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Ebers, Georg
Ägypten in Bild und Wort: dargestellt von unseren ersten Künstlern (Band 2) — Stuttgart, Leipzig, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.4992#0220

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BIS THEBEN.

205

ausgeraubt, und unter den Mamluken ward hier Vieles mutnwillig befchädigt. Mit den Fürften
der dreizehnten Dynaftie flohen wohl die Grofsen nach dem Einfall der Hykfos gen Süden, und
die Sorgen der Gegenwart verboten es, an die Vollendung der väterlichen und eigenen, dem
künftigen Leben geweihten Grüfte zu denken. «Das Bad» nennen die Araber die zweitgröfste,
den «Stall des Antar» die gröfste von ihnen; Antar aber ift der Siegfried oder Roland der
arabilchen Sage, der Helden und Geifter bezwang und von deffen Abenteuern die heutigen
Aegypter, die nur den Gefangen vom Abu-Zcd noch eifriger laufchen, fleh lieber erzählen laffen,
als die Märchen der «Taufend und eine Nacht».

Herrlich ift der lieh bei der Oeffnung diefer Grüfte darbietende Fernblick über den Friedhof,
die an Minareten reiche Stadt, das breite, nirgends beffer als hier beftellte und bewäfferte Frucht-
land, den Nil und das libyfche Gebirge dieffeits, das arabifehe jenfeits des Stromes. Der Geolog
findet zur Seite des Weges zahlreiche intereflante Verfteinerungen, der Freund des Alterthums in
unzähligen gröfseren und kleineren künftlichen Höhlen hier Infchriften, dort Refte von balfamirten
heiligen Thieren, befonders
von Hunden und Schakalen,
denn Siüt war die Stadt des
die Wege öffnenden Anubis,
dem der canis niloticus, mit
deflen Kopf man ihn bildete
(Bd. I., S. 181), heilig war.
Die Griechen hielten dielen
«Wächter der Gräber» für
einen Wolf und nannten
darum Siüt Lykonpolis, d. i.
Wolfsftadt. Uebrigens ha-
ben fleh hier auch Knochen
von mumifirten Wölfen ge-
funden, und es gibt heute
noch vier Arten von wilden
Hunden in Acgypten, unter

denen fleh auch Wölfe befinden, die freilich viel kleiner find als die europäifchen Schafdiebe
o-leichen Namens. Der Zoolog nennt fie canis lupaster, der Fellah «Dib», und fie fcheinen die
in Lykonpolis verehrten Thiere, die auch zu Beni-hafan abgebildet wurden, gewefen zu fein. Canis
aureus heifst der im ganzen Orient verbreitete Schakal. Canis niloticus ift eine hellfarbige,
lan^ohrige Spielart unferes Fuchles, deflen Gröfse und Geftalt er hat und den man auf alten
Monumenten die Sonnenbarke ziehen fleht. Der Fenck der Araber (canis zerda) ift nur halb fo
orofs wie der vorige und hat fehr lange Ohren. — Auch die Skelette von zahmen Hunden find
in diefem Gräberberge gefunden worden.

Wagen wir uns weiter in die Felfenthäler der libyfchen Bergkette hinein, fo linden wir
auch durch chriftliche Symbole und kleine koptifche Infchriften kenntliche Höhlen, die jenen
Anachoretcn, von denen Rufinus und Palladius mehr Erbauliches als Glaubwürdiges zu erzählen
wilfen, nach ihrer Flucht vor dem Geräuich und den Verfuchungcn der Welt zur Wohnung
dienten. Johannes, der Eremit von Lykonpolis, foll als einer der begnadigtftcn unter ihnen die Gabe
der Weiflagung befeflen und dem Theodolius leinen Sieg bei Aquileja (394) vorausgefagt haben.

Ebers, Aegypten. II. 52

AEGYPTISCHER WOLF (DIB).
 
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