77/2
oder pulverisiert als Mittel oft abergläubiger Heilkunst um 1600 und
später eingesetzt..
Das „langschwänzige Tier" im Mittelgrund rechts stellt nach Krem-
pel (1973, S. 13) ein „Flaquatzin, übernommen aus Nierembergius,
S. 156" dar, eine Angabe, deren Richtigkeit wir nicht überprüfen konn-
ten. Van Kessel stellte mit diesem Tier zweifelsohne eine große Beutel-
ratte dar, die zur Familie des Opossums zählt. Im 17. Jh. ist dieses Tier,
das heute auch in Australien und Neuseeland verbreitet ist, dem ame-
rikanischen Kontinent von Kanada bis Argentinien zuzuordnen.
Veränderte Kopie von Ferdinand van Kessel in Wien, Kunsthistori-
sches Museum
78
sen „Allegorie des Geruchs" es regelmäßige Verwendung findet
(Madrid, Museo del Prado, Inv. Nr. 1396; Lit.: Ertz/Nitze-Ertz 2008-10,
Band III, Kat. 537, Ft. S. 1151).
In der Literatur schon hingewiesen wurde auf das giraffenartige Tier
im Hintergrund (MK München 2002, S. 240), das bei Gesner gefunden
sein dürfte (1995, S. 237). Es handelt sich um eine der frühesten Abbil-
dungen einer Giraffe, von der Gesner schreibt: „Soll auf Deutsch ein
Giraff oder Kamelpard genannt werden" (ebenda S. 237). Zwei wei-
tere Tiere lassen sich ebenfalls auf Gesner zurückführen: neben dem
Camelopard steht rechts hinter der gepunkteten Katze mit den Luchs-
ohren ein Geschöpf, das Gesner bei den „Wilden Geissen" als „Leo
Capra" vorgestellt hat, als „Ein Geiß welche dem Löwen in etwas
gleich siehet" (Gesner 1995, S. 164; Abb. 77/1). Neben dem männli-
chen Tier dürfte links am Bildrand ein Weibchen derselben Tierart dar-
gestellt sein. Gesners Schilderung „Von den Wilden Geissen" beinhal-
tet auch den Schlüssel zur Deutung der beiden behaarten Kugeln in
der rechten unteren Bildecke unterhalb des dort liegenden Stinktiers:
das dürfte Bezoare sein, bei Gesner „Bezoar-Steine" (S. 161), unver-
dauliche Reste von Haaren und anderen Materialien, die sich im
Magen von Wiederkäuern finden und von diesen hochgewürgt wer-
den können. Berühmte Bezoare befanden sich in Wunderkammern,
z. B. in der Rudolfs II., (Abb. 77/2; Jan Vermeyen, „Bezoar-Becher",
Wien, Kunsthistorisches Museum, Sig. für Plastik und Kunstgewerbe,
Inv. Nr. 3259; Lit.: AK Essen 1987, Kat. 341). Bezoare wurden in Gänze
78 Goa
Replik nach Kat. 8. Nach Krempel (1973, S. 13: „Der Fisch in der Bild-
mitte sog. ,Vtelit' nach Thevet, 1575, Abb. S. 147f.)" Die Fische sind,
bis auf den Wels vorn links reine Phantasiewesen. Auf welche Quellen
sich der Maler bei der Schilderung dieser für den Handel so wichtigen
Stadt an der Südwestküste Indiens, das die Niederländer den Spaniern
entrissen hatten, „so dass Goa um 1650 lediglich als isolierte Haupt-
stadt eines verlorenen [spanischen, Anm. d. Verf.] Imperiums zurück-
blieb" (Whitfield 2006, S. 164), bezieht, ist unbekannt
79 Oozmus (Hormuz)
Die Dromedare und Kamele sind freie Interpretationen nach Gessner
(Gesner 1995, S. 232, S. 235; Abb. 79/1, 79/2). Bei Braun/Hogenberg
(2011, S. 129) findet sich eine reine Phantasieansicht dieser vor dem
Iran liegenden Inselstadt, von der van Kessel höchstens die flachen
Dächer der Häuser übernommen haben könnte
1 74
JVK 1: Städtelandschaften