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Ehrenberg, Hermann
Die Kunst am Hofe der Herzöge von Preußen — Leipzig, Berlin, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.25195#0095
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Die Kiinst am ksofe der kferzöge von jdreußen


sein; sie sind handwerksmäßig gearbeitet und stellen die Anbetung der Magier, die Flucht nach Aegypten und das
Bild des bserrn dar. s365 wurde eine nicht näher bezeichnete Alabastertafel für 330, s567 eine andere für 2^N/g Alark
vonr kserzog erworben; wahrscheinlich handelte es sich auch bei ihnen unr derartige niederländische Reliefscko«

» -i-

Nur in beschränktem Sinne können diese Gegenstände noch zur hohen Aunst gerechnet werden, sie stehen auf
der Grenze zur Rleinkunst, welche uns jetzt beschästigen soll, und zeigen uns zugleich, wie wenig sich beide Gruppen
voneinander scheiden lassen, wie sie vielmehr ineinander überfließen.

Zu einiger Blüte haben es damals nur wenige Zweige der Rleinkunst in Gstpreußen gebracht. Daß unter
ihnen das Goldschmiedegewerbe die erste Ltelle einninrmt, kann nicht Verwunderung erregen. Der Bedarf von kost-
barem Geschmeide und vornehmem Tafelschmuck war an Fürstenhöfen zu allen Zeiten groß; ihn durch Bestellungen
außerhalb des Landes zu decken, war ersahrungsgemäß mißlich, da der persönliche Geschinack aus diese Weise nicht
inuner getroffen, noch das augenblickliche Bedürfnis sofort besriedigt werden konnte; die Goldschmiede durften deshalb
darauf rechnen, an Grt und 5telle lohnenden Verdienst zu finden. Auch am lsofe des lsochmeisters hatte es einst
tüchtige Meister gegeben. Aber die lange Rriegszeit hatte die alte Ueberlieferung unterbrochen, und so mußte nran
von neuem ausbauen und frischen Auzug veranlassen, wollte man anders hier Leistungen erwarten, welche den
Ansprüchen genügen konnten. Ginen besonderen lsofgoldschmied hielt sich Albrecht nicht; er vergab seine Aufträge
nach freier lVahl an die in den drei 5tädten Rönigsberg sich aufhaltenden Nieister.-os Die bedeutendsten unter diesen
waren nachweislich Lüddeutsche. An ihrer Lpitze steht Zobst Freudner aus lllm, der während des zweiten Viertels
des s6. Zahrhunderts svon etwa s527 an) im Rneiphof ansässig war. Lr war für den lserzog sehr thätig, nach
seiner eigenen Angabe hat er für ihn viel „Trinkgeschirr, 5iegel, Achwert und andere Goldschmiedearbeit" gemachtoo»
und hat unter anderem im Austrage Albrechts in den Zahren ^3^0—das große Reichsschwert ausgesührt,
welches jetzt als eins der kostbarsten Besitztümer des preußischen Rronschatzes gilt und bei feierlichen Gelegenheiten in
Berlin dem Rönige als ein geschichtlich bedeutsames Aleinod vorangetragen wird?or Seiner lVsrkstatt entstammen
ferner die beiden Scepter, welche der Rönigsberger llniversität gehören und bei festlichen Aufzügen noch heute benutzt
werden. 5ie haben Renaissance-Grnamente, sind aber wesentlich einfacher als jenes 5chwert. lVeniger bedeutend ist
Uaspar ksille, welcher s3^ das llniversitätssiegel schufckos Völlig ebenbürtig reiht sich aber dem Iobst Freudner an
Nleister Aornelius, mit Aunamen wahrscheinlich Vorwend heißend, aus Nürnberg, welcher von j352—s555 nach-
weislich in Aönigsberg thätig war. Von seinen beiden lsauptwerken ist das eine, ein Trinkgeschirr, spurlos verloren
gegangen, das andere, der Tinband zu einer Lutherschen Bibelübersetzung, bildet eine der schönsten Zierden der
Rönigsberger llniversitätsbibliothek und ist ein s)rachtstück der deutschen Goldschmiedekunst überhaupt. Die beiden
Deckel und der Rücken sind mit kostbarem Zierrat dicht besät; alle Techniken, das Treiben, Gießen und Tmaillieren
haben zum Zchmucke des Buches beitragen müssen. lVir gewahren die Bildnisse des herzoglichen paares, welche
bereits im vorigen Abschnitte eingehend besprochen wurden, wir sehen ihre lVappen, serner Darstellungen aus der
lseilsgeschichte, aus dem Alten und Neuen Testament, Versinnbildlichungen der 5eligpreisungen, allegorischs Verherrlichungen
und ornamentale Blumen und Bänder und Aöpfchen von mancherlei Art. Gegen diesen Band treten die übrigen
neunzehn, welche mit ihm gemeinhin unter dem Namen der Alberbibliothek des lserzogs Albrecht (richtiger der
lserzogin Anna Maria) zusammengefaßt werden, teils in höherem, teils in niederem Maße zurück, doch erregen sie
immerhin unsere Bewunderung wegen ihrer j)racht und Aostbarkeit und des ornamentalen Geschicks, das sich an
ihnen kund thut. Zwei sind auswärtigen llrsprungs; der eine rührt von Thristof Ritterlein in Nürnberg her, der
andere stammt aus Niünden. Alle übrigen sind in Aönigsberg selbst gearbeitet und zwar von dem den Gstseeprovinzen
entstammenden lsieronymus Aösler, dem wohl den Niederlanden angehörenden Gerhard Lenz und dem aus Basel
gebürtigen paul lsoffmann, dem Bruder des Baumeisters Lhristian lsoffmann. Tie alle drei sind nicht zu reinster,
vollster Formenklarheit und Ächerheit durchgedrungen, aber doch gebieten sie über so viel technische Fertigkeit, daß sich

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