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(Nr. 130 und 131, Tafel 34) mögen als Willkomm von Schützengesellschaften gedient haben.
Den Höhepunkt der Gattung bezeichnet der stolze Silberkater der Nürnberger Familie
von Tetzel (Tafel 31), bei dem heraldische Stilisierung und natürliche Modellierung zu höchst
eindrucksvoller, lebendiger Wirkung sich vereinigen. Die hohe Wertschätzung merkwürdiger
Naturalien gab zu kostbaren Fassungen, wie sie der Hatzfeldtsche Nashornbecher von Esaias
zur Linden (Nr. 152, Tafel 40) aufweist, oder zu phantasievollen Bildungen den Goldschmieden
erwünschten Anlaß; selten ließen sie bei der pokalmäßigen Montierung der wegen ihres
schönen Farbenspiels beliebten Nautilusmuscheln und Seeschnecken (Nr. 148, 149, 153,
Tafel 39 und 41) sich Darstellungen von Seetieren und Meeresgottheiten entgehen.

Die figürlichen Silbergeräte der Sammlung Gutmann reichen mit der schönen Marienfigur
(Tafel 33) noch in die Spätgotik zurück, führen mit dem Bischof von Fr. Schönau, dem
Winzer oder Büttenmann (Tafel 33) und den fein modellierten Atlanten von Drenwett (Tafel 43)
in die Hochrenaissance hinüber und gipfeln in Joh. Lenckers auf einem Triton sitzender
Nereide und in dem von leonardeskem Geist berührten Reiter des Ulmer Goldschmieds
Kienle (Nr. 137 und 135, Tafel 36), beides Arbeiten von so künstlerischem Entwurf und
Schwung, daß sie auch den berühmtesten Meistern der Goldschmiedekunst zur Ehre gereichen
würden. Als eine Seltenheit ersten Ranges ist die Silbergruppe „David vor der Bundeslade
tanzend" (Nr. 151, Tafel 40) hervorzuheben. Das Stück ist als Teil eines größeren Ganzen,
vielleicht eines Silberaltars, nicht bezeichnet, gibt sich jedoch durch den sehr persönlichen
Stil und die Oberflächenbehandlung als ein Werk des Warburger Goldschmieds und Kupfer-
stechers Anton Eisenhoit zu erkennen, dessen sonstige, von J. Lessing veröffentlichte Arbeiten
aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts in Fürstenbergischem Besitz vereinigt sind. Es
gab damals wohl keinen zweiten Goldschmied in Deutschland, auch im Süden nicht, der rein
figürliche Aufgaben mit solcher Freiheit und Sicherheit hätte lösen können.

Mit den Goldschmiedarbeiten stilistisch eng verwandt sind die meist in Nürnberg ge-
fertigten Instrumente, Uhren und Automatenstücke aus vergoldetem Gelbguß von der Art
der Straußenuhr (Tafel 53) oder der laufenden Frauenfigur Nr. 202, Tafel 54. Das billigere
Metall bedingte nicht immer eine geringere Durchbildung; die reliefierte Deckplatte der
runden Tischuhr Nr. 199, Tafel 52 ist sowohl künstlerisch wie technisch guten Silberarbeiten
vollkommen gleichwertig. Die künstlerische Gestaltung solcher Geräte lag auch vielfach in
den Händen von Goldschmieden, und insbesondere hat der in der Mechanik und Mathematik
geschulte Wenzel Jamnitzer sich viel damit befaßt. Es ist deshalb nicht auffallend, daß die
Wage Nr. 200 deutliche Merkmale des Jamnitzerstils aufweist.

Bei den goldgefaßten Bergkristallgefäßen, die hier eine so hervorragende Gruppe
bilden (Tafel 20—24), stößt die Herkunftsbestimmung auf einige Schwierigkeiten, denn Meister-
zeichen waren bei diesen außerhalb des Zunftbetriebes entstandenen Kunstwerken nicht üblich.
Gewiß war Italien die eigentliche Heimat der vornehmen Edelsteinschneidekunst, die in erster
Linie, schon der materiellen Kostbarkeit halber, dem fürstlichen Luxus diente. Sie überschritt
jedoch schon im 16. Jahrhundert die Alpen und ist auch in Deutschland, seit Kaiser Rudolf II.
ihr seine besondere Gunst zuwandte, mit Erfolg betrieben worden, allerdings vielfach von
italienischen Künstlern. Wenn die Kristallgefäße, wie die Vase Tafel 22 und die Schale
Tafel 24, mit eingeschnittenen Bildern versehen sind, so ist es leichter, die italienische Arbeit
zu erkennen. Die Formen der Gefäße, die Umrißlinien, helfen weniger, weil sie oft durch die

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