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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0051
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Die Zelle Gamundias

von Peter Spranger

Die urkundliche Überlieferung
Undurchdringliches Dunkel liegt über den Anfängen von Schwäbisch Gmünd.1 Da
und dort ein Irrlicht, verlockend besonders, wenn jemand Ausschau hält nach entle-
genen Gründungsdaten. Da ist ein Autor des 15. Jahrhunderts, ein wilder Fabulie-
rer, er nennt sich Thomas Lirer von Rankweil. Lirer (1485/86) kennt einen anderswo
unbekannten Herrn Amelang von der Fils, wohnhaft in Gmünd, angeblich einen
Zeitgenossen der römischen Kaiserin Helena, der Mutter Konstantins des Großen.2
Mehr als hundert Jahre später (1595) schließt der Tübinger Polyhistor Martinus Cru-
sius, scharfsinnig bemüht, auf einen schon zu Christi Zeiten bestehenden Flecken
Gmünd bei Schloß Lindach.3 Größere Aufmerksamkeit verdient eine Nachricht des
elsässischen Humanisten Beatus Rhenanus (1531).4 Crusius hat sie — wie alles
irgendwie Erreichbare — in seine Annales Suevici aufgenommen.5 In ihrer ältesten
deutschen Übersetzung lautet die Stelle wie folgt:
Um das Jahr Christi 604 waren Eßlingen, Gemünd, Herbertingen, und andere
Schwäbische Ort noch sehr gering, wie wir aus folgenden Worten deß Beati Rhenani
schliessen können: Carl der Grosse, sagte er, gab Volrado, Abbten deß Closters St.
Dionysii, (welches ohnweit Pariß liegt) einen Freyheits-Brieff und Erlaubnuß einige
Clösterlein auffzurichten, und unter andern auch in dem Hertzogthum Alemannien
eine Mönchs-Wohnung, welche Haubertingen heisset, mit denen zugehörigen Sachen
und eignen Leuten, und noch eine andere Wohnung, mit Nahmen Ezzilingen und
Adalungen, auch Camundiam, ein. Es war aber dieser Volradus vorzeiten des Gros-
sen Carls Prediger (oder Beicht-Vatter) gewesen, stammte von vornehmem
Geschlecht her, und hatte solche Clösterlein von seinen eigenen Mitteln in Aleman-
nien, d. i. in Schwaben auffgebauet.6
Da der geschichtliche Sachverhalt jedoch schwerer zu fassen ist als es die anachroni-
stisch getönte Erzählung vermuten läßt — verwirrend schon das falsch übersetzte
Datum (604 statt 804) — und sich infolgedessen manche Mißverständnisse ergeben
haben, stellt sich als wichtigste Frage: Aus welchen Quellen hat Beatus Rhenanus
 
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