restlichen 16 Blätter als
Kopien nach niederländischen Vorlagen zu betrachten.
Auf diese Voraussetzungen stützt sich die folgende Aufstellung, welche auch für die Originalfolge gültig
sein dürfte.

1. Der Sündenfall.
Das erste Menschenpaar steht vor dem Baum der
Erkenntnis, um den sich der Versucher in Gestalt einer
frauenköpfigen Schlange windet. Links steht Adam und
deckt mit einem Feigenblatt seine Blöße, während die
Rechte nach dem Apfel greift, den ihm Eva mit der
Rechten — auch sie deckt mit einem Blatt, das sie mit
der Linken hält, ihre Blöße —■ herüberreicht.

2. Die Vertreibung aus dem Paradiese.
Die gleiche Darstellung ist auch in der Linzer Pas-
sion (Blatt 1) erhalten (Abb. Tat I).

3. Die Verkündigung.
Die gleiche Darstellung ist auch in der Linzer Pas-
sion (Blatt 2) erhalten (Abb. Taf. II).
4. Die Heimsuchung.
Maria steht links und hält mit der Rechten ihren
Mantel gerafft, die Linke reicht sie der hl. Elisabeth ent-

gegen, welche von rechts herantritt. Im Hintergrund
sieht man links einen Wald, rechts die Türme einer Stadt.
5. Christi Geburt.
Links kniet Maria und faltet betend die Hände; vor
ihr liegt rechts das Jesuskind in einer Strahlenglorie am
Boden. Dahinter kniet, rechts, der hl. Joseph und hält
mit der Rechten eine Laterne, mit der Linken seinen Hut.
Im Hintergrund des offenen Stalles, in dem der Vorgang
spielt, rechts ein Esel, links ein Ochse. In der rechten
oberen Ecke ist als Nebenszene die Verkündigung an die
Hirten gegeben: ein schwebender Engel hält ein unbe-
schriebenes Spruchband, ein Hirte blickt nach links ge-
wendet zu ihm empor.
6. Die Beschneidung Christi.
In einem Gemach, welches vorne nach oben in eine
Architekturumrahmung übergeht, steht das Jesuskind mit
ausgebreiteten Händchen auf einem teppichbedeckten

— 7 —
 
Annotationen