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Edler, Josef
Die Liebfrauen-Kirche zu Frankfurt am Main und ihre Kunstwerke — Düren, Rhld.: Buchdruckerei und Verlag Max Danielewsky, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.66543#0023
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Kreuzes trägt die Wappen der Stifter, als die das unbekannte Paar an-
genommen werden kann. Neben der Gesichtsbildung bieten die über-
arbeiteten Gewandfalten doch noch die Möglichkeit eines stilistischen
Vergleiches. Die Kleidung ist konventionell bestimmt. Kleine, modische
Züge spielen hinein. Die Zipfel des Kopftuches bei Maria werden mit
zarter Geste über der Brust gehalten. Der allzu lange Mantel ist unter
den Armen gerafft, als wolle eine Dame zur Kirche schreiten. Bei Jo-
hannes erscheint das gleiche Motiv. Auch bei ihm findet sich die stark
gewellte Haarkappe, die in ähnlich modischer Form der Mann des Grab-
steines trägt. Eine starke Übereinstimmung besteht in der Faltenfor-
mung, die. am stärksten in den flachgedrückten Gewandfalten zum Aus-
druck kommt.
Aus der Formenverwandtschaft soll nicht die gleiche Hand in der
Ausführung der Arbeiten gefolgert werden. Es scheint jedoch, daß das
unbekannte Paar das Tympanon um 1460 stiftete und beider Wappen,
sowie das Jesusmonogramm anbringen ließ. Beim Tode des Erstver-
storbenen, fast zehn Jahre später, wurde sodann die gleiche Werkstatt
mit der Herstellung des Grabmales beauftragt, die das sonst nicht so
häufige Jesuswappen auch hier anbringt. Die erstangeschlagenen For-
men im Bogenfeld fanden hier als Werkstaftgut in ähnlicher Form
ihre Wiederholung.
4. Der Turmbau (nach 1453).
Nach Vollendung des Wesfbaues stand die Errichtung des Turmes
im Vordergrund des Pläne. Bereits 1452 verhandelte das Stift mit dem
Rat der Stadt, weil kein Platz zur Verfügung stand und der Turm auf
die Stadtmauer gesetzt werden sollte. Der Rat behält sich bei der Ge-
nehmigung das Recht der Mitbenutzung vor. Der Turm ist ein Neubau
und keineswegs ein ausgebauter, städtischer Wachtturm, wie Battonn
meint57). Zur Zeit des von ihm genannten Datums von 1478 wird zwar
noch am Turm gebaut, aber die frühere Entstehung ist eindeutig belegt.
Nach Verhandlungen mit der Stadt gibt das Stift 1453 bekannt, daß die
Genehmigung erteilt sei und verspricht, nach Fertigstellung den Turm
der Stadt „zu Wachten und anderer städtischer Notdurft” zu über-
lassen58). Dieses Datum darf wohl für den Beginn des Baues als fest-
gelegt gelten. Ein wuchtiger Kampanile mit fortifikatorischem Charak-
ter entstand in einer Zeitspanne von 25 bis 30 Jahren. Großer Geld-

57) Battonn’s örtl. Beschr. d. St. Frankfurt a.M., Band I, S. 87: „Der Turm,
hinter der Liebfrauenkirche war ursprünglich ein Stadtturm, wurde aber
1478 dem Liebfrauenstift überlassen und zu einem Glockenturm eingerich-
tet. Der Rat behielt sich jedoch vor, in Notfällen Geschütz darauf bringen
zu können.”.
58) Das Versprechen wurde aber nicht gehalten. Als 1541 der städtische
Rat ein Wächterhaus auf den Turm bauen wollte, erhob das Stift Protest,
mit der Begründung, der Turm habe ein schlechtes Fundament. Er könne auch
nicht höher gebaut werden, als der Absatz am Turm anzeige. Man habe in
Erfahrung gebracht, daß der Turm sich bewegt, wenn zu Festen alle Glok-
ken läuten. („Ä.u.U.d.L.”, städtisch 57).

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