Fliegende Blätter (110.1899 (Nr. 2788-2813))

C* Der Hofnarr. A


Ws gab der König rät frohes Mahl —

Hell schäumte der Wein" in jedem Pokal;
Der Hofnarr erdachte manch' tollen Streich —
Ob König, ob Knappe — es galt ihm gleich;

Er hatte für Jeden ein treffend' Wort,

Sein sprühender Witz riß Alle fort.

Da erhob sich der König von feinem Sitz
Und sprach: „Ihr hörtet des Narren Witz, —
Und wie er gesprungen und wie er gelacht,

Das hat uns Allen viel Spaß gemacht;

Doch schlietzlich — es ist seine Schuldigkeit —
Lein Amt ist: Lachen und Lustigkeit;

Cs hebt sich die Drust, er athmet schwer,
Und erwidert also des Königs Begehr:
„Mein närrisches Lachen, mein toller Witz,
Du hast ste gekauft — ste stnd Dein Besch;
Du zahlst ste mir bar mit blankem Gold,
Sie stehen gerne in Deinem Sold;

Die Thräne aber — die Schmerzen
stillt,

Die tröstend mir aus dem Auge quillt,
Bleibt mein — trotz Narren- und Diener-
Pflicht,

Ich zahl ihn dafür mit Gold und Gunst —
Cs ist fein Erwerb, sein Beruf, seine
Kunst.

Doch soll er Uns heute weit mehr erfreu'n,
Heut' last' er die Schnurren, das Lachen
sein. . .

Herr Leibnarr — will Cr mich nicht ver-
steh'n?

Heut' will ich den Narren weinen seh'n!"

Der betrachtet den König, sein Mund ist

stumm,

Dann blickt er ernst im Greise herum,

Die Thräne — König

verkauf' ich
nicht!«

Ernst Stans.