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DIE LANDSCHAFTSMALEREI
27. Tizian: Die drei Lebensalter. London, Gal. Bridgewater
(Phot. Deutsche Verlagsanslalt)
in Umbrien als bloße Zutat, sie ist vielmehr stets mit den Figuren unlösbar verknüpft. Man
vergleiche die „Pieta“ Montagnas mit der Peruginos, die Golgathaszene Mantegnas in Tours
mit der Sebastiansmarter Pollajuolos in der National Gallery, die Hirtenanbetung Previtalis
(Venedig, Akademie) mit Piero di Cosimos Darstellung dieses Themas im Berliner Kaiser-
Friedrich-Museum, um den Unterschied zu ermessen. Bei den späteren Oberitalienern, bei
Giorgione, Tizian und den Dossi, wo die romantische Landschaft ein Stimmungsmittel von
immer größerer Bedeutung wird, sind Landschaft und Figuren noch mehr miteinander ver-
schmolzen und steigern sich gegenseitig in der Wirkung, von dem „Gewitter“ Giorgiones
der Sammlung Giovanelli und dem auf ihn zurückgehenden „Seesturm“ in der Venezianer
Akademie angefangen bis zu Lelio Orsis „Gang nach Emmaus“ und den magisch erhellten
Ruinen Bedolis. In Mittelitalien bleibt im Cinquecento die Landschaft häufig noch Zutat,
Figur und Landschaft werden noch immer vielfach nur notdürftig zusammengefügt, ja viele
sehr feine landschaftliche Partien auf mittelitalienischen Bildern kommen im 16. Jahrhundert
vielleicht noch weniger zur vollen Wirkung als im Quattrocento, so in Raffaels „Disputa“
wie in verschiedenen seiner Madonnen. Unter den veronesischen Malern des 16. Jahrhunderts
kommt Girolamo dai Libri eine besondere Bedeutung als Landschafter zu, und von
dem Ferraresen Lorenzo Costa darf man sagen, daß er auf dem Gebiet der Landschaft
wohl sein Bestes und Eigenstes geleistet hat. Die „Ruhe auf der Flucht“ der Sammlung
Joseph Reinach in Paris aus dem Schülerkreise Costas erinnert ein wenig an Altdorfer.
Reine Landschaftsbilder freilich, wie sie uns dieser deutsche Meister geschenkt hat, finden
wir in jenen Zeiten ebensowenig in Ober- wie in Mittelitalien. Aber verhältnismäßig
sehr früh setzt die Landschaft mit genremäßigen Staffagefiguren ein wie in Tizians
DIE LANDSCHAFTSMALEREI
27. Tizian: Die drei Lebensalter. London, Gal. Bridgewater
(Phot. Deutsche Verlagsanslalt)
in Umbrien als bloße Zutat, sie ist vielmehr stets mit den Figuren unlösbar verknüpft. Man
vergleiche die „Pieta“ Montagnas mit der Peruginos, die Golgathaszene Mantegnas in Tours
mit der Sebastiansmarter Pollajuolos in der National Gallery, die Hirtenanbetung Previtalis
(Venedig, Akademie) mit Piero di Cosimos Darstellung dieses Themas im Berliner Kaiser-
Friedrich-Museum, um den Unterschied zu ermessen. Bei den späteren Oberitalienern, bei
Giorgione, Tizian und den Dossi, wo die romantische Landschaft ein Stimmungsmittel von
immer größerer Bedeutung wird, sind Landschaft und Figuren noch mehr miteinander ver-
schmolzen und steigern sich gegenseitig in der Wirkung, von dem „Gewitter“ Giorgiones
der Sammlung Giovanelli und dem auf ihn zurückgehenden „Seesturm“ in der Venezianer
Akademie angefangen bis zu Lelio Orsis „Gang nach Emmaus“ und den magisch erhellten
Ruinen Bedolis. In Mittelitalien bleibt im Cinquecento die Landschaft häufig noch Zutat,
Figur und Landschaft werden noch immer vielfach nur notdürftig zusammengefügt, ja viele
sehr feine landschaftliche Partien auf mittelitalienischen Bildern kommen im 16. Jahrhundert
vielleicht noch weniger zur vollen Wirkung als im Quattrocento, so in Raffaels „Disputa“
wie in verschiedenen seiner Madonnen. Unter den veronesischen Malern des 16. Jahrhunderts
kommt Girolamo dai Libri eine besondere Bedeutung als Landschafter zu, und von
dem Ferraresen Lorenzo Costa darf man sagen, daß er auf dem Gebiet der Landschaft
wohl sein Bestes und Eigenstes geleistet hat. Die „Ruhe auf der Flucht“ der Sammlung
Joseph Reinach in Paris aus dem Schülerkreise Costas erinnert ein wenig an Altdorfer.
Reine Landschaftsbilder freilich, wie sie uns dieser deutsche Meister geschenkt hat, finden
wir in jenen Zeiten ebensowenig in Ober- wie in Mittelitalien. Aber verhältnismäßig
sehr früh setzt die Landschaft mit genremäßigen Staffagefiguren ein wie in Tizians