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all' den andern Weibern — was ein Prinz ist unter Eseltreibern;
und ich will sie loben und preisen, — denn sie gibt mir nur
meine Lieblingsspeisen, — und ihr gebührt noch besonders Dank, -
daß sie meinen liebsten Trank — für billigen Preis — zu bereiten
weiß — und so wundernett — den köstlichen Sorbett. — Und ich
sah sic im Traum - treten in meinen Werkstattsraum — mit
freundlichem Grüßen, — eine Schale in der Hand, — die war
voll bis zum Rand — mit dein Trank, dem süßen. — Du aber
standest vor mir im Zimmer — und redetest immer. — Als Dein
Ohr nun vernahm, - - daß Jemand zu uns kam — da wandtest
Du Dich um mit einem Male, — und mein Weib stieß mit der
Schale — an Deinen Arm; — daß sich Allah erbarm', — ich meinte,
ich sollte sterben, - das Gefäß lag in Scherben, — und der herr-
liche Trank — floß den Boden entlang. — Da schalt ich tüchtig:
Du bist unvorsichtig, — siehst Du, wie die Schale mit dem was
d'rin ist — jetzt hin ist; — zu meinem großen Leide, — Du mußt
bezahlen alle Beide. - - Du aber sagtest frechen Gesichts: — „ich
zahle Nichts!"
„„Ei"", fiel hier ein der Barbier, ■— „„das war auch ganz
recht von mir. — Wenn mir Dein Weib - kommt auf den Leib
und stößt mit der Schale, ----- da war' ich — erklär' ich — ein
Kamccl, wenn ich zahle."" —
„Wenn Du erst ruhig auf der Stelle stehst — und Dich dann
plötzlich schnelle drehst, — so hast Du die Schuld, - und mir reißt
die Geduld; — wer kann auch wissen, -- ob Du's nicht mit Ab-
sicht zerschmissen; — und ich sage noch hundert Male — Du
mußt ersetzen das Getränk und die Schale. — Und erlaube, daß
ich noch bemerke, — bezahlen war nie Deine Stärke!" —
Da verließ den Achmed jede Feinheit, — und er rief: „Das
ist eine Gemeinheit! — Das nehme ich nicht geduldig hin, — ich
bezahle alles was ich schuldig bin. — Aber Du bist ein Krakel,ler
— ein Menschenquäler; — ich soll büßen für Eure Fehler, — ^'
ist nach meiner Bemessung — eine Erpressung."
Da kam Hassan in gesunde Wuth — und schrie: „Du tzM
blut, — Du Geldgierer und Pflasterschmierer, — Du elender Kinn
kratzer, — Du quälender Unsinnschwatzer, — ist das der Lohn
die Ehre, — daß ich nrit Dir verkehre?!" — Da sprang Achmed
in Wuth empor, — nahm sein Tschibukrohr — uub schlug ja,,,
damit über's Ohr. —
Uitb der Andere wandte alle Kraft an — und packte Achmed
am Kaftan — und warf ihn mit Wuthgezisch — gegen den Kasfee-
tisch, — so daß alles, was d'rauf war, — nur noch ein Scherben-
Hanf war. —
Und auf den Lärm und das Geschrei — stürzte der WiM
herbei — und die Männerschaaren, — die im Saale waren. -
Die rißeu auseinander die Beiden, — und der Wirth verlangtc
bescheiden, — es sollten die Zerbrecher — für die Schalen und
Becher, — die am Boden lagen, — die Kosten tragen. —
Doch da die Beiden das verweigert, — und ihre Wuth sich
noch steigert, — sprach der Wirth zu den Gästen: „Dann ist es
am besten, — daß lvir die bösen Streiter, — die Schadenbereiter
— die Unfugleiter — und so weiter — zum Kadi bringen, — der
wird sic schon zwingen." —
Und alle, die es hörten, die von dem Unfug Empörten, —
sagten: Das ist unsere Pflicht, — rrnd sie führten die Beiden vor
Gericht. — —
Der Kadi, der Menschenkenner, — sah scharf an die beiden
Männer — und sprach mit ernstem Gesichte: „Erzählt mir Eure
Geschichte, — damit ich richte."
