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Ebers, Georg
Ägypten in Bild und Wort: dargestellt von unseren ersten Künstlern (Band 2) — Stuttgart, Leipzig, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.4992#0067

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52

AUFERSTEHUNG DES AEGYPTISCHEN ALTERTHUMS.

HOLZSTATUE AUS SAKKÄRA.

Plaftik aus allen Zeitpunkten der Pharaonengefchichtc zu betrachten,
zu würdigen und zu vergleichen. Gegenüber diefer langen Reihe von
Monumenten mit genau beftimmbarer Entftehungszeit wird es leicht,
ein vollftändiges Bild des auf dem Gebiete der Skulptur von den alt-
ägyptifchen Künftlcrn Geleifteten zu erlangen und das für die grofsen
Epochen der Kunftübung Charakteriftifche auseinander zu halten.

Auf den erften Blick möchte es feheinen, als wenn die ägyp-
tifchc Plaftik in der allerfrüheftcn Zeit, d. h. derjenigen, die wir bei
unferem Befuch der Trümmerftätte des alten Memphis kennen lernten,
das Vorzüglichfte gelciftet habe; lebenswahrere Gcftalten freilich, als
die bei Sakkära und den Maufoleen von Gize ausgegrabenen, unter
denen viele ein Alter von 5000 Jahren befitzen, find nicht am Nil
gefunden worden. Den im Louvre konfervirten Schreiber (Bd. L,
S. 153) und eine der fchönen bei dem Freibau unweit des Sphinx
gefundenen und im Mufeum von Bulak aufgehellten Chefrenftatuen
(Bd. I., S. 172) haben wir bereits unferen Lefern gezeigt; aber diefe
beiden Meifterwerkc werden noch an kräftigem Realismus durch die
merkwürdige Figur von Sykomorenholz übertroffen, welche einen
hohen Beamten in reifen Jahren darftcllt, der mit dem Kommando-

ftabe in der Fland auf feinen reftaurirten Füfsen den Leuten, denen er zu befehlen gewohnt

war, gegenüber zu flehen fcheint. Diefer alte Herr kann ein freundlicher Familienvater gewefen

fein; aber wo es erforderlich war, hat es ihm ficher nicht an feiler Willenskraft gefehlt. Man nennt

bezeichnend genug diefe Statue den Schech el-Beled oder Dorffchulzen (S. 51), weil H. Mariette's

Arbeiter, die fie beim Graben fanden und zuerft zu fchen bekamen, erftaunt ausriefen: «Das ift

ja unfer Dorffchulze!» Ein befferes Zeugnifs für die

Lebenswahrheit feines Werkes konnte dem alten Meifter,

dem es feine Entftehung verdankt, nicht ausgeftellt wer-
den. Faft das gleiche Lob verdient der erhaltene Ober-

theil der gleichfalls zu Sakkära im Sande gefundenen

formenfehöneren Holzbildfäule eines jüngeren Memphitcn

aus dem alten Reiche und ein mindeftens ebenfo hohes,

die merkwürdige Doppelftatue des jungen Prinzen Ra-

hotep und feiner Gattin Nefert.

Diefs an bevorzugter Stelle unter Glas aufbewahrte

Monument ift in der Nähe der Pyramide von Medum

gefunden worden und unter König Sncfru entftanden,

der vor den Erbauern der grofsen Pyramiden regierte.

Es gibt in der Welt kein älteres Werk der plaftifchen

Kunft als diefes, und dennoch wird auch derjenige,

welcher keinen Gefallen finden kann an der Form der

Gefichtszüge des Menfchenpaarcs, welches es darfteilt,

und das von dem gemeinen Loofe des Vergeffenwerdens

ausgenommen zu fein fcheint, zugeben muffen, dafs es

mit gefunden! Realismus gebildet ift und zu denjenigen

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EHEPAAR AUS MEDUM.
 
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