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Wenn cs ja einen Erdebürger geben könnte, der nie was
Böses gechan, auch nie dis Luft zum Bösen gefühlt hätte
— der dieses testende Gift des Menschenglückes gar nicht
kannte — bey dem würde sich die Verläumdung frucht-
lose Mühe geben; so aber sind ihr die Menschen selbst be-
hülflich. Ein jeder, der gern das Bose glaubt, was
man von andern sagt, giebt Gelegenheit, daß man es
auch von ihm glaubt, und von ihm sagt.
Es giebt nur ein einzig Mittel, daß man keiner Ver-
laumdung Glauben beymißt: — sie nicht anhören.
Man betrügt sich, wenn man glaubt, man wird das Ge-
schwätze der Lästerzungen stillen, wenn mau sich ein-
schränkt , in seinem Betragen behutsamer wird, und sich
bessert; aber der betrügt sich ungleich mehr, der da-
durch die Lästermäuler zu stopfen host, wenn er roll und
halsstarrig gerade das Gegentheil treibt; nein, die Läster-
zungen haben das besondere, daß sie nie müde werden.
Sicherer ist es, sich still und einsam zu halten, und wenn
es sich thun läßt, auf einige Zeit sich von dem Orte zu
entfernen, und denn nach und nach ganz unbemerkt
wieder zu erscheinen, so wird man vergessen, und die
Lästersucht, damit sie nicht müßig ist, sucht unterdessen
andere Gegenstände hervor.
Nicht die Billigkeit, die wir von unserm Nächsten er-
warten, verpflichtet uns, uns zu bessern, sondern die
Billigkeit, die er von uns erwartet: es ist daher eben so
ungerecht, wenn wir unserm Nächsten Stoff zur Nach-
rede geben, als es von ihm ungerecht ist, wenn er
uns ohne Grund nachredet. «
Ein untadelhafter Lebenswandel, ist keine sichere
Schutzwehre gegen die Verläumdung; aber er giebt uns
Stärke, sie zu entwaffnen.
Oefterts
Wenn cs ja einen Erdebürger geben könnte, der nie was
Böses gechan, auch nie dis Luft zum Bösen gefühlt hätte
— der dieses testende Gift des Menschenglückes gar nicht
kannte — bey dem würde sich die Verläumdung frucht-
lose Mühe geben; so aber sind ihr die Menschen selbst be-
hülflich. Ein jeder, der gern das Bose glaubt, was
man von andern sagt, giebt Gelegenheit, daß man es
auch von ihm glaubt, und von ihm sagt.
Es giebt nur ein einzig Mittel, daß man keiner Ver-
laumdung Glauben beymißt: — sie nicht anhören.
Man betrügt sich, wenn man glaubt, man wird das Ge-
schwätze der Lästerzungen stillen, wenn mau sich ein-
schränkt , in seinem Betragen behutsamer wird, und sich
bessert; aber der betrügt sich ungleich mehr, der da-
durch die Lästermäuler zu stopfen host, wenn er roll und
halsstarrig gerade das Gegentheil treibt; nein, die Läster-
zungen haben das besondere, daß sie nie müde werden.
Sicherer ist es, sich still und einsam zu halten, und wenn
es sich thun läßt, auf einige Zeit sich von dem Orte zu
entfernen, und denn nach und nach ganz unbemerkt
wieder zu erscheinen, so wird man vergessen, und die
Lästersucht, damit sie nicht müßig ist, sucht unterdessen
andere Gegenstände hervor.
Nicht die Billigkeit, die wir von unserm Nächsten er-
warten, verpflichtet uns, uns zu bessern, sondern die
Billigkeit, die er von uns erwartet: es ist daher eben so
ungerecht, wenn wir unserm Nächsten Stoff zur Nach-
rede geben, als es von ihm ungerecht ist, wenn er
uns ohne Grund nachredet. «
Ein untadelhafter Lebenswandel, ist keine sichere
Schutzwehre gegen die Verläumdung; aber er giebt uns
Stärke, sie zu entwaffnen.
Oefterts