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C° Die schrecklichste Strafe. ^

n der guten alten Zeit in Bayern war es, da die Getreide-
bauern noch vierspännig zur Schranne fuhren und
L&jjv die schwersten Räusche mit Kronenthalern zu bezahlen
in der Lage waren. Line solenne Rauferei durfte ;—2
Karlin hinterdrein Gerichtskosten verursachen — der Strafbetrag
spielte gar keine Rolle; Iungburschen und Bauern hatten Geld
und lachten über solche Strafen.

Im Bezirk 3c ärgerte sich Se. Gnaden der perr Landrichter
schwer über den Uebermuth der reichen Bauern wie über die enorme
Zunahme der Raufhändel. Der Landrichter beschloß, immer auf
gesetzlicher Basis, die Raufexcesfe mit „Linsperren" zu bestrafen
und decretirte Gefängnißstrafen in pülle und Fülle. Doch die
Raufbolde, im nüchternen Zustande brave, seelengute Menschen,
ließen sich einsperren; die Linen willig, gutmüthig, Andere in-
grimmig darüber, daß das sonntägliche, „harmlose" Vergnügen
des Zuschlagens mit Maßkrügen und Stuhlbeinen nicht wie bisher
mit etlichen Karlin gesühnt werden konnte. Lang währte indeß
der Freiheitsentzug nicht; am nächsten Feiertag konnte man wieder
lustig sein und nach perzenslust auf Bauernschädel, die in der
alten Zeit bedeutend fester gebaut waren, losdreschen. Im Bezirk 3c
spielte ein „schwerer" Iungbauer eine geradezu dominirende Rolle
als gefürchteter Sonntagsraufer, der nicht nur für feine Person
ein gefährlicher Draufgänger war, sondern auch die streitbare
Burschenschaft seines Dorfes regelrecht zum Kampf gegen die
Burschen und Bauern des Nachbardorfes führte und mit strateg-
ischem Talent veritable wirthsschlachten zu insceniren verstand.

Nach einer solchen Schlacht, deren Materialschaden indeß vom
Iungbauern wastl nach eingetretener Ernüchterung nobel bis auf
den letzten Pfennig vergütet wurde, erstattete der „Kübi"*) dem
Landrichter Anzeige gegen den Rauferkönig wastl, und der Ge-
strenge beschloß nun, den vermaledeiten Raufbold „füriz'fangen"
und exemplarisch zu bestrafen. Im ersten Zorn dachte der Land-
richter an Verabreichung von ungebrannter Paselasche; doch nach
einiger Ueberlegung fand der Gestrenge die Prügelstrafe zu gelinde
für einen notorischen Raufbold. Man muß da schon empstndlicher
strafen, energischer Vorgehen, damit dem Draufgänger die Rauflust
auf einige Zeit vergeht und zugleich die Gelegenheit zum Drein-
schlagen genommen wird.

lieblich zu jener Zeit war das gefürchtete — lvirths-
hausverbot auf eine bestimmte Zeit und für einen bestimmten
District.

Zur Verschärfung decretirte der Landrichter nach Prüfung
des Sachverhaltes für den lVastl das lvirthshausverbot für den
ganzen Landgerichtsbezirk auf die Dauer eines halben Jahres,
dazu noch acht Tage Arrest zum Nachdenken. Mit der Ver-
kündigung dieses Urtheils wurde der junge Rechtspraktikant be-
traut, damit dieser Gelegenheit zur Uebung im Parteienverkehr
erhalte.

Der Rechts Praktikant citirte denn auch besehlgeinäß den lVastl
in die Kanzlei, liebles ahnend, zaghaft erschien der hünenhafte
Bursch, grüßte höflich und fragte unsicher nach dem Begehren
des perrn Vice-Landrichter.

„Ich bin heute der regierende Rechtspraktikant und beauftragt,
Ihm das landrichterliche llrtheil wegen des Rauferceffes in G.
zu verkünden!"

Der stämmige Bursch reckte sich und sprach: „Ah so wohl?!
Da will also der Landrichter selber nixen verhandeln in dera Sach'?"

„Nein! Lr ist Sr. Gestrengen zu wenig und zu gvob, .
Urtheil ist aber ganz so, wie es für Ihn, einen berüchtigten 2 £“5
alleinig richtig erscheint!" 9uK

„wird net so g'fährlich werden, wenn der LandriM», v
Sach' net selber in die pand nimmt!"

„Abwarten! wirst es gleich spüren, ob die Such' a'stl r
ist! Also! Das Königliche Landgericht hat für den Iunabaiw !
wastl folgendes Urtheil erlassen: Acht Tage Arrest
wirthshausverbot auf ein halbes Jahr für ^
ganzen Gerichtsbezirk!"

„>f, Maria und Joseph! Für — den — ganzen -
Iatzt is 's aus!"

„Gelt, da schaust, wastl! Diesmal hast Deine Sach' gohöch
kriegt! Geschieht Luch aber ganz recht! warum rauft Er st
fürchterlich und jeden Sonn- und Feiertag!"

„Ich bitt' um aller peiligen willen, ich thu' 's g'wiß nimmer!"

„Papperlapapp! Das sagt Lr heut', am nächsten Sonntag
haut Lr aber Alles kurz und klein! Lr ist eben ein notorischer
unverbesserlicher Raufbold und Stänker!"

„Um Gott'swillen, perr, habt's ein Linsehen! Wenn'; schon
fern muß — die acht Täg' sitz' ich ja gern ab! Aber um aller
peiligen willen, nur net 's wirthshaus verbieteir — aus war's
und gar wär's! Die Schand'! Und der Spott! Ich kunnt' mtcb
ja gar nimmer halten dahoam! Nur dös net, perr, nur dös net!'

Trocken, in voller Amtswürde, erwiderte der Praktikant, das
von einem Nachlaß der Strafe keine Rede sein könne.

Nun ftel wastl in die Knie', hob die pände empor und

flehte um Gnade und Barmherzigkeit.

„Nutzt nichts! Lr ist als unverbesserlicher Raufer gerichts
bekannt, des Gefteren schon mit Geld abgestraft! Ls gibt jetzt
keine Rücksicht mehr!"

„perr Assesser! pabt's ein Linsehen! Der letzte Unecht in'1!!’
'"ich höhnen und spotten! Der miserablichste Tropf ist mehr«
wie ich und dcrf in's wirthshaus, g'rad ich net! Dös überleb'
ich net! Die ganz Repatation geht zum Teust! Iessas, 3cffns'
"a! Und der alt' Vater erst! Und 's Diandl! Bald ich 's Diaibl

*) Gendarm, damals mit einem lübelähnlichen Czako auf dem Haupt.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die schreckliche Strafe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Kriwer, Josef
Entstehungsdatum
um 1901
Entstehungsdatum (normiert)
1896 - 1906
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 114.1901, Nr. 2908, S. 194
 
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