terlich bestraft wird, eindeutig mit der emblematischen
Aussage „PATIOR UT POTIAR" „um zu gewinnen leide
ich wegen des Honigs die Stacheln, tausend Schmerzen
und tausend Wonnen trage ich in meiner Brust" 36 deut-
bar; was aber hat die Versammlung von Wolf, Schaf,
Hund und zwei Greifvögeln zu bedeuten? Verbirgt sich in
deren Existenz ein Hinweis auf den in der Hauptszene
nicht ablesbaren zweiten möglichen Sinn, dass nämlich
die Bienen ihren Mut, einen so viel stärkeren Gegner an-
zugreifen, mit dem Leben bezahlen werden? Der Eber
(Abb. 53) schreit vor Schmerz, auch das leicht zu verste-
hen. Aber was hat der Greifvogel auf dem Baum zu sa-
gen?
Die Idee des Kampfes zwischen Löwe und Eber (Abb.
53), beobachtet von einem Greifvogel, dürfte ebenfalls
auf eine Aesop'sche Fabel zurückgehen, die zur Grundla-
ge des Emblems „EX DAMNO ALTERIUS, ALTERIUS UTI-
LITAS" wurde: „Aus eines anderen Schaden eines ande-
ren Nutz"37. Umgangssprachlich formte sich hieraus das
Sprichwort „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Drit-
te".
Der mit Schaf und Hirsch sprechende Wolf (Abb. 51)
könnte emblematisch auf die „Falsche Freundschaft" hin-
weisen. „Der Wolf fordert das Schaf in heuchlerischer
Weise auf und sagt: Wir sollen gute Freundschaft zusam-
men halten! Das Schaf spricht: Das erscheint mir nicht
gut, du willst zwar lieben, aber auf grausame Art".38 Van
Kessel könnte die Rolle des Schafes mit dem Hirsch be-
setzt haben, der sich mit dem Wolf unterhält, während
das Schaf stumm der Szene beiwohnt.
Bisher keine überzeugende Deutung lässt sich aus der
Szene mit dem kranken Rehbock ableiten (Abb. 50). Der
Bock könnte versucht haben, von den Früchten auf dem
Tisch zu naschen, dabei ist ihm ein gefülltes Weinglas
vom Tisch gefallen. Unmittelbar neben den Glasscherben
sehen wir den bis auf den Knochen aufgeschnittenen Vor-
derlauf. Haben die Scherben diese Wunde verursacht?
Warum trägt das Tier ein Schellenhalsband? Soll das auf
närrisches Tun hindeuten. Sind Rabe, Geier und Fuchs als
Aasfresser die Nutznießer des Missgeschicks des Reh-
bocks? Ist auch diese Darstellung eine verklausulierte Me-
tapher zur Dummheit, die, von Tieren vorgespielt, auf den
Menschen als Warnung übertragen werden muss?
Angeregt durch die Fabeldarstellungen stellt sich die
Frage, ob den Tierdarstellungen, deren Hintersinn sich
nicht auf den ersten Blick erschließt, bei JVK I möglicher-
weise tiefer gehende Sinnschichten unterlegt sind. So
könnten beispielsweise alle Kompositionen mit Adler
(vgl. Kat. 137, 156-159, 1 74, 203, 206, 208, 238) auf die
emblematische Vieldeutigkeit des Adlers hin untersucht
werden.39
,Reine' Landschaften
In allen bis hierhin vorgestellten Gemälden - und das
sind immerhin 324 von 726 - ist Landschaft zwar vorhan-
den, kein einziges Bild aber wäre mit dem Begriff /Land-
schaftsgemälde' zutreffend gattungsmäßig beschrieben.
,Richtige' Landschaften im traditionellen flämischen
Sinne malte JVK I lediglich zweimal: eine „Waldland-
schaft mit dem Hl. Hubertus" (Kat. 314) in früher Zeit, zu
Beginn der 40er-Jahre - eine Landschaft, die an frühe
Kompositionen Jan Brueghels d. Ä., um 1600 entstanden,
erinnert, die mit dem nachfolgenden Werl< des Malers
keine Berührungspunkte aufweist und so am ehesten als
frühe Übung eines sich auf Traditionen beziehenden,
nach der eigenen Individualität suchenden Malers zu in-
terpretieren ist, die er in diesem Bild allerdings noch nicht
gefunden hat.
Mit seiner „Flusslandschaft mit Anlegestelle" (Abb.
54a, Kat. 323) überträgt er eine Zeichnung seines Onkel
Jan Brueghels d.j. (vgl. Abb. 1 bei Kat. 323) in das Medi-
um der Ölmalerei.
Mit den dann folgenden, im besten Sinne typischen flä-
mischen Genre-Landschaften, in denen sich die Schilde-
rung des dörflich-bäuerlichen Lebens im Rahmen der
ausgetretenen Wege der Vorgänger der Brueghel-Familie,
vor allem des Onkels David Teniers d. Ä. spiegelt (Kat.
315-322), gibt JVK I wahrscheinlich in den 40er-Jahren -
keines der signierten Bilder trägt ein Datum, so dass wir
auf Vermutungen angewiesen sind - ein kurzes Gastspiel
als Landschaftsmaler. Mit eigenständigen Leistungen, in
der das Thema Landschaft im Vordergrund steht und alle
nachgeordneten Darstellungsformen dominierend, ist
JVK I nicht hervorgetreten.
