Kirchen, Klöster und, Spitäler
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Der Pfarrer und die Kapläne der Stadt waren in der 1373 erstmals bezeugten großen
Priesterbruderschaft zusammengeschlossen, die von zwei Kaplänen, den Pflegern
oder Prokuratoren verwaltet wurde.33 Bereits im 14. Jahrhundert begann die Bruder-
schaft, sich aus den Mitteln der Stiftungsgelder Grundbesitz auf dem Land zuzule-
gen.34 Die Hauptaufgabe der Bruderschaft war die Sorge um die ordnungsgemäße
Abhaltung des Totengedächtnisses der Jahrtagsstifter und Bruderschaftsmitglieder.
Das Totengedächtnis, die Memoria schuf eine Gemeinschaft zwischen Lebenden
und Toten, Laien und Priestern: Viermal im Jahr, an den vier Quatembern wurde in
der Pfarrkirche aller derer gedacht, die sich jemals in die Bruderschaft hatten ein-
schreiben lassen. Um 1500 sollen dies etwa 2400 Personen gewesen sein.33 Allerdings
verlor diese altertümliche Form der Gemeinschaftsbildung zu Beginn der Neuzeit
ihre soziale Funktion; das Jahrtagsverzeichnis von 1530 kennt nur noch die geson-
dert gestifteten Einzeljahrtage und nicht mehr die zu verlesenden Namen der Bru-
derschaftsmitglieder.36 Außer der großen Priesterbruderschaft bestand in Gmünd
eine exklusive kleine Priesterbruderschaft, die Confraternitas minor. Dieser wohl
1420 gestifteten Gebetsbruderschaft gehörten jeweils nur zehn Priester an, die für die
verstorbenen Mitglieder Messen zu lesen hatten und die sich einmal jährlich zu einer
Zusammenkunft mit opulentem Mahl versammelten.37
Der größte Teil des Gmünder Weltklerus38 entstammte dem zünftischen Bürgertum;
Angehörige der alten Geschlechter fanden in der Stadt keine angemessene Pfründe
vor, sie begegnen als Kanoniker auswärtiger Chorherrenstifte.39 Den Typ des Kleri-
kers aus dem Kreis der Geschlechter kann exemplarisch der in den Jahren nach 1305
bezeugte Magister Konrad von Gmünd aus der Familie der Taler40 vertreten. Er hatte
wohl in Bologna studiert — darauf verweist der Besitz kanonistischer Werke — und
wirkte als Chorherr in Lorch, später auch als Propst des Stifts Faurndau. Der vor-
nehme Kleriker blieb seiner Heimatstadt eng verbunden: Er unterstützte den Pfarr-
kirchenneubau von Anfang an und stiftete 1326 in ihr die erste Kaplanei.41
Außer den nicht immer ausreichend dotierten Stadtkaplaneien standen dem Bürger-
sohn eine Anzahl von Landpfarreien offen, deren Patronatsrechte dem Spital, dem
Kloster Gotteszell, den Herren von Rechberg oder anderen mit der Stadt verbunde-
nen Adels- und Bürgerfamilien gehörten. Die verwöhnten Söhne der Gmünder
Oberschicht brachten allerdings nicht immer das richtige Verständnis für die Seelsor-
geprobleme einer Landpfarrei mit. So beschuldigte das Kloster Gotteszell 1480 den
Vikar seiner Pfarrei Iggingen, Friedrich ITärer, er vernachlässige seinen ausgedehn-
ten Sprengel, da er sich drei bis vier Tage in der Woche in Gmünd aufhalte.42 Ebenso
wie der Igginger Vikar dem Umkreis seiner vornehmen Familie verbunden blieb, tra-
ten die Kapläne aus Handwerkerfamilien nicht ganz aus dem Zunftmilieu heraus.
1465 stiftete der Helenenkaplan Leonhard Bayer in seinem Testament einen Gulden
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Der Pfarrer und die Kapläne der Stadt waren in der 1373 erstmals bezeugten großen
Priesterbruderschaft zusammengeschlossen, die von zwei Kaplänen, den Pflegern
oder Prokuratoren verwaltet wurde.33 Bereits im 14. Jahrhundert begann die Bruder-
schaft, sich aus den Mitteln der Stiftungsgelder Grundbesitz auf dem Land zuzule-
gen.34 Die Hauptaufgabe der Bruderschaft war die Sorge um die ordnungsgemäße
Abhaltung des Totengedächtnisses der Jahrtagsstifter und Bruderschaftsmitglieder.
Das Totengedächtnis, die Memoria schuf eine Gemeinschaft zwischen Lebenden
und Toten, Laien und Priestern: Viermal im Jahr, an den vier Quatembern wurde in
der Pfarrkirche aller derer gedacht, die sich jemals in die Bruderschaft hatten ein-
schreiben lassen. Um 1500 sollen dies etwa 2400 Personen gewesen sein.33 Allerdings
verlor diese altertümliche Form der Gemeinschaftsbildung zu Beginn der Neuzeit
ihre soziale Funktion; das Jahrtagsverzeichnis von 1530 kennt nur noch die geson-
dert gestifteten Einzeljahrtage und nicht mehr die zu verlesenden Namen der Bru-
derschaftsmitglieder.36 Außer der großen Priesterbruderschaft bestand in Gmünd
eine exklusive kleine Priesterbruderschaft, die Confraternitas minor. Dieser wohl
1420 gestifteten Gebetsbruderschaft gehörten jeweils nur zehn Priester an, die für die
verstorbenen Mitglieder Messen zu lesen hatten und die sich einmal jährlich zu einer
Zusammenkunft mit opulentem Mahl versammelten.37
Der größte Teil des Gmünder Weltklerus38 entstammte dem zünftischen Bürgertum;
Angehörige der alten Geschlechter fanden in der Stadt keine angemessene Pfründe
vor, sie begegnen als Kanoniker auswärtiger Chorherrenstifte.39 Den Typ des Kleri-
kers aus dem Kreis der Geschlechter kann exemplarisch der in den Jahren nach 1305
bezeugte Magister Konrad von Gmünd aus der Familie der Taler40 vertreten. Er hatte
wohl in Bologna studiert — darauf verweist der Besitz kanonistischer Werke — und
wirkte als Chorherr in Lorch, später auch als Propst des Stifts Faurndau. Der vor-
nehme Kleriker blieb seiner Heimatstadt eng verbunden: Er unterstützte den Pfarr-
kirchenneubau von Anfang an und stiftete 1326 in ihr die erste Kaplanei.41
Außer den nicht immer ausreichend dotierten Stadtkaplaneien standen dem Bürger-
sohn eine Anzahl von Landpfarreien offen, deren Patronatsrechte dem Spital, dem
Kloster Gotteszell, den Herren von Rechberg oder anderen mit der Stadt verbunde-
nen Adels- und Bürgerfamilien gehörten. Die verwöhnten Söhne der Gmünder
Oberschicht brachten allerdings nicht immer das richtige Verständnis für die Seelsor-
geprobleme einer Landpfarrei mit. So beschuldigte das Kloster Gotteszell 1480 den
Vikar seiner Pfarrei Iggingen, Friedrich ITärer, er vernachlässige seinen ausgedehn-
ten Sprengel, da er sich drei bis vier Tage in der Woche in Gmünd aufhalte.42 Ebenso
wie der Igginger Vikar dem Umkreis seiner vornehmen Familie verbunden blieb, tra-
ten die Kapläne aus Handwerkerfamilien nicht ganz aus dem Zunftmilieu heraus.
1465 stiftete der Helenenkaplan Leonhard Bayer in seinem Testament einen Gulden