Bis zum Jahr 1661 ist dann aus diesen Anfängen ein
offensichtlich beim Publikum beliebter Bildtyp entstan-
den, der Insekten, heimische Blütenzweige und fremdar-
tige Muscheln in miniaturartigen imaginären Räumen
kombiniert (Abb. 78, Kat. 410; Abb. 79, Kat. 411; Abb.
80, Kat. 412; Abb. 81, Kat. 415, Abb. 82, Kat. 41 6).
Dem Datum 1671 - Teil der Signatur des Gemäldes
„Schmetterlinge, Käfer und Muscheln" (Abb. 83, Kat.
351) - nach zu urteilen, malte JVKI in der Zeit von 1661
(Kat. 410-412) bis zu seinem Tod 1679 nur dieses eine
Streumusterbild mit Schmetterlingen, Käfern und Mu-
scheln, die ungeheuer eng ohne jede Überschneidung, an
einigen Stellen sich beinahe berührend, gleichgewichtig
über die gesamte Bildfläche verteilt sind.
Den dekorativen Charakter der Insekten-Käfer-Bilder,
insbesondere der Streumusterkombinationen vor den Mi-
niaturräumen, verdeutlichen die beiden auf hellem Carra-
ra-Marmor gemalten Pendants (Abb. 61, Kat. 348; Abb.
83a, Kat. 352), bei denen die feine dunkle Maserung des
Marmors als belebendes, nicht störendes Element die ma-
lerische bunte Wirkung des Gesamtensembles betont.
Diesen starken dekorativen Reiz, der die Frage des Be-
trachters nach den Qualitäten des Raumes, in dem die
Tiere mit ihren Schatten in voller Pracht immer freigestellt
dem Nachbarn gegenüber agieren, verbinden wir bei den
hier im Text vorgestellten Streumusterbildern (Abb. 84,
Kat. 367; Abb. 85, Kat. 368) mit der Frage nach der ur-
sprünglichen Verwendung solcher Gemälde. Das hoch-
rechteckige Format dieser Pendants, das bei Gemälden
dieser Art einzig ist, lässt den Wunsch eines Auftraggebers
vermuten. Diesen Pendant-Zusammenhang sehen wir bei
den beiden auf Marmor gemalten Insektenstudien aller-
dings kritischer, weil im Zentrum beider Streumuster
(Abb. 61, 83a) dieselbe gelbe Fledermaus figuriert. Pen-
dants aber, das eine Gewissheit bis zu diesen Marmorstu-
dien, weisen nie dieselben Motive an gleicher Stelle in
gleicher Haltung auf.
In größerem dekorativen Zusammenhang könnte letzt-
lich die großformatige Kupfertafel (Abb. 86, Kat. 357) zu
denken sein, bei der 41 Tiere in ,Streumuster'-Manier ne-
beneinander gestellt sind. Vergleichbare Gemälde wur-
den „aufgrund der sie umgebenden kleinen Täfelchen für
die Dekoration eines Kabinettschrankes gehalten... Viel
eher hat man sich dieses Bild ebenso wie die verwandten
Fassungen als Teile von Kunstkammern vorzustellen, in
einer Funktion, in der sie etwa auch in den Münchener
Erdteilallegorien auftauchen ..."48.
Fragen wir nach den Begründungen formaler oder in-
haltlicher Art für das Zustandekommen dieser Gemälde-
verbände, fällt auf, dass weder in den vier Münchener
Verbänden (Kat. 54-121) noch in dem als einzigem in
Wirklichkeit nachweisbaren ,Stilllebenverband' (Kat.
330) formale Beziehungen der Gemälde untereinander
bestehen. Auch inhaltliche Verknüpfungen bestehen le-
diglich insofern, als dass die kleinen ,Umgebungsbilder'
das zentrale Hauptbild in seiner inhaltlichen Aussage va-
riierend erweitern und mit andersartigen oder ähnlichen
Motiven illustrieren. Eine befriedigende Antwort auf die
Frage, warum in Format und Darstellung ähnliche Gemäl-
de manchmal in Verbänden in einem großen Rahmen
,zusammengebunden' wurden, ist bisher nicht gefunden.
