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Eggers, Friedrich; Eggers, Karl; Eggers, Friedrich [Hrsg.]; Eggers, Karl [Hrsg.]
Christian Daniel Rauch (Band 3,1) — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.43148#0110
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Die Werkstatt und die Schule, 1830 -1840.

gnügten Abend in der Wohnung. 36 Personen stark war der Abend-
tisch." —
Fast die Hälfte der Teilnehmer an der Gesellschaft zählte zu
den unmittelbaren Schülern Rauch's. Aber von diesen mehr als die
Hälfte brachten es früher oder später zu einer Meisterschaft, welche
ihnen das Anrecht gab, in der Geschichte der Plastik unseres Jahr-
hunderts fortzuleben. Mit dessen vierten Dezennium ward lebendig,
was füglich mit dem Namen der „Berliner Schule der Plastik" be-
zeichnet wird. Wir fassen unter diesem Namen nicht bloß die Kräfte
zusammen, welche unmittelbar aus Rauch's Werkstatt und unter seiner
Lehrerschaft empor wuchsen, sondern auch diejenigen, welche äußerlich
selbständig nebenher schreitend, doch von deren Geist befruchtet wur-
den, Tieck, Wichmann und deren Schüler; denn die Annäherung
an Rauch und die Ueberwucht seines Geistes und seines Schaffens
gab ihrer Entwickelung und ihrem Wachsthum dasselbe Erdreich, aus
welchem der Meister als kräftiger himmelanstrebender Stamm er-
wachsen war.
Was diesem Stamme selbst entsproß, als Ausläufer aus der
eigenen Werkstatt Rauch's, das mochte sich immerhin nach anderen
und anderen Richtungen verzweigen; aber es war und blieb derselbe
Baum, dessen Aestc fortdauernd die Nahrung aus dem Stamme sogen,
diesen im Laufe der Zeit sogar überragten und nur als blatt- und
fruchtlos abgeworfen wurden, wenn sie aus sich selber verdorrten und
dem Stamme keinen Saft zu entnehmen wußten. Daß es an solchen
nicht fehlte, ist ebenso selbstverständlich, wie deren Jrrthum über das
eigene Genie, das vom Meister verkannt oder gar böswilligerweise
unterdrückt wurde. Nicht so selbstverständlich, aber doch erklärlich,
zum Theil aus Rauchs eigenem Wesen, ist es, daß auch manche von
denen, für welche Rauch selbst stets die vollste Anerkennung empfunden
hat, sich von ihm zurückgcsetzt, ja absichtlich in ihrem Fortkommen
behindert fühlten. Es hat sich aus den Aeußeruugen dieser Gefühle
eine Tradition gebildet, welche in intensivem Wachsthum den Men-
schen sowohl wie den Künstler eingreifend, bisher freilich erst ver-
schämt Platz zu nehmen beginnt in der kunstgcschichtlichcn Literatur,
 
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