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Die Neste zum Kreuhe im Sonnenglanz/
Sir hängen darauf auch den Rosenkranz.
Von Knaben und Mädchen der Wald erschallt/
Sic reihen mit Schrcyen,
Ja Ringel/ Ringel/ Rosenkranz/
Sie singen und tanzen im Morgenglanz.
Da sehet die Kreutze auf Höhen hell stehn
Zu freuen am Mayen:
Die Knaben und Mädchen auf Nasen grün/
Sic ringeln und reihen/ sich niedcrziehn.
Ein Ritter sie schauet/ die Brust voll Lust/
Cie lobt und gelobet/
Zu bauen ein Kloster dem Rosenkranz /
Da sollten sie beten bei Ampelnglanz.
„Ein Kreutz in die Welt zu hauen / ja schauet/
Schwerdt es euch lehrt
„In östlichem/ westlichen sonnigen Glanz/
„Darum ich es hier in die Erde euch pstanz.«
„Das' wurzelt und treibet wie balde zum Wald/
„Es glühet und blühet/
„Die Rosen umsproffen die Klinge mit Glanz/
„Sie knüpfen am Hefte den ewigen Kranz.«
Die Knaben darauf eS so schöne ansehn/
Sie sagen und klagen:
„ Das blühet ja nimmer in Rosenglanz/
,, Wir sehn nur vier Spitzen und blutigen Glanz.«
Der Ritter will tanzen/ der Stahl zur Quaal
Drückt nieder die Glieder;
Die Kinder die singen zum Rosenkranz:
„ Du steifer Geselle bleib weg von dem Tanz. «
Ein Weiser das Kreutz von ferne sieht gern/
Er lehret: „Ja höret'.
„Vier Temperamente und Element/
„Die zeigen sich klar in vier KreutzeScnd."
Die Kinder sich halten/ sie lachen der Sache»/
Sie springen und singen:
^Dcr Mantel der hat doch vier Zipfel ich mein /
„ Gieb uns nur den Mantel / die Zipfel sind dein.«
Der Ritter nun geht an die Quelle gar schnell /
Und schüttelt und rüttelt:
Da fallen die eisernen Schiosien hinein /
Gesund wird der Brunnen den Kranken allein.
Der Weise den Mantel aufschürzet und kürzet/
Die Falten zu halten/

Er trinket erst frisch aus -em Brnnnengkanz /
Wird frisch und gesund zu dem Rosentanz.
Der Ritter/ der Weift / sie springen und Ange»
Mit Kindern geschwinde:
Ja Ringel/ Ringel / Rosenkranz/
Sie tanzen nun mit in dem Morgenglanz.
Da legt« -er Alte seine Arme kreutzweis über die
Brust und rief laut: Wenn ihr eS nicht falsch meinet/
so kann eS doch leicht falsch verstanden werden/ denn
wie der Himmel nicht überall heiter ist/ so kann es auch
nicht die Religion seyn / erstreiten und erarbeiten sollen
wir uns den Himmel. — Bewahre sie Apollon / redete
uns ein ärmlicher eleganter Mensch an / der eben zu
uns getreten war-/ welche trübe mönchische Religion be-
schränkt noch ihre Sinne/ sie scheinen mir das Heyden-
thum noch gar nicht recht zu kennen/ ich bin eigentlich
ein Heyde und führe ein ganz göttlich Leben. — Sind
sie etwa von der Lüneburger Heyde. — Ho/ ho! sagte
ein vaziercnder Puppenspieler / der Kerl ist ja eben erst
mit mir aus dem Lazaret gekommen. — Nein/ nem!
sagte der Elegant/ ich bin so ein Heyde von der alten
griechischen Rasse/ ich muß alles plastisch haben — las-
sen sie uns einmal die Mutter Maria untersuchen. —
Ey Saperment/ warum tragen sie denn einen Rock wie
andre Leute/ sie könnten sich ja als ein Heyde für Geld
sehen lassen/ mit Hefen beschmirt anf einem Kärchen
möchten sie tragisch genug auSschen. — Ja meine Her-
ren/ daS wäre nicht übel/ ich sammle wirklich hier eine
Kolleckrc zu einem heydmschen Centraltempel für ganz
Deutschland/ auS christlicher Liebe pränumeriren sic doch
mit etwaS/ haben wir nur erst die obern Götter in gu-
ten GypSadgüssen beisammen/ die untern wollen wir
dann schon kriegen / ich will mich selbst der Reise nach
Italien unterziehen/ nach den Korkmodellen läßt sich
doch schwer bauen / ich muß den klassischen Boden be-
treten/ ich habe mich ganz dem Heydenthum gewidmet.
— Guter Freund! da haben sie etwas auf den Weg,
aber glauben sie mir daS / können sie ihre Götter noch
nicht selbst fühlen/ in sich und außer sich bilden/ müs-
sen sie noch immer an den alten Bruchstücken zusammen-
flicken / so mag sie das immerhin amusiren/ aber ein
Heyde sind sie darum noch nicht/ überhaupt wird darum
noch keiner ein Heyde / weil er aufhört ein Christ zu
seyn. — Aber wie soll ich ohne Heydenthum zur Kunst
gelangen? — Die Kunst ist ein Basilisk / der sich selbst
vernichtet/ wenn er sich im Spiegel sieht/ schweigen wir
von der Kunst/ wenn uns die Kunst lieb ist. — DaS
war ein harmloser Kerl / sagte der Herzbruder/ er ge-
hörte recht zu dem Prediger / der sich neulich bei der
 
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