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Ertz, Klaus; Nitze-Ertz, Christa; Kessel, Jan van [Ill.]; Kessel, Jan van [Ill.]; Kessel, Jan van [Ill.]
Jan van Kessel der Ältere, 1626 - 1679: Jan van Kessel der Jüngere, 1654 - 1708; Jan van Kessel der "Andere", ca. 1620 - ca. 1661; kritische Kataloge der Gemälde — Lingen: Luca Verl., 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.73485#0021
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Abb. 8 Jan van Kessel d.Ä., Allegorie der Vanitas. Oxford, Ashmolean Museum (Kat. 716)

ten als ,Folie' zur Hervorhebung der optischen Wirksam-
keit der Früchte dient; in Oxford dagegen ein inhaltlich
durch den Vanitasgedanken hoch aufgeladenes kompli-
ziertes Motivgewebe, in dem jedes Ding über die sicht-
bare Gestalt hinaus etwas aussagen will, das dem Be-
trachter als Entschlüsselungsaufgabe mitgegeben wird.
Diesem differenzierteren Anspruch entspricht die Raum-
gestaltung, die sich exakt definierbar als Verandaraum mit
Ausblick in bewachsene Natur zu erkennen gibt, somit
Naturhaftes im Blattwerk des Stilllebens hinaus ins Blatt-
werk des Hintergrundes erweitert. Dieses Prinzip der ver-
schränkten Kompliziertheit, das einhergeht mit einer
handwerklichen Einfühlungsmöglichkeit in das Wesen
der Dinge, die von höchster verfeinerter Malkultur zeugt,
unterscheidet das Oxford-Bild (Abb. 8) grundsätzlich von
dem Prinzip des nebeneinander gesetzt Einfachen, fast
Naiven, das den Betrachter unmittelbar in erkennbarer,
keine Deutungsspielräume offen lassender Direktheit /an-
springt', wie wir es im Enschede-Bild (Abb. 7) beobach-
ten.
Spitzen wir die Beobachtung auf die Blattbildung bei-
der Bilder zu: in Enschede eine homogene Grünfläche
mit nur geringer Modulation der Helligkeits- und Bunt-
werte, in Form gebracht durch helle Linien, die das ein-
zelne Blatt fischgrätenartig strukturieren und es gegen-
über seinem Umfeld hart silhouettieren; in Oxford (Abb.
8) sich windende, den Raum durchdringende ,lebende'

Blätter, die in ihrer Binnenzeichnung nur gering orna-
mental strukturiert sind, deren gesamte Gestalt in ihrer
Ausmalung vor und im Umraum eigenwertiges Ornament
bildet, vergleichbar einer dreidimensionalen Arabeske.
Die Gestaltungsweise des Malers des Enscheder Stillle-
bens (Abb. 7), den wir als JVK II annehmen, wäre dann im
Vergleich mit der Arabeske (Abb. 8) als zweidimensio-
nale, die Fläche bevorzugende Maureske zu bezeichnen.
Vergleich Abb. 9 mit Abb. 10:
Das im ersten Vergleich (Abb. 7 mit Abb. 8) Beschriebene
lässt sich ohne Einschränkung auf diesen Vergleich über-
tragen. Fokussieren wir den Blick auf das Arrangement
der Motive: im Jahr 1 655 malt JVK I eine am Vorbild von
Jan Davidsz. de Heern orientierte Stillleben-Allegorie
(Abb. 10) mit all den traditionellen Bedeutungsträgern
wie Weintrauben, Wein im Römerglas, Schmetterling und
Spinne, Austern, Krabben, Kirschen und Pomeranze. We-
der fehlen die artifizielle handwerkliche Fertigkeit, de-
monstriert an den Wassertropfen auf Früchten und Blät-
tern, noch die sich im Römer spiegelnden Atelierfenster,
noch die Kringel der geschälten Zitrone. Einer inhalt-
lichen Deutung, die so nahe liegt und sich aufdrängt wie
der Stolz des Malers auf sein handwerkliches Können,
enthalten wir uns an dieser Stelle, suchen wir dieses hohe
Niveau vielmehr im Pasadena-Bild (Abb. 9). Weder wer-
den wir im Naturalismus der Trauben, der Kirschen, gar

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