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^ 1808.

. 29
L e b e « s w

eise.

9. Iuly.

M den Fedem kennt man Vögeln
An der Arbeit auch die Hand;
Wie du hast gespannt die Segel
Fährst du über Meer und Land.
Unsre Alten auf den Bergen
Bauten sich ein sichres Haus;
Nicht sich vor der Wett zu bergen/
Nur die Frechheit blieb heraus.
Sie allein den Geist verstanden
Der sich in dem Fels versteckt/
Zwangen ihn in enge Banden,,
Daß er seine Schätz entdeckt.
Aus den Steinen eine Blnme
. Wuchs hervor in üvger Pracht,
Zu der Meister ewigen Ruhme
Die so tiefen Sinn erdacht.
Kraut und Stamm / und hohe Zweigt
Steigen aus dem Felsen auf;
Bleiben nun ein ew'ges Zeichen
Von des Geistes kühnem Lauf.
- -
Hoch auf eines Berges Spitze
Thürmten sie den Wohnpallast,
Drangen zu der Wolkenspitzk
Ohne Ruhe, sonder Rast.
Näher an den blauen Himmel
Schlug empor das kühne Herz,
Fern vom irdischen Getümmel
Sah das Auge himmelwärts. .
Ihr Gebet zu Gott gewendet z
Demuth, Liebe, tiefe Reu
Gottes Kirche gern gespendet,
Ihr, und ihrem Kayser tpeu,
Schwebten mit so edlen Schwingen
Adlern gleich, in Lüften rein,
Und wenn Erd und Welt vergiengen
Schlummerten sie ruhig ein.

Nieder zu dem tiefen Grunde
Stiegen sie in Kriegsgewand,
. Wachten mit dem Schwerdt die Stunde,
Daß die Freiheit noch bestand.
Keine Fluten mochten brechen
Diesen mächt'gen Felsen dann;
Jeden Feindes Hohn zu rächen
War bereit der edle StamM,
Unter seinen goldnen Zweigen
Blühten Freiheit, Ehr und Recht;
O! wer mag sich doch vergleichen
Diesem edelen Geschlecht.
An den Feders kennt man Vögel/
An der Arbeit auch die Hand;
' Wie du hast gespannt die Segel
Fährst du über Meer und Land.
Jetzund am bequemen Orte,
Still im Thale, eng und klein,
Ohne Joch und breite Pforts
Nützlich muß die Wohnung seyn.
Wenig Holz, und keine Steine §
Nur ein niedli v Kartenhaus,
Kleine Fenster, nur zum Scheine
Füllen alle Wünsche aus.
Ob es heute schon und morgen
Wiederum zusammenstürzt,
Dieser halb sey ohne Sorgen,
Wenn man nur die Zeit verkürzt.
Spielend leben, spielend sterben,
Ist gescheuten Bürgern gleich;
Weiß man doch nicht, ob erwerben
Man dort wird ein Himmelreich.
Leben, nur so wie zum Spaße
Nicht gehärmt, und nicht gegrünt,
Denn wie bald liegt unterm Grase
Jede Lebenslust gelähmt.

WaS von Glaub und Gott zu halten
Muß ein jeder klärlich sehn,
Nur Vernunft muß stets obwalten.
Dann ist alles leicht gescheh».
Was Vernunft nicht will, zu hassen/
Ist ja Pflicht dem Menschenfreund;
Leben, und auch leben lassen
Es mit allen gur gemeint.
Nur nach Stunden abgemessen
Dieses edlen Lebens Ziel,
Schnell versprochen, schnell vergessen
Alles ist doch nur ein Spiel.
Also auch mit Wehr und Waffen
Nur im Scherze angethan, ,
Mit dem Schwerdt im Ernst zu schaffen
Hat kein kluger Biedermann.
Feinde schlagt man nicht mit Lhaten,
Denn da flösse Menschenblut;
Fürst und Vaterland verrathen,
Ist die Kunst, und die ist guN
Diese Fahrt die Anker lichtet
Ehmals in ein enges Land,
Wo drei Säulen sind errichtet.
Doch die hat man nun verbannt.
Nein, so edle Thaten helfen
Jetzund zu der Menschheit Glück!
Heulen muß man mit den Wölfen/
Keiner bleibe da zurücki
An den Federn kennt man Vögel/
An der Arrct auch die Hand;
Wie du hast gespannt die Segel,
Fährst du über Meer und Land.
R 0 st 0 r f.

Von dem Leben und Sterben des Gra-
fen Phöbus von FoiL,
(Beschluß.)

VII. Di« guten Männer von Ortais.
Während dem wurde in Ortais, Gott weiß wodurch,
ob durch Weiber oder durch Diener, die vom Hospital
gekommen waren, bekannt, daß der Graf gestorben sey.
Das war wohl eine hatte Nachricht, denn sie liebten

ihn alle sehr. Die ganze Stadt kam in Bewegung, die
Bürger versammelten sich auf dem größten Platze der
Stadt und unterredeten sich, da sprachen einige: Wie
haben Messire Jvain ganz allein nach dem Schlosse rei-
ten sehn, und sah er wohl sehr erschrocken aus. Da
antworteten die andern, gewiß muß etwas vorgefallerr
seyn, denn nie ritt er allein vor seinem Herrn Vater
her. Als die Männer von Ortais sich so versammelt
hatten, und auf dem Markt miteinander redeten, seht,
da ritt ihnen der Capellan grad in die Hände. Die um-
ringten ihn und sagten: Messire Nicole, wie gehtö mit
 
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