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Ebers, Georg
Ägypten in Bild und Wort: dargestellt von unseren ersten Künstlern (Band 2) — Stuttgart, Leipzig, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.4992#0128

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KAIRO.

"3

Diefs Alles hat uns ein Freund berichtet, wir aber machen uns jetzt felbft auf den Weg,
um dem Verdorbenen die letzte Ehre zu erweifen. Die enge Straisc, in der das Trauerhaus liegt,
aus dem noch immer das Gekreifch der Weiber fich hören läfst, ift überfüllt von Leidtragenden,
unter die wir uns milchen. Was wir fprechen hören, lind landläufige Redensarten über den Tod:
«Ja, lo ift der Lauf der Welt,» «Ich wünfehe Dir Glück, dafs Du es nicht bift, den wir beklagen»,
«Der Tod ift fehrecklich», «Was ift das Leben, was ift die Welt». Auch Koränfprüche und
Gleichniffe werden citirt oder paffende Verse, wie:

«Wach' auf, o Menfch, vcrlalF die Welt,
's ift Niemand, dem fie Treue hält.
Sie ift ein Schiff, und wer in ihr,
Mufs untergeh'n, wenn fie zerfchellt.»

LEICHENZUG.

Indeffen geht der Sohn des Verdorbenen unter feinen Freunden umher und jeder drückt ihm die
Hand und fagt ihm einige theilnehmcnde Worte. — Jetzt erfcheint auf einem Efel ein Beamter
der Hinterlaffenfchaftsbehörde, des Bet-el-mal, und tritt in das Haus. Allerdings follte jeder
Muslim vor feinem Ende ein Teftament machen, aber der Verftorbene hat fich, wie feine meiften
Glaubensgenossen, vor diefem Akte von übler Vorbedeutung gefürchtet, und es ift daher nöthig,
dafs die Obrigkeit die Erbtheilung in die Hand nimmt. Zu allererft wird das Siegel des Ver-
ftorbenen, das feiner Unterfchrift gleichkommt, zerftört, nachdem man mehrere Abdrücke deffelben
in ein grofses Regifter eingetragen, welches auch eine kurze Zufammenfaffung des Standes der
Gefchäfte unferes verklärten Freundes enthält. Jetzt melden fich auch die Gläubiger des Verftorbenen,

Ebers, Aegypten. II. -9
 
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