Abb. 6 Jan Thomas van Kessel, Kegelspiel vor der Herberge. London,
Phillips 1 987
mung allerdings sicher aus. Begnügen wir uns hier mit
den auffälligsten Unterschieden: bei JVK I ein räumlich
dreidimensional überzeugendes Gebilde, bei dem eine
Blüte, räumlich eindeutig lokalisierbar, vor oder hinter ei-
ner anderen Blütenform liegt, wogegen bei Peter (Abb. 5)
einer zweidimensional sich in der Fläche entwickelnden
Abfolge mit geringeren Überschneidungen der Vorzug ge-
geben wird; auffällig auch, dass bei Peter alle /illustrie-
renden Kleinigkeiten' wie Schmetterlinge und Memento-
Mori-Motive, die den Gehalt ausweiten, fehlen.
Jan Thomas van Kessel
Geb. 10.9. 1677 in Antwerpen - gest. 1741 ebenda; Nef-
fe des Ferdinand; 1691-92 Lehrling bei Pieter Ykens;
1704-05 Meister der Lukasgilde; bei Thieme-Becker und
Wilenski noch aufgeführt11, ist dieser zum van Kessel-
Clan zu zählende Maler in den neueren Lexika nicht
mehr erwähnt.
Er war wohl ein begabter Genre- und Landschaftsmaler
in der Nachfolge Jan Brueghels d. Ä. und David Teniers
d.j., wie das einzige signierte und 1701 datierte Gemälde
„Kegelspiel vor der Herberge"12 (Abb. 6) erweist. Bezie-
hungen zum Werk der von uns vorgestellten van Kessels
bestehen nicht.
Stilistische Abgrenzungen von Jan van Kessel
dem Älteren zu dem Jüngeren, dem
/Anderen' und dem ,Pseudo' van Kessel
Jan van Kessel d. J. im Vergleich mit Jan van Kessel d. Ä.
Völlig unproblematisch ist nach jahrelanger intensiver
Beschäftigung mit den Bildern aller van Kessels die Ein-
grenzung des Werkes JVKs I, dem unser Hauptaugenmerk
gilt. Eine große Anzahl signierter und datierter Gemälde
führt nach einer stilkritischen Analyse zu einem festen
Fundament in der Zuschreibung sicherer Bilder, mit deren
Hilfe in kritischer Selektion andere Gemälde bestimmt
werden können. Eine gewisse Fehlerquelle akzeptiert, die
bei jedem kunsthistorischen Urteil mit zu berücksichtigen
ist, sollte es mit dem vorliegenden Werkkatalog gelungen
sein, das Werk dieses Malers erstmals umfänglich darzu-
stellen. Die Verknüpfung des Werkes mit der Biografie des
Malers JVK I ist zudem nicht fraglich.
Das stellt sich schon bei dessen Sohn, JVK II, anders
dar: nur ganz wenige signierte und datierte Gemälde sind
diesem in den Katalognummern 1-6 biografisch einiger-
maßen sicher zuzuordnen. Wir versuchen, das Werk des
Sohnes stilistisch aus dem des Vaters herauszufiltern und
sind überzeugt, dass die überwiegende Mehrzahl der 222
katalogisierten Gemälde von einer Hand gemalt wurden,
ob aber diese Hand wirklich dem Sohn JVK II gehörte
oder einem anderen, uns nicht bekannten Maler, er-
scheint uns keineswegs ganz sicher. Von der unseren ab-
weichende Meinungen sind bekannt. Sind diese in der
seriösen kunsthistorischen Literatur vermeidet und nicht
nur in Versteigerungskatalogen, werden sie im Katalog
berücksichtigt.
Mit den 35 aufgeführten Gemälden von JVK dA neh-
men wir eine Anregung F. G. Meijers auf (vgl. Anm. 3).
Hinsichtlich des homogenen stilistischen Befundes bewe-
gen wir uns zwar auf sicherem kunsthistorischen Boden,
wir sind auch in der Lage, mit guten Argumenten dieses
schmale CEuvre einem in Antwerpen in den 50er-Jahren
des 17. jh. arbeitenden Malers namens Jan van Kessel zu-
zuordnen, wir haben aber keine Vorstellung, wer sich
hinter diesem Namen wirklich verbirgt.
Ähnlich verhält es sich mit einem Maler, der als ,Pseudo'
van Kessel im Kunsthandel auftaucht: offensichtlich ein
guter Maler, dessen Werk bisher nur in wenigen Zuschrei-
bungen überzeugend fassbar ist. In diesem Buch haben
Stilistische Abgrenzungen
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