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F r e m b e r:

„Sagen Sie 'mal, ich möchte
gern mit der Pferdebahn nach dem
Bahnhof fahre:: — finde mich aber
absolut nicht zurecht. Die Wagen
haben ja gar keine Schilder, auch
nicht verschiedene Farben, an denen
man die Linien erkennt!"

Einheimischer:

„Das ist Hier alles nicht nöthig!
Wir haben nur zwei Linien und die
kennen wir an den Schasfnern. Der
eine mit dem Bart und den ab-
stehenden Ohren fährt zum Heuberg
und der andere mit der rothen Nas'
nach dem Bahnhof — da können Sie
gar nicht fehlgehen I"

Catilitt«.

ich Tannenberg war Professor am Gymnasium einer
Provinzstadt. Hervorragend tüchtig als Philolog und
Pädagog, bewährte er sich auch als ein Mann von großer
Herzensgute und angenehmen Umgangsformen. Hu Freundes-
kreisen sah man ihn gerne; in Damenkreisen vielleicht auch, denn
er war noch Junggeselle. Daran war nicht sein warm pulsirendes
Herz schuld, welches sich ganz nach der Regel conjungiren ließ;
aber er hatte schon ein paar bittere Enttäuschungen erfahren
müssen. Zuerst liebte er Tommerzienraths Rät hi — innig, unaus-
sprechlich , getraute sich
aber nicht, von dieser
Liebe an: gehörigen Orte
und zur rechten Zeit
Mittheilung zu machen.
Lines Tages heirathete
sie ihm ein Rriegsmann
vor der Rase weg.

Dann verliebte er sich
in Rentamtmanns Lina,
welcher er seine Gefühle
nicht verschwieg. Das
that sie auch nicht und
theilte ihm nrit, daß ihr
Herz bereits verpfändet
sei. Run ließ er ab von
der Freiwerberei , zog
sich aus der Damengesell-
schaft zurück und widmete
sich nur feinen Freunden. Sein Herz jedoch wollte nicht gesunden;
er litt zeitweise an Melancholie und endlich sing er — zu dichten
an. All sein Lieben, Sehnen und Hoffen kleidete er in Reiine und
brachte die Rinder seiner Muse kostenlos in der Unterhaltungs-
beilage des städtischen Moniteurs unter. Das trug ihn: zwar
keinen materiellen Gewinn, aber manche schmeichelhafte Beinerk-
ungen ein, die ivie Honigtropfen in sein verbittertes Geinüth
flössen und seinen Genius zu neuen: Schaffen anspornten.

Endlich begeisterte er sich für eine große That; er unter-
nahn:, ein klassisches Drama zu schreiben. Er grübelte lange
über den Helden seiner Tragödie und die damit in Verbindung

zu bringenden edlen Frauen, und
so kam es, daß er sein Opus:

„Latilina" benannte.

Und siehe da! Die Arbeit ge-
lang ihm über die Maßen gut.

Die traurige Thatsache, daß sich
kein Verleger für sein Trauerspiel
interessirte, entmuthigte Tannen-
berg nicht. Er ließ seinen „Eati-
lina" auf eigene Rosten drucken.

Dann veranstaltete er einen Recitationsabend. Es erschienen hiebei

drei junge und fünf ältere Dainen, sowie eine Anzahl von Gym-
nasiasten, welch' letztere ihren Beifall in wohlwollendster Meise
kundgaben. Von seinen Freunden hatte sich leider Reiner be-
theiligt. Hn der Buchