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Wir für uns sehen die idealistischen Aufflüge und die realistische
Reaktion mit beruhigtem Glauben an die innere Entwickelung der
Kunst und Kunstgeschichte, die ihre Vorsehung besitzt wie die
Welt und die Weltgeschichte.
Zwischen Extremen hin und hergeworfen, gleich dem Schiffe
auf sturmbewegter See, halten wir doch den Polarstern fest! —
Viele Namen drängten sich mir noch auf: der in altdeutsches
Leben versenkte fantasievolle Moriz von Schwind, der Bibelträger
Schnorr von KarolsfeId, der Filhellene Rottmann! Leider kann
ich nur auf die höchsten Spitzen Licht werfen.
Nach Griechenland weist uns auch Bonaventura Genelli (geboren
1798 zu Berlin). Er kann in mancher Beziehung der wiedergeborne
Karstens genannt werden. Wie dieser stellt Genelli griechische
Stoffe dar, wie dieser zeichnet er lieber, — nur der Bleistift vermag
dieser beflügelten Fantasie zu folgen — wie Karstens ist Genelli in
seinem Schaffen kräftig, in seinem ganzen Wesen unabhängig. Er
liess Arbeiten, begonnene Freskobilder unvollendet stehen, so wie
ihn die Lust verliess. Genelli ist ein Dichter; sein „Leben einer
Hexe“ und das eines „Wüstlings“ beweisen es. Mit ebenbürtigem
Geiste hat er Homer und Dante wiedergegeben. Unser Volk kennt
in Folge der fremdartigen Stoffe diesen Meister fast nicht; er wirkt
mit seiner, oft an Michelangelo erinnernden Darstellungsweise, die
jedoch griechische Heiterkeit und Grazie picht ausschliesst, unter
uns ganz isolirt.
Die Kunst zu Wien steht seit längerer Zeit meist unter dem
Einflüsse Münchens. Führich, geboren 1800, trug den Geist der
Nazarener von Rom nach Wien; Fridrich Gau er mann (geboren
1807) war gross als Thiermaler und brachte seine Staffagen gerne
mit einer bewegten Natur in Verbindung; Ferdinand Waldmüller
(geboren 1792 zu Wien) malte gemütliche Genrebilder, wie Seidl
oder Castelli solche dichteten; Josef Danhauser (1805—-1845)
erinnert dagegen an Raimund; er hatte einen sozialistischen Zug
und liebte die grellen Gegensätze des Lebens darzustellen: den
Prasser, die Klostersuppe, die Pfändung, die Testamentseröffnung
(1839). Er glänzt in scharfer Charakteristik.
Das Genre, um dies hier einzufügen, erfuhr durch den Schweizer
Leopold Robert (f 1835 zu Venedig durch Selbstmord) einen grossen
Wir für uns sehen die idealistischen Aufflüge und die realistische
Reaktion mit beruhigtem Glauben an die innere Entwickelung der
Kunst und Kunstgeschichte, die ihre Vorsehung besitzt wie die
Welt und die Weltgeschichte.
Zwischen Extremen hin und hergeworfen, gleich dem Schiffe
auf sturmbewegter See, halten wir doch den Polarstern fest! —
Viele Namen drängten sich mir noch auf: der in altdeutsches
Leben versenkte fantasievolle Moriz von Schwind, der Bibelträger
Schnorr von KarolsfeId, der Filhellene Rottmann! Leider kann
ich nur auf die höchsten Spitzen Licht werfen.
Nach Griechenland weist uns auch Bonaventura Genelli (geboren
1798 zu Berlin). Er kann in mancher Beziehung der wiedergeborne
Karstens genannt werden. Wie dieser stellt Genelli griechische
Stoffe dar, wie dieser zeichnet er lieber, — nur der Bleistift vermag
dieser beflügelten Fantasie zu folgen — wie Karstens ist Genelli in
seinem Schaffen kräftig, in seinem ganzen Wesen unabhängig. Er
liess Arbeiten, begonnene Freskobilder unvollendet stehen, so wie
ihn die Lust verliess. Genelli ist ein Dichter; sein „Leben einer
Hexe“ und das eines „Wüstlings“ beweisen es. Mit ebenbürtigem
Geiste hat er Homer und Dante wiedergegeben. Unser Volk kennt
in Folge der fremdartigen Stoffe diesen Meister fast nicht; er wirkt
mit seiner, oft an Michelangelo erinnernden Darstellungsweise, die
jedoch griechische Heiterkeit und Grazie picht ausschliesst, unter
uns ganz isolirt.
Die Kunst zu Wien steht seit längerer Zeit meist unter dem
Einflüsse Münchens. Führich, geboren 1800, trug den Geist der
Nazarener von Rom nach Wien; Fridrich Gau er mann (geboren
1807) war gross als Thiermaler und brachte seine Staffagen gerne
mit einer bewegten Natur in Verbindung; Ferdinand Waldmüller
(geboren 1792 zu Wien) malte gemütliche Genrebilder, wie Seidl
oder Castelli solche dichteten; Josef Danhauser (1805—-1845)
erinnert dagegen an Raimund; er hatte einen sozialistischen Zug
und liebte die grellen Gegensätze des Lebens darzustellen: den
Prasser, die Klostersuppe, die Pfändung, die Testamentseröffnung
(1839). Er glänzt in scharfer Charakteristik.
Das Genre, um dies hier einzufügen, erfuhr durch den Schweizer
Leopold Robert (f 1835 zu Venedig durch Selbstmord) einen grossen