Schon zu Lebzeiten des Malers finden wir in den Ver-
kaufsbüchern der Firma Forchoudt einen Beleg für diese
Praxis: am 19. Mai 1676 findet sich dort der Eintrag: „12
n°2. 1 Vercocht aen mons Duciato een stuck met beesti-
ens van Jan van Kessel, te weten 17 stuckxkens in een
raem ingemaeckt dat vercocht te saemen 65-24"49. Im
Inventar des Sammlers Jan Gillis von 1663 lesen wir:
„Item, een groot stuck van van Kessel, synde in midden
een ysruyt in sesthiene verdeelt"50.
Im Jahr 1996 wurden 12 gleichgroße Holztafeln (18,2
x 23,8 cm) mit Tierdarstellungen in Landschaften zum
Verkauf angeboten (Abb. 1 bei Kat. 147). Jeweils drei Ge-
mälde wurden übereinander in einem Rahmen zusam-
mengefasst, so dass vier hochrechteckige Formate der
Größe ca. 65 x ca. 30 cm entstanden (3 x 18,2 cm + 10 cm
Rahmung = ca. 65 und 23,8 cm + Rahmung = ca. 30 cm).
Diese wurden ohne Zwischenraum aneinander geheftet,
so dass ein großes Gemälde, vergleichbar einem mittelal-
terlichen aus vielen Tafeln bestehenden Altar-Gemälde-
Verband, mit den Dimensionen ca. 65 x ca. 110 cm ent-
stand. Dieser Verband kann jederzeit wieder aufgelöst
werden. So geschah es mit dem Insektenverband (Kat.
330). Zwei Gemälde wurden herausgelöst und als Einzel-
bilder (Kat. 336, 337) angeboten. Da sich bisher keine
schriftlichen Aussagen zu dieser Praxis erhalten haben
(oder uns nicht bekannt sind), bleibt die Vermutung, dass
es sich mit der Vergrößerung des ursprünglich Kleinen zu
einem dekorativ Großen um eine erhoffte nachträgliche
Wertsteigerung handeln könnte. In diesem Sinne könnte
auch die in ihrer Größe (38,5 x 55 cm) als Mittelbild eines
Verbandes geeignete Kupfertafel (Abb. 86, Kat. 357) von
vielen kleinen Tierdarstellungen umgeben gewesen sein.
JVK 1: Stillleben mit Insekten
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offensichtlich beim Publikum beliebter Bildtyp entstan-
den, der Insekten, heimische Blütenzweige und fremdar-
tige Muscheln in miniaturartigen imaginären Räumen
kombiniert (Abb. 78, Kat. 410; Abb. 79, Kat. 411; Abb.
80, Kat. 412; Abb. 81, Kat. 415, Abb. 82, Kat. 41 6).
Dem Datum 1671 - Teil der Signatur des Gemäldes
„Schmetterlinge, Käfer und Muscheln" (Abb. 83, Kat.
351) - nach zu urteilen, malte JVKI in der Zeit von 1661
(Kat. 410-412) bis zu seinem Tod 1679 nur dieses eine
Streumusterbild mit Schmetterlingen, Käfern und Mu-
scheln, die ungeheuer eng ohne jede Überschneidung, an
einigen Stellen sich beinahe berührend, gleichgewichtig
über die gesamte Bildfläche verteilt sind.
Den dekorativen Charakter der Insekten-Käfer-Bilder,
insbesondere der Streumusterkombinationen vor den Mi-
niaturräumen, verdeutlichen die beiden auf hellem Carra-
ra-Marmor gemalten Pendants (Abb. 61, Kat. 348; Abb.
83a, Kat. 352), bei denen die feine dunkle Maserung des
Marmors als belebendes, nicht störendes Element die ma-
lerische bunte Wirkung des Gesamtensembles betont.
Diesen starken dekorativen Reiz, der die Frage des Be-
trachters nach den Qualitäten des Raumes, in dem die
Tiere mit ihren Schatten in voller Pracht immer freigestellt
dem Nachbarn gegenüber agieren, verbinden wir bei den
hier im Text vorgestellten Streumusterbildern (Abb. 84,
Kat. 367; Abb. 85, Kat. 368) mit der Frage nach der ur-
sprünglichen Verwendung solcher Gemälde. Das hoch-
rechteckige Format dieser Pendants, das bei Gemälden
dieser Art einzig ist, lässt den Wunsch eines Auftraggebers
vermuten. Diesen Pendant-Zusammenhang sehen wir bei
den beiden auf Marmor gemalten Insektenstudien aller-
dings kritischer, weil im Zentrum beider Streumuster
(Abb. 61, 83a) dieselbe gelbe Fledermaus figuriert. Pen-
dants aber, das eine Gewissheit bis zu diesen Marmorstu-
dien, weisen nie dieselben Motive an gleicher Stelle in
gleicher Haltung auf.
