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Fliegende Blätter — 10.1849 (Nr. 217-240)

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Nr. 234
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Hans Breidbach, der Goldschmied aus Freiburg. 139

und jagten uns hinaus, wobei mich auch einer ereilte und
tödten wollte. Da warf ich meine Wehr von mir, und bat
flehentlich um mein Leben, sagte, daß ich ein Bürger von
Freiburg sei und daß mich die Bauern gefangen hätten; da
schonte er meiner, drohte aber, daß er mich wollt hängen
lassen, wenn ich ihm die Unwahrheit berichtet hätte, und ließ
mich da gefangen hinter sich führen in ein Schloß; da lagen
noch mehrere Gefangene in dem Thurm.

Da hatte ich Zeit über mein Unglück nachzudenken, und
wußte nit, wie ich könnte errettet werden.

Bald war ich bekümmert, daß man mich tobte, und bald
war ich in Aengsten, daß man mich auf Freibnrg führe, wo
mich dann die Alte nit mehr würde entlaufen lan, und mich
die Amey Zeitlebens verschmähen würde, weil ich mit den
Bauern gezogen war, dachte dabei mit Thränen an den Schatz
zu Greifenstein, den ich schon halb in Händen hatte und den
jetzt ein anderer finden werde.

Nach zwei Tagen führte man mich aus dem Thurme in
1 einen Saal, da waren viele Edellente, die tranken und aßen,
und an einem Tische saßen einige mit einem Schreiber. Da
führte man mich zu ihnen; die frugen mich wer ich sei, und
wo ich wäre gefangen worden. Das sagte ich nun, und auch,
daß ich ein Bürger von Freiburg sei.

Ta fragte der Schreiber, ob ich das beweisen könne?
Da sprang einer der Edelleute, die am Tische saßen, auf,
schlug mit der Faust auf den Tisch und sagte mit zorniger
Stimme: Potz fünf Wunden, was darfs das! und fuhr mich
gar grimmig an, und sagte: sieh da, mit denen bist du ge-
flogen, mit denen mußt du auch hangen; und zeigte auf einen
Galgen, an dem gar viele Bauern hingen, und befahl, daß
man mich ohne Weiters fortführe.

Da war ich voll Jammer, daß ich so schmählich sterben
sollte, und ging gar traurig durch den Saal. Da rief einer
der Edelleute, die da tranken: Sammer potz Wunden! ist das
nit ein Freiburger? und da ich aufsah, war es Junker Hans
von Andlau, dem ich vor nit gar langer Zeit eine goldene
Kette gemacht hatte, denn er war oft in Freiburg und kannte
meinen Meister wohl. Dem fiel ich zu Füßen und bat ihn
weinend, daß er mich doch rette! Da fragte er mich, wie ich
unter die Bauern gekommen wäre? ich offenbarte ihm alles,
wie ich die Alte hätte weiden sollen, wie ich da fottgelaufen
und unter die Bauern gekommen wäre, die mich nit hätten
entlaufen laffen. Ta lachte er und sagte: So lauf jetzt! und
ließ mir einen Zettel geben, daß ich ungehindert ziehen könne.

Da dankte ich Gott und dem lieben Junker Hans in-
niglich, die mich vom Tode errettet hatten und zog eilends
von dannen. Sobald ich allein war, ging ich den Bergen
zu, denn mein Sinn stand mir nach deni Schatze im Keller
zu Greifenstein; suchte nur verborgene Wege und bat Gott
gar eifrig, daß er mir den Schatz bewahren möge.

Item da ich in den Wald kam, wo die Veste Greifenstein
liegt, war es schon spät, aber der Mond schien gar hell; da
klopfte mir das Herz unsäglich, als ich den Berg hinaufftieg
und das Schloß sah. Da war ein Stück eingefallen und Ge-

mäuer und angebranntes Holz lag ober deni Keller. Dies
freute mich höchlich, denn ich hoffte nun, daß der Schatz noch
da sei, und fing an, trug die Steine gar hübschlich fort, daß
mich Niemand hören möchte und hatte wohl bei fünf Stunden
zu thun, bis ich ein Loch machte, daß ich in den Keller
schlieffen konnte, aber da gettaute ich mir nit hinzugehen,
denn ich fürchtete, der Teufel »väre darin und hütet den
Schatz.

Da setzte ich mich auf einen Stein; es war mir gar wun-
derbar bang vor Furcht und Hoffnung, und als der Tag
anbrach, wagte ich's und kroch hinein. Da war der Boden
noch ganz naß von dem Wein, und als ich an den Ort trat,
wo. das Kistlein verborgen war, da zitterte ich vor Freude,
als ich merkte, daß Niemand da gegraben hat, brach schnell
den Boden auf, fand das Kästlein und daneben einen großen
Kasten, den konnte ich nit bewegen. Ta deckte ich alles wie-
der zu und suchte eine Gelegenheit, ivie ich die Sachen ver-
bergen könnte. Ich fand eine Ivüste Fclskluft, darin verbarg
ich das Kästlein und brach dann den Kasten auf, der war
voll silbern und vergoldter Stäuff (Trinkgeschirre) und Becher,
daß mir vor Freude die Sinne schier schwanden. Ich ttug
1 sie auch, so heimlich ich konnte in die Kluft und deckte alles
mit Moos imd Steine gar sorgsam zu ; war aber dabei in
großer Angst und Furcht, denn wenn der Wind wehte, oder
, ein Haas oder Vogel im Laube rauschte, so fürchtete ich inich,
man hätte mich entdeckt. Da ich alles vergraben hatte, ging
ich in ein Dorf, das da im Thale liegt, da waren nur arine
Weiber und Kinder und alte unvermögliche Männer, denn
von den Bauern war eine unsägliche Zahl zu Kupfftein und
noch viel mehr zu Zabern erschlagen worden. Item ich ge-
dachte nun auf Freiburg zu ziehen und eine Gelegenheit zu
suchen, die Amey zu sehen und ihr mein Glück zu sagen,
auch von ihr zu vernehmen, ob ich jetzt an ihren Vater wohl
gelangen dürfe, und hoffte, daß ich meine Schrift vielleicht
mit etwas Geld von der Alten lösen könnte, weil sie so geizig
ivar, und zog nun des nächsten auf Freiburg zu, kaufte zu
Neukilch einen Bauernkittel und einen Korb mit Eier, schwärzte
mein Gesicht, daß man mich nit erkenne, und wollte, wenn
ich nierkte, daß der Rathsherr nit zu Hause sei, mit meinem
Krani zur Amey. Da ich auf den Markt kam und nach
ihrem Hause sah, da war es nit mehr und das Gemäuer
lag am Boden. Deß erschrack ich über die Massen und trat
binzu und bettachtete das abgebrannte Haus gar ttaurig.
Da kam ein altes Weib, das ftagte mich: Bauer, was siehst
du da? Da sagte ich, wie ich den Herrn und seine Tochter
wohl gekannt habe, denen dies Hans gehörte, und fragte nach
ihnen. Da berichtete sie mich, wie vor 10 Tagen der Blitz
in das Haus geschlagen und den Rathsherrn getödtet habe,
daß die Amey in das Schweizerland gezogen sei zu einer
Muhme, die sie da hatte, denn sie habe keine Verwandte in
Freiburg, die sie erhalten könnten; und sagte gar viel Gutes
von ihr, aber den Vater wollte sie nit rühmen.

(Schluß folgt)

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