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Sohn / Sie folget deinen Winken/
Du der Geister Auge bist, ,
Lasse nicht dein Auge finken,
Irrend Sie dich bald vermißt;
Sprachrohr aller guten Geister
Sey bereit und nicht zerstreut,
Wenn der ew'ge Himmelsmeister
Dich mir mächt'gem Wort erfreut.
Willst du was, ergieb dein Leben,
Es mit ganzer Seele treib,
Vields wird fich dir ergeben,
Vieles wird ein Zeitvertreib.
Doch das meiste wird dich fliehen,
Wo der Schein dich schnell besiegt,
Vor des Geistes Votterglühen
Falsches Gold wie Rauch verfliegt.
Eh du kannst die Welt bezwingen,
Bilde dich mit Fleiß an ihr,
lind gar stille Freuden dringen,
Aus dem frommen Dienst zu dir,
Wer zu dienen erst verstanden
Wird zum Herrschen dann geschickt.
Nur aus vieler Formen Banden
Steigt des Gottes Bild geglückt.
Weil er alte Welt muß fühlen
Reift der höhre Mensch auch spät,
Stürme grimmig in ihm wühlen,
Ihn begeistert, was da weht.
Bis er nach dem langen Stimmen
Das Bestimmte trifft und kennt,
In der Welt verschieden Stimmen
Dann vereinet, was getrennt.
Deine Stimme in -en Chören
Klingt, obgleich es keiner weiß.
Nur dich opfern, ihn zu ehren,
Kannst du diesem hohem Kreis,
Und sein Geist wird ohn dein Wissen
Dann zu lenken dich verstehn,
Denn er ist wie das Gewissen,
Läßt fich auch nur strafend sehn.
Das Bestimmte muß er ehren,
Umriß bleibt des Schicksals Sinn,
Muß das unbestimmte stören,
Denn -er Aerger bildet drin;
Schonen darf er nicht -Le Kranken,
Doch Erinnrung macht ihn zart, ,
Wenn -ie Kräfte fich auszanken e
Art läßt endlich nicht von Art.
Liebe dich nicht im Verziehen,
Liebe -ich in harter Streng,
Harter Stoff kann dauernd glühen,
Weicher Sinn beschließ uns eng:
Weicher Stoff kann fich verwandeln,
Harter Stoff gicbt die Gestalt,
Und so herrscht im Denken, Handeln
Fest besonnen? Gewalt.

'Denke aus, was dich erschreck«,
Also unterwirfst du's dir,
Und der böse Geist der necket
Wird zum lust'gen Diener schier.
Sey im Geiste dir getreuer
Und der Geist läßt dich allein,
Ja er ist vor dir noch scheuer.
Als du magst gewesen seyn.
Suche nie dich zu betäuben,
Horche jedem Herzensschlag,
Denn die Mühle mag wohl stäuben,
Doch zu treiben fie vermag;
Und die Räder gehn zu hörbar.
Ehe noch der jüngste Tag
Kommt Gedächtniß unzerstörbar
Aus dem Rausche dumpf und wach.
In -em Lernen sey ein Schaffen,
In der That für andre Lehr,
Stets dein Unheil unter Waffen,
Und Gefühl zur Gegenwehr.
Mnß die Sonn fich ewig drehen,
Glück ist nicht in träger Ruh,
Denn die Füße find zum Gehen,
Geh auf eignen Füßen zu»
Scheint es auch, das Hohe falle,
Scheint es doch von Sternen auch,
Doch die Sterne wieder wallen
Ruhig nach dem alten Brauch,
Schau ihr Fehlen nicht mit Aerger
Nein versteh ein göttlich Herz,
Unter Wolken fie verbergen
Ihren Freunden nur den Schmerz
Fühle Trost in Lungen Jahren
An dem Gott im Menschenkleid,
Manche fich durch Schrift bewahren,
Einer lebt in unsrer Zeir:
Witt er mild den Arm dir reichen
Drück ihn nicht wie andre Freund,
Glück, das paart fich nur in Gleichen,
Gott ist mehr als Menschenfreund»
Und erscheint als Gott dir D
Auf der Menschheit höherm Thron,
O so glaub der Abendröthe,
Werd nicht roth vor ihm mein Sohn;
Rüstig dann mit tücht'gen Händen,
Wirst du frisch zum eignen Werk,
Was vollendet kann nicht enden/
Zum Vollenden fühl die Stärks
ueberlaß -ich -einem Gotte,
Fühle was dn selber bist,
Was noch taugt, das trovt dem Spotte
Roheit schlecht bestanden ist:
Laß dich gern empfindsam schelten,
Sey eS wie die Weltgeschicht,
Tief emvfindsam find die Helden,
Nur der Sklav empfindens nickt.
Ludwig Achim von Arning

(Hierbey'^die Kupfertasel von -er heitigeniElisabeth.)
 
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