Und die Beiden begannen zu sagen, - wie alles sich zngetragen,
— und auch der Wirth erhob seine Klagen.
Und der Kadi: „Sagt, ob Ihr vor der Zeit, — da
Ihr Euch entzweit, — gute Freunde gewesen seid?" —
ttnd es entgegnet der Seidenweber: „Allah sei Dir
ein Freudengeber — und ein Freudenerhalter — bis in's
späteste Alter, — ja, ich war für ihn zu jedem Dienst
bereit, — eh' er begonnen den Streit -- "
Aber hier — unterbrach ihn der Barbier: — „Du
Urbild eines gerechten Richters, — Du Schrecken alles
schlechten Gelichters — Du Weisheitsbronnen, — ich
habe den Streit nicht begonnen; — er hat mich belügen
wollen — und mich betrügen wollen —" — „,,OH, Du
Lügendichter! — Du Verleumdungstrichter I"" —
Doch der Kadi unterbrach — und sprach: — „Ihr
schweigt alle Beide — und hört, tvie ich entscheide: —
Was Ihr dem Wirthe zerschlagen, das soll Jeder zur
Hälfte tragen, — und dann bekommt Ihr ohne Gnade
— Beide die Bastonade!"
Und einem Sclaven hat er befohlen, — den Ochsen-
ziemer zu holen. — „Und nun entblößt Eure Sohlen!"
— Und die Beiden weinten und flehten - zu Allah und
seinem Propheten, — er möge die niedrigsten seiner Selaven, — nicht so
fürchterlich strafen. —
Da lächelte leise — der Richter, der weise, — und es sprach der vcrstandes-
reiche: — „Ihr bekommt Jeder zwanzig Streiche; — der Weber gibt sie, Achmcd,
Dir, — und Hassan erhält sie vom Barbier, — Jeder von Beiden vier zur
Zeit! — Nun macht Euch bereit!"
Und es begann der Barbier - mit den ersten vier. — Doch des Webers
Sohlen — berührt er verstohlen — ganz leise und sacht, — denn er hat im
Stillen gedacht — der kluge Mann: gleich bin ich selber d'ran. —
all' den andern Weibern — was ein Prinz ist unter Eseltreibern;
und ich will sie loben und preisen, — denn sie gibt mir nur
meine Lieblingsspeisen, — und ihr gebührt noch besonders Dank, -
daß sie meinen liebsten Trank — für billigen Preis — zu bereiten
weiß — und so wundernett — den köstlichen Sorbett. — Und ich
sah sic im Traum - treten in meinen Werkstattsraum — mit
freundlichem Grüßen, — eine Schale in der Hand, — die war
voll bis zum Rand — mit dein Trank, dem süßen. — Du aber
standest vor mir im Zimmer — und redetest immer. — Als Dein
Ohr nun vernahm, - - daß Jemand zu uns kam — da wandtest
Du Dich um mit einem Male, — und mein Weib stieß mit der
Schale — an Deinen Arm; — daß sich Allah erbarm', — ich meinte,
ich sollte sterben, - das Gefäß lag in Scherben, — und der herr-
liche Trank — floß den Boden entlang. — Da schalt ich tüchtig:
Du bist unvorsichtig, — siehst Du, wie die Schale mit dem was
d'rin ist — jetzt hin ist; — zu meinem großen Leide, — Du mußt
bezahlen alle Beide. - - Du aber sagtest frechen Gesichts: — „ich
zahle Nichts!"
„„Ei"", fiel hier ein der Barbier, ■— „„das war auch ganz
recht von mir. — Wenn mir Dein Weib - kommt auf den Leib
und stößt mit der Schale, ----- da war' ich — erklär' ich — ein
Kamccl, wenn ich zahle."" —
„Wenn Du erst ruhig auf der Stelle stehst — und Dich dann
plötzlich schnelle drehst, — so hast Du die Schuld, - und mir reißt
die Geduld; — wer kann auch wissen, -- ob Du's nicht mit Ab-
sicht zerschmissen; — und ich sage noch hundert Male — Du
mußt ersetzen das Getränk und die Schale. — Und erlaube, daß
ich noch bemerke, — bezahlen war nie Deine Stärke!" —
Da verließ den Achmed jede Feinheit, — und er rief: „Das
ist eine Gemeinheit! — Das nehme ich nicht geduldig hin, — ich
bezahle alles was ich schuldig bin. — Aber Du bist ein Krakel,ler
— ein Menschenquäler; — ich soll büßen für Eure Fehler, — ^'
ist nach meiner Bemessung — eine Erpressung."