In größerem dekorativen Zusammenhang könnte letzt-
lich die großformatige Kupfertafel (Abb. 86, Kat. 357) zu
denken sein, bei der 41 Tiere in ,Streumuster'-Manier ne-
beneinander gestellt sind. Vergleichbare Gemälde wur-
den „aufgrund der sie umgebenden kleinen Täfelchen für
die Dekoration eines Kabinettschrankes gehalten... Viel
eher hat man sich dieses Bild ebenso wie die verwandten
Fassungen als Teile von Kunstkammern vorzustellen, in
einer Funktion, in der sie etwa auch in den Münchener
Erdteilallegorien auftauchen ..."48.
Fragen wir nach den Begründungen formaler oder in-
haltlicher Art für das Zustandekommen dieser Gemälde-
verbände, fällt auf, dass weder in den vier Münchener
Verbänden (Kat. 54-121) noch in dem als einzigem in
Wirklichkeit nachweisbaren ,Stilllebenverband' (Kat.
330) formale Beziehungen der Gemälde untereinander
bestehen. Auch inhaltliche Verknüpfungen bestehen le-
diglich insofern, als dass die kleinen ,Umgebungsbilder'
das zentrale Hauptbild in seiner inhaltlichen Aussage va-
riierend erweitern und mit andersartigen oder ähnlichen
Motiven illustrieren. Eine befriedigende Antwort auf die
Frage, warum in Format und Darstellung ähnliche Gemäl-
de manchmal in Verbänden in einem großen Rahmen
,zusammengebunden' wurden, ist bisher nicht gefunden.
Schon zu Lebzeiten des Malers finden wir in den Ver-
kaufsbüchern der Firma Forchoudt einen Beleg für diese
Praxis: am 19. Mai 1676 findet sich dort der Eintrag: „12
n°2. 1 Vercocht aen mons Duciato een stuck met beesti-
ens van Jan van Kessel, te weten 17 stuckxkens in een
raem ingemaeckt dat vercocht te saemen 65-24"49. Im
Inventar des Sammlers Jan Gillis von 1663 lesen wir:
„Item, een groot stuck van van Kessel, synde in midden
een ysruyt in sesthiene verdeelt"50.
Im Jahr 1996 wurden 12 gleichgroße Holztafeln (18,2
x 23,8 cm) mit Tierdarstellungen in Landschaften zum
Verkauf angeboten (Abb. 1 bei Kat. 147). Jeweils drei Ge-
mälde wurden übereinander in einem Rahmen zusam-
mengefasst, so dass vier hochrechteckige Formate der
Größe ca. 65 x ca. 30 cm entstanden (3 x 18,2 cm + 10 cm
Rahmung = ca. 65 und 23,8 cm + Rahmung = ca. 30 cm).
Diese wurden ohne Zwischenraum aneinander geheftet,
so dass ein großes Gemälde, vergleichbar einem mittelal-
terlichen aus vielen Tafeln bestehenden Altar-Gemälde-
Verband, mit den Dimensionen ca. 65 x ca. 110 cm ent-
stand. Dieser Verband kann jederzeit wieder aufgelöst
werden. So geschah es mit dem Insektenverband (Kat.
330). Zwei Gemälde wurden herausgelöst und als Einzel-
bilder (Kat. 336, 337) angeboten. Da sich bisher keine
schriftlichen Aussagen zu dieser Praxis erhalten haben
(oder uns nicht bekannt sind), bleibt die Vermutung, dass
es sich mit der Vergrößerung des ursprünglich Kleinen zu
einem dekorativ Großen um eine erhoffte nachträgliche
Wertsteigerung handeln könnte. In diesem Sinne könnte
auch die in ihrer Größe (38,5 x 55 cm) als Mittelbild eines
Verbandes geeignete Kupfertafel (Abb. 86, Kat. 357) von
vielen kleinen Tierdarstellungen umgeben gewesen sein.
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