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Sohn. Auf dieses sein Wort und das Handschreiben des Königs
von Navarra, der sich für ihn verschuldete, ward Sire d'Albret frei),
verheyrathcte sich mit der Schwester des Herzogs von Bourdon,
und bezahlte dem König von Navarra die 50,000 Livres, für die
er sich verpflichtet hatte. Aber dieser schickte sie keineswegs dem
Grafen; da sirgte der Graf zu feiner Gemahlin: Bey Gott ihr
müßt nach Navarra zu eurem Bruder gehn und ihm sagen, daß
ich sehr unzufrieden mit ihm bin, wenn er mir nichr sendet,, was
er mir schuldig ist. Die Dame antwortete, daß sie sehr gern gehen
Würde, und reißte von dem Grafen mit dem Ihrigen ab, und
kam nach Panrpe/una zu ihrem Bruder, der sie fröhlich empfing.
Da sie aber bey dem König nichts ausrichten konnte, wagte sie
es auch nichr zurückzukehren, denn sie kannte die wilde Gesinnung
ihres Gemahls, wenn er irgend seinen Unmuth gefaßt. So blieb
es. Gaston, der Sohn meines Herrn, wuchs heran und ward ein
schönes Kind, und wurde er nut der Tochter des Grafen d'Ar-
wagnac versprochen. Der Jüngling mochte 15 bis 16 Jahre ha-
ben , aber er war ein sehr schöner Nitter und sah an allen Glie-
dern feinem Vater ähnlich. Ihm kam der Wunsch nach Navarra
zu gehen, feine Mutter und Oheim zu besuchen, das war wohl
zum Unglück seiner und dieses Landes. Man bcwirthete ihn wohl
in Navarra und blieb er eine Zeitlang mit seiner Mutter, dann
nahm er Abschied, konnte sie aber mit keiner Rede bewegen, ihn
nach Foix zu begleiten, denn als sie ihn fragte, ob sein Vater
ihm aufgctragen sie zurückzubringen, mußte er ihr wohl sagen,
daß davon keine Rede gewesen sey. Also blieb sie zurück, und er
begab sich nach Pampeluna, sich seinem Onkel zu empfehlen. Der
König hielt ihn sehr gut über zehn Tage lang, und machte ihm
und seinen Leuten schöne Geschenke. Das letzte Geschenk aber,
das der König von Navarra ihm machte, das war der Tod des
Kindes, und nun hört wie und warum. Als die Zeit kam, daß
er abreise, nahm ihn der König in seine Stube allein, und gab
ihm ein Veutelchen voll Pulver, und es war keine lebendige Krea-
tur, die nicht von dem Anrühren oder Essen dieses Pulvers ohne
alle Hülfe hatte sterben müssen. Gaston, sagte der König, schöner
Neffe, ihr sollt thun, was ich euch sage. Ihr seht, wie der Graf
von Foir mir Unrecht eure Mutter meine Schwester höchlich haßt,
was mir sehr mißfällt, und das muß es euch auch thun. Vor
allem, um die Sache gut zu machen, und daß eure Mutter sich
wieder wohl mit eurem Vater befinde, so müsset ihr eine Mes-
serspitze dieses Pulvers bey Gelegenheit auf das Fleisch, welches
euer Vater ißt, streuen, aber hütet euch, daß euch niemand, sehe,
und sobald er davon gegessen, "wird er kein anderes Verlangen
haben, als eure Mutter, seine Gattin, bey sich zn sehen, und
werden sie sich sodann dermaßen lieben, daß-sse sich nie mehr tren-
nen wollen. Alles das müßt ihr nun sehr wünschen, aber hütet
euch nur irgend jemand etwas davon zn vertrauen, sonst kommt
ihr um euren Anschlag. Das Kind, welches alles glaubte, was
der König sein Onkel ihm gesagt, antwortete und sprach: Gar
gern. Nun verließ er Pampeluna, und kam nach Ortais zurück.
Der Graf sein Vater, empfing ihn freudig, fragte ihn um Neuig-
keiten aus Navarra, und um Geschenke und Kleinodien, die man
ihm gegeben. Dieser sagte, sehr viel schöne Geschenke, und zeigte
sie ihm alle, außer dem Beutlein, worin das Pulver war. Nun
war es aber in dem Schlosse von Foix gewöhnlich, daß Gaston
und Jvain, sein natürlicher Bruder, in einer Stube schliefen,
und liebten sie sich wie junge Brüder es thun, und kleideten sie
sich in die nähmlichen Wämser und Kleider, denn sie waren ohn-
gefähr von einer Größer und einem Alter, und kam es, daß sich
einstens, wie bey Kindern wohl geschieht, ihre Kleider vermisch-
ten, ynd die Jacke des Gaston kam auf JvainS Bett, und dieser.

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der schlau genug war, fühlte das Pulver in dem Beutkin, und
fragte Gaston: Was ist das, das du immer auf deiner Brust'
trägst? Gaston ward dieser Worte nicht froh und sprach: Jvain
gieb mir meinen Wams wieder, du hast nichts mit ihm zu thun.
Jvain warf ihm feinen Wams zu, Gaston legre ihn an und war^
den ganzen Tag nachdenklicher als je. Nun traf es sich drey Tage
nachher, da Gott der Herr den Grafen von Foir retten und be-
hüten wollte, daß Gaston sich über feinen Bruder im Ballspiel
erzürnte, und ihm einen Backenstreich gab. Der Knabe darüber
erbittert, trat ganz weinend in die Stube seines Vaters, und
fand ihn zur Stunde, da er eben die Messe gehört hatte. Da
der Graf ihn weinen sah sprach er: Jvain was fehlt dir? Daß
sich Gott erbarm mein Herr, sagte er, Gaston hat mich geschla-
gen , aber es ist wohl eben so viel oder wohl mehr an ihm zu
schlagen, als an mir. Warum, sprach der Graf, der sogleich in
den Verdacht einging. Mein Treu sagt er, Herr seitdem er von
Navarra zurück gekommen, tragt er stets auf seiner Brust ein
Veurlein ganz voll Pulver, aber ich weiß nicht wozu nran's
braucht, oder was er mit machen will, nur, daß er mir ein oder
zweymal gesagt, feine Frau Mutter werde bald wieder in eurer
Gnade stehen, und viel höher als sie jemals darin gestanden. Ha,
fagre der Graf von Foir, fchweig still, und hüte dich wohl irgend
einem lebendigen Menschen hievon weiter ein Wort zu sagen.
Mein Herr, sagte das Kind, das will ich gern thun. Nun ward
Der Graf von Foix ganz nachdenklich und bedeckte sein Haupt bis
zur Stunde des Mittagsmahls, und wusch sich und setzte sich wie
an den andern Tagen in seinen Saal zur Tafel, Gaston sein Sohn
hatte das Amt ihn mit allen seinen Gerichten zu bedienen, und
all seine Fleischspeisen vor ihm zu kosten; sobald er seine erste
Schüssel vor den Grafen gefetzt und gethan hatte was er sollte,
warf der Graf, feiner Sache ganz versichert, feine Augen auf
ihn, da sah er die Quasten des Beutleins an der Jacke seines
Sohns, sein Blut ward erregt und sprach er: Gaston tritt näher,
ich will dir etwas ins Ohr sagen. Das Kind näherte sich zu dem
Tisch, nun öffnete ihm der Graf den Busen, that seine Jacke
auseinander, nahm sein Messer und schnitt ihm das Beutlein ab.
Das Kind war ganz erschrocken und gab keinen Laut von sich,
aber ward gar bleich unter seinen Augen vor Furcht und begann
sehr stark zu zittern, denn es fühlte sich schuldig. Der Graf öfi
nete das Beutlein und streute ein wenig des Pulvers auf ein Stück
Brod, rief einen Hund und gab es ihm zu fressen; sobald der
Hund den ersten Bissen verschluckt, verdrehte er die Augen und
starb. Als der Graf dies gesehen, ward er gar erzürnt und hatte
wohl Ursach und stand vom Tisch auf, nahm sein Messer und wollte
es nach seinem Sohne werfen, aber die Nitter und Hofdiener
sprangen ihm in den Weg und sprachen: Herr um Gotteswillen
übereilt euch nicht und unterrichtet, euch zuvor von der Sache,
ehe ihr euren: Sohne Übels thut. Und das erste Wort was der
Graf sagte, sprach er in seiner gascognischen Mundart: Ha Ga,
sion Verräther, um dich und um dein Erbe zu vergrößern, habe^
ich Krieg gehabt und Haß gegen den König von Frankreich , von
England, .von Spanien, von Navarra und von Arragon, und
gegen sie habe ich mich gut gehalten und tapfer, und du willst
mich nun ermorden, das kommt dir aus verfluchten: Blut und au-
böser Natur, wisse, darum sollst du sterben, nun, nun. Da sprang
er über den Tisch mit dem Messer in der Hand und wollte ihn
tödten, aber die Nitter und Hofdiener warfen sich ihm zu Füßen
und weinten vor ihm und sagten: Ach unser Herr, um Gottes-
willen tödtet nicht Gaston, ihr würdet kein Kind mehr haben,
laßt ihn gefangen fetzen und unterrichtet euch von der Sache,
denn vielleicht wußte er nicht was er trug und hat keine Schuld
an dieser Schandthat.
(Die Fortsetzung im nächsten Blatt.)
 
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