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Zeitung für Einsiedler: Zeitung für Einsiedler — Heidelberg: Mohr u. Zimmer, 1808

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https://doi.org/10.11588/diglit.1493#0155
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V

Sem Weib und Kind sah ost der Greis
Besticht sie oft mit ganzem Fleis/
Und zehen Kind kwt er verlassen,
Die alle Leibesmängel hatten.
Damit sie ja stolzierten nicht.
Wie sonst wohl ist -er Menschen Sitt,

Ob ihres Vaters Heiligkeit,
Der demüthlich zu seiner Freud,
Im Schnee zum Brud er Ulrich kant
Und seiner Kirchen sich annahm,
Hochzeitlich Tagen nicht veracht-,
Da er das Sakrament empfahl.

Von Sante OtUie» Leben.

In den Zeiten des Königs von Frankreich, genannt
Hilderich, war «in Herzog, genannt Adelreich, der
war so edel von Geschlechte, -aß sein Vater der Wür-
digste war an des Königs Hofe. Wiewohl daß dieser
Adelreich äußerlich wohl seiner Ritterschaft wartete, doch
war er in allen seinen Werken gerecht gegen Gott, da-
von so gab ihm unser Herr einen guten Sinn, daß er
mit Fleiße begehrte ein Kloster zu bauen, da Gottes-
dienst innen würde vollbracht. Darum empfahl er allen
seinen Freunden, daß sie wahrnehmen, wo er diesen
Bau möchte anlegen, daß sein Kloster von den Leuten
unbekümmert bliebe. Also kam sein Jäger und sagte
ihm von einer wilden Wohnung, die so hoch wäre über
den Leuten, daß es Hohenburg wäre genannt. Dieser
Mähre war er stob, und fuhr dahin und beschämte die
Stätte, die gefiele ihm so wohl, daß er Gottes Gnade
-ankcte, und bauete da zur Stund eine große Kirche
mit allem dem Gemach, was zu einem Kloster nothdürf-
rig war. Dieser Herzog hatte eine Frau, Pcrswinda ge-
nannt, die dicnete unserm Herren allerzeit mit großer
Andacht. Diese Frau ward eines Kindes schwanger,
und genas zur rechten Zeit einer blinden Tochter. Da
dies der Vater erhört, da war- er so sehr betrübt, -aß
er das Kind begehrte zn tüdten und sprach zur Mutter r
Nun erkenne ich, daß ich sonderlich wider Gott muß ge-
sündigt haben, daß mir an meiner Frucht ist mißlungen,
-aS keinem von meinem Geschlechte nie geschah. Da
sprach die Mutter: Herr -u sollst -ich um diese Sache
Nicht also sehr betrüben, wenn du, wohl weißt, daß
Christus von einem gebornen Blinden sprach; dieser ist
geboren blind, nicht durch seiner Vorderen Missethat
Witten, er ist blind geboren, daß Gottes Gewalt an ihm
erscheinen sollte. Dieses verfing alles nicht in dieses
Herzoges Herzen, alle seine Begierde war, daß das
Kind getödtet wurde. Davon sprach er zu seiner Frauen r
Schaff, daß dies Kind von unsrer Freunde einem heim-
lich getödtet werde, oder also ferne werde von uns gc-
rhan, daß Wir sein vergessen, anders ich werde nimmer

froh. Des Gebotes betrübete sich die Mutter gar sehr,
und bat unserm Herren mit Andacht um Rach und «n
Hülfe in dieser Sache. Also gab ihr Gott an ihre»
Sinn, daß sie gedachte an «ine Frane, die war ihre
Dienerin, nach der sandte sie und sagte der des Herren
Sinn wider das Kind. Da tröstete die Dienerin die
Fraue und sprach: Liebe Franc, ihr sottet euch nicht
also sehr betrüben, denn Gott, der das Kind blind ge-
macht, der mag es wohl wieder sehend machen. In die-
sen Zeiten war ein heiliger Bischof in Bayrrland,
Sankt Erhard genannt-, -em kam ein Gebot vom Him-
mel, daß er über Rhein sollte fahren in das Kloster
Palma, da wäre ein Mägdlein blind von Geburt, die
sollte er taufen und nennen Otilia, so würde sie in der
Taufe gesehend. — Dieser Meinung war der Bischof
gehorsam, und da er dies Kindlein taufte, da schlosse es
seine Augen auf, und sah den Bischof an. Da sprach
er: Nun begehr ich liebe Tochter , -aß wir einander in
-em ewigen Leben müssen ansehn l — Also offenbarte der
Bischof den Klosterfrauen, wie ihm das von den: Him-
mel wäre verkündiget, darum so empfahl er ihnen das
Kind und fuhr wiederum heim in sein Land. Danach
zogen die Klosterfrauen das Kin- viel zärtlicher, un-
lehrten eS die heilige Schrift. Also bot sich dies Mägd-
lein mir großem Ernste zu allen Tugenden und ver-
schmähet alle Hochfahrt, und begehrte allein dem zu
dienen, der sie erlichtet hatte. Da nun Sankt Erhard
wieder in sein Land war kommen, da entbot er dem
Herzoge alle Geschieht und entbot ihmdaß er dies
Kind wieder in seine Gnade empfinge, das ohne seine
Schuld in seine Ungunst wäre kommen. Dazu antwor-
tete der Herzog nicht. Also geschah, daß Sankt Otilie
erfuhr, daß sie einen Bruder hätte, der in ihres BaterS
Hause in Hulden war, dem schrieb sie einen Brief und
bat ihn, daß er ihr Guade erwürbe an ihrem Vater,
-aß sie ihn einmal mit Freuden möchte anfthen. Da
der Bruder diesen Brief empfing, da ging er vor de»
Vater und sprach: Gnädiger Vater, ich begehre, daß
du die Bitte deines Sohnes wollest erhören. Da ant-
wortete der Vater und sprach: Bittest du unziemliche
Ding, so ist eS unbillig, -aß ich dich erhöre. Da
 
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