66
JVK I: ,Reine' Landschaften
Aussage „PATIOR UT POTIAR" „um zu gewinnen leide
ich wegen des Honigs die Stacheln, tausend Schmerzen
und tausend Wonnen trage ich in meiner Brust" 36 deut-
bar; was aber hat die Versammlung von Wolf, Schaf,
Hund und zwei Greifvögeln zu bedeuten? Verbirgt sich in
deren Existenz ein Hinweis auf den in der Hauptszene
nicht ablesbaren zweiten möglichen Sinn, dass nämlich
die Bienen ihren Mut, einen so viel stärkeren Gegner an-
zugreifen, mit dem Leben bezahlen werden? Der Eber
(Abb. 53) schreit vor Schmerz, auch das leicht zu verste-
hen. Aber was hat der Greifvogel auf dem Baum zu sa-
gen?
Die Idee des Kampfes zwischen Löwe und Eber (Abb.
53), beobachtet von einem Greifvogel, dürfte ebenfalls
auf eine Aesop'sche Fabel zurückgehen, die zur Grundla-
ge des Emblems „EX DAMNO ALTERIUS, ALTERIUS UTI-
LITAS" wurde: „Aus eines anderen Schaden eines ande-
ren Nutz"37. Umgangssprachlich formte sich hieraus das
Sprichwort „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Drit-
te".
Der mit Schaf und Hirsch sprechende Wolf (Abb. 51)
könnte emblematisch auf die „Falsche Freundschaft" hin-
weisen. „Der Wolf fordert das Schaf in heuchlerischer
Weise auf und sagt: Wir sollen gute Freundschaft zusam-
men halten! Das Schaf spricht: Das erscheint mir nicht
gut, du willst zwar lieben, aber auf grausame Art".38 Van
Kessel könnte die Rolle des Schafes mit dem Hirsch be-
setzt haben, der sich mit dem Wolf unterhält, während
das Schaf stumm der Szene beiwohnt.
Bisher keine überzeugende Deutung lässt sich aus der
Szene mit dem kranken Rehbock ableiten (Abb. 50). Der
Bock könnte versucht haben, von den Früchten auf dem
Tisch zu naschen, dabei ist ihm ein gefülltes Weinglas
vom Tisch gefallen. Unmittelbar neben den Glasscherben
sehen wir den bis auf den Knochen aufgeschnittenen Vor-
derlauf. Haben die Scherben diese Wunde verursacht?
Warum trägt das Tier ein Schellenhalsband? Soll das auf
närrisches Tun hindeuten. Sind Rabe, Geier und Fuchs als
Aasfresser die Nutznießer des Missgeschicks des Reh-
bocks? Ist auch diese Darstellung eine verklausulierte Me-
tapher zur Dummheit, die, von Tieren vorgespielt, auf den
Menschen als Warnung übertragen werden muss?
Angeregt durch die Fabeldarstellungen stellt sich die
Frage, ob den Tierdarstellungen, deren Hintersinn sich
nicht auf den ersten Blick erschließt, bei JVK I möglicher-
weise tiefer gehende Sinnschichten unterlegt sind. So
könnten beispielsweise alle Kompositionen mit Adler
(vgl. Kat. 137, 156-159, 1 74, 203, 206, 208, 238) auf die
emblematische Vieldeutigkeit des Adlers hin untersucht
werden.39
,Reine' Landschaften
In allen bis hierhin vorgestellten Gemälden - und das
sind immerhin 324 von 726 - ist Landschaft zwar vorhan-
den, kein einziges Bild aber wäre mit dem Begriff /Land-
schaftsgemälde' zutreffend gattungsmäßig beschrieben.
,Richtige' Landschaften im traditionellen flämischen
Sinne malte JVK I lediglich zweimal: eine „Waldland-
schaft mit dem Hl. Hubertus" (Kat. 314) in früher Zeit, zu
Beginn der 40er-Jahre - eine Landschaft, die an frühe
Kompositionen Jan Brueghels d. Ä., um 1600 entstanden,
erinnert, die mit dem nachfolgenden Werl< des Malers
keine Berührungspunkte aufweist und so am ehesten als
frühe Übung eines sich auf Traditionen beziehenden,
nach der eigenen Individualität suchenden Malers zu in-
terpretieren ist, die er in diesem Bild allerdings noch nicht
gefunden hat.
Mit seiner „Flusslandschaft mit Anlegestelle" (Abb.
54a, Kat. 323) überträgt er eine Zeichnung seines Onkel
Jan Brueghels d.j. (vgl. Abb. 1 bei Kat. 323) in das Medi-
um der Ölmalerei.
Mit den dann folgenden, im besten Sinne typischen flä-
mischen Genre-Landschaften, in denen sich die Schilde-
rung des dörflich-bäuerlichen Lebens im Rahmen der
ausgetretenen Wege der Vorgänger der Brueghel-Familie,
vor allem des Onkels David Teniers d. Ä. spiegelt (Kat.
315-322), gibt JVK I wahrscheinlich in den 40er-Jahren -
keines der signierten Bilder trägt ein Datum, so dass wir
auf Vermutungen angewiesen sind - ein kurzes Gastspiel
als Landschaftsmaler. Mit eigenständigen Leistungen, in
der das Thema Landschaft im Vordergrund steht und alle
nachgeordneten Darstellungsformen dominierend, ist
JVK I nicht hervorgetreten.
66
JVK I: ,Reine' Landschaften