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D Sie war schön/ ich find für sie kein Bild,
Nach ihr möcht ich die ganze Welt mir bilden,
Die ohne Sie mir farbenlos und leer.
Wie räthselhaft, was unsre Jugend füllt.
Und wie so deutlich, was das Alter schwächt,
Es will vergüten, was die Jugend fehlte,
Ach Jugend macht die Jugend einzig gut.
Es ist zu mell Die tiefe Noth ich trug,
Und schwindle, da mich trägt ein nahes Glück.
Ich steh im Vaterland, vor meiner Schwelle,
Hier eingewiegt, als Knabe eingespielet,
Mit Todesmuth als Jüngling eingeschworen.
Wo Liebe fest mich eingewurzelt hält,
Der ersten Liebe gleich durchwachsne Rosen:
Dies ewgc Band auS Lust und Furcht gewoben;
Wie wird mir hier so wohl und auch so weh!
Was meine Jugend füllt ist unerschöpflich,
Das Alter kann noch klar daran sich sehen:
Ha, wo das Herz der Liebe Hauß erbaut,
Da haust cS ewig, läst sich nimmer bannen.
Hier lebte ich und war ich fern und ferner,
Hier wachte ich, an dieser Heilgen Schwelle,
Wie Traum bewacht der Heilgen Unschuld Schlaf,
Und träumend kehr ich heim zu Jugendfreuden.
Was hilft dem Storch, wenn er sein Nest auch findet,
Und findet eS erwärmt von andrer Lust,
Und fänd er's kalt; und könnt eS nicht erwärmen.
Und ja, ich fühl mich kalt, indem ich glühe,
Denn zu viel Möglichkeiten sind in mir.
Kind. Du sprichst vor dir. Und mir gefälltS hier
wohl.
Hier rfi ich Milch und Frucht für uns bereit.
Und wer'S uns wehrt, mit dem will ich schon fechten.
Vater. Genieß mit Freuden, Milch und Frucht
find dein, >
Und wunderlich erschöpft ein nächtlich Wandern. —
Wo har mich Frucht von müheschweren Jahren,
Wo hat die Milch der Hoffnung mich erquickt?
Wo bat die Freude mich zum Tanz beflügelt,
Was ist Gesundheit, wo ein öder Sinn?
Nur in dem Kind allein, wie es sich nährt,
Bewußtlos in die Welt so herzhaft fühlt,
Da iol tch nach, was ich versäumte trotzen-.
Ich seh ibm gerne zu, wie sich's so macht,
Und wie es reift, sich selber zu erkennen;
Ich habe viel in diesem edlen Kinde,
Ein lebend Bild von der verlaßnen Frau.
Ich bin ihr nah, es will nur ganz genügen.
Mich fühlen ganz und froh, ich kanns nicht fassen.
Mas hilft ein dotteö Mahl dem Hungertods,

Der Aeltern Seegen Liebesterbenden!
Kind. Du klagst ja Vater, kann ich dir nicht
helfen? »
Vater. Ich klage nicht, ich freue mich nur anders,
Verschlossen sammle ich den Schatz der Noth,
Doch helfen kannst du mir. Bist du noch müde?
Kind. Ich bin bereit, ich springe ja schon weiter.
Vater. Wo willst du hin, hast du es schon ver-
nommen.
Kind. Ich dacht, wir müßten eilend weiter ziehen.
Vater. Noch nicht, du sollst imir etwas hter er-
holen.
Du siebst den Duft belegten Wiesenplan,
Die Sonne athmct in die Welt so warm,
DaS Helle Meer läuft zitternd himmelan
Und scheinet mit dem Himmel schon zu leben,
Und ferne heben sich die Wolkenfelsen
Und wollen drauf gewittern heute Abend.
Gehst du zum vögelklingende Gehölze,
Du findest dich gar bald am weißen Felsen,
Der jähe wie vom Meer zurückgeschrcckt,
Halb zweifelnd ob er sich hinein soll stürzen,
Das Ende einer Welt bezeichnen mag,
Zerstörung nagt darin in Wind und Wettern.
Kind. Du warst wohl lange hier, daß du den Ott,
Der ich ihn Nie gesehen, mir deutlich zeigst.
Vater. Ich war schon hier! Jetzt höre mit Be-
dacht:
Auf diesem Abhang fleht ein Myrtenstrauch;
Erst war er klein, nun ist er sicher groß,
Den reiße aus mit allen seinen Wurzeln,
Denn unten liegt ein Schatz, den bringe mir.
Kind. Kaum halt ich mich; so ist mein Wnnsch
erfüllt.
Der dunklen Erde Schätze aufzudecken,
Wonach ich oft in unserm Gatten grub.
Vater. Und alte Scherben heilig dann bewahrtest.
Kind. Du weist es nicht, wie ich sie angesehen.
Vater. So halte heilig, was du dort gefunden,
Du kannst nicht fehlen, ferne wirst du hören
Ein schwärmerisch entsetzlich Klagen von den Vögeln,
Die Schwarzen baden sich im Meer, um weiß zu werden,
Die Weißen baden sich darin, um sich schwärzen,
Vergebens, schwarz wird schwärzer, weiß wird weißer,
Die höre ja nicht an, verricht dein Wesen,
Denn mit geheimer Sehnsucht füllet» sie das Herz
Der Jugend nach des MeercS fernen blauen Hügeln,
Und jede Welle glänzt im Waffenschmuck besonnet,
Den jungen Führer huld'gend zu begrüßen.
Kind. O Vater, wo du bist, da ist mein Hoffen.
 
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