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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0074
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Die Gmünder Fulradzelle

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che seyn, und für diese, und die wenigen Villen umher war das Kirchlein groß
genug, so klein es ist. Auch die Gruft unter selbem stimmt für ein Kloster Kirchlein,
womit immer zugleich die Ruhestätte der Mönche verbunden war.«54 Nicht unwich-
tig ist vielleicht auch eine noch so bescheidene Zeichnung des Gmünder Chronisten
Dominikus Debler (1756 —1836).55 Sie zeigt eine gotische Anlage mit Spitzbogenfen-
stern in zweierlei Maßen. Man hat deshalb auf einen größeren Umbau in gotischer
Zeit geschlossen.56 Der karolingische Ursprung des Vorgängerbaus ist damit noch
keineswegs erwiesen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß auch die Gmünder
St.-Veit-Tradition vorläufig keinen Beweis erbringt für die Lage der vermuteten Ful-
radzelle.
Diese für die Erforschung der ältesten Ortsgeschichte wenig ermutigenden Ergebnis-
se aller seitherigen topographischen Untersuchungen und Mutmaßungen finden nun
allerdings — und sei es auch nur vom Negativen her — eine aufschlußreiche Bestäti-
gung durch die schriftliche Überlieferung. Sie betrifft zwei Diplome aus dem 9. Jahr-
hundert, in denen sich das Kloster St. Denis den von Abt Fulrad geschenkten Besitz
bestätigen läßt: eine auf den Namen Karls des Kahlen ausgestellte Urkunde von
865/6657 und ein Immunitätsprivileg Ludwigs des Deutschen von 8 6 6.58 In beiden
erscheinen die schwäbischen Fulradzellen Esslingen, Fierbrechtingen und Adalungs-
zell. Gamundias fehlt hier wie dort. Dieser Umstand verdient Beachtung, zumal sich
eindeutige Abhängigkeiten aufzeigen lassen zwischen der »Gamundias-Urkunde«
(DKar238) und dem ein paar Jahre später auf den Namen Karls des Kahlen ausge-
stellten Diplom.59 Warum nunmehr also Verzicht auf Gamundias? Wurde die Zelle
vergessen? Durfte man sie vergessen? Hat sie womöglich gar nicht mehr bestanden?
Damit ist wohl nicht zu rechnen nach der erst kurz zuvor erfolgten schriftlichen
Erwähnung. Sucht man nach einer besser begründeten Antwort, so wird man ausge-
hen müssen von den allgemeinen Auflösungstendenzen der späten Karolingerzeit:
Der Vertrag von Verdun (843) hatte zu einer ersten Dreiteilung des fränkischen
Großreiches geführt. Auszugehen ist auch von den anhaltenden Streitigkeiten zwi-
schen den Äbten und Mönchen von St. Denis über Verteilung und Nutzung des ein-
stigen Fulradbesitzes. Vielleicht hatten die Mönche erkannt, daß sie Ansprüche auf
die entlegenen Stationen im Osten ihrem Abt und dem König gegenüber nur begrün-
den konnten unter Berufung auf den Wortlaut des echten Fulradtestaments. Dort
war Gamundias nicht genannt. So begnügten sie sich — nach dem einmaligen vergeb-
lichen Versuch von DKar 238 — mit den echttestamentarisch zu belegenden Ansprü-
chen auf Esslingen, Herbrechtingen und Adalungszell. Die kleine Außenstelle
Gamundias mochte dem Abt verbleiben. Der aber oder einer seiner Nachfolger hat
es nicht verhindert, daß die Dependance — wann, wissen wir nicht — in andere Hän-
de überging und damit dem Mutterkloster auf immer entfremdet wurde.
 
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