Da kam Hassan in gesunde Wuth — und schrie: „Du tzM
blut, — Du Geldgierer und Pflasterschmierer, — Du elender Kinn
kratzer, — Du quälender Unsinnschwatzer, — ist das der Lohn
die Ehre, — daß ich nrit Dir verkehre?!" — Da sprang Achmed
in Wuth empor, — nahm sein Tschibukrohr — uub schlug ja,,,
damit über's Ohr. —
Uitb der Andere wandte alle Kraft an — und packte Achmed
am Kaftan — und warf ihn mit Wuthgezisch — gegen den Kasfee-
tisch, — so daß alles, was d'rauf war, — nur noch ein Scherben-
Hanf war. —
Und auf den Lärm und das Geschrei — stürzte der WiM
herbei — und die Männerschaaren, — die im Saale waren. -
Die rißeu auseinander die Beiden, — und der Wirth verlangtc
bescheiden, — es sollten die Zerbrecher — für die Schalen und
Becher, — die am Boden lagen, — die Kosten tragen. —
Doch da die Beiden das verweigert, — und ihre Wuth sich
noch steigert, — sprach der Wirth zu den Gästen: „Dann ist es
am besten, — daß lvir die bösen Streiter, — die Schadenbereiter
— die Unfugleiter — und so weiter — zum Kadi bringen, — der
wird sic schon zwingen." —
Und alle, die es hörten, die von dem Unfug Empörten, —
sagten: Das ist unsere Pflicht, — rrnd sie führten die Beiden vor
Gericht. — —
Der Kadi, der Menschenkenner, — sah scharf an die beiden
Männer — und sprach mit ernstem Gesichte: „Erzählt mir Eure
Geschichte, — damit ich richte."
Und die Beiden begannen zu sagen, - wie alles sich zngetragen,
— und auch der Wirth erhob seine Klagen.
Und der Kadi: „Sagt, ob Ihr vor der Zeit, — da
Ihr Euch entzweit, — gute Freunde gewesen seid?" —
ttnd es entgegnet der Seidenweber: „Allah sei Dir
ein Freudengeber — und ein Freudenerhalter — bis in's
späteste Alter, — ja, ich war für ihn zu jedem Dienst
bereit, — eh' er begonnen den Streit -- "
Aber hier — unterbrach ihn der Barbier: — „Du
Urbild eines gerechten Richters, — Du Schrecken alles
schlechten Gelichters — Du Weisheitsbronnen, — ich
habe den Streit nicht begonnen; — er hat mich belügen
wollen — und mich betrügen wollen —" — „,,OH, Du
Lügendichter! — Du Verleumdungstrichter I"" —
Doch der Kadi unterbrach — und sprach: — „Ihr
schweigt alle Beide — und hört, tvie ich entscheide: —
Was Ihr dem Wirthe zerschlagen, das soll Jeder zur
Hälfte tragen, — und dann bekommt Ihr ohne Gnade
— Beide die Bastonade!"
Und einem Sclaven hat er befohlen, — den Ochsen-
ziemer zu holen. — „Und nun entblößt Eure Sohlen!"
— Und die Beiden weinten und flehten - zu Allah und
seinem Propheten, — er möge die niedrigsten seiner Selaven, — nicht so
fürchterlich strafen. —
Da lächelte leise — der Richter, der weise, — und es sprach der vcrstandes-
reiche: — „Ihr bekommt Jeder zwanzig Streiche; — der Weber gibt sie, Achmcd,
Dir, — und Hassan erhält sie vom Barbier, — Jeder von Beiden vier zur
Zeit! — Nun macht Euch bereit!"
Und es begann der Barbier - mit den ersten vier. — Doch des Webers
Sohlen — berührt er verstohlen — ganz leise und sacht, — denn er hat im
Stillen gedacht — der kluge Mann: gleich bin ich selber d'ran. —
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Urtheil des Kadi"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 108.1898, Nr. 2861, S. 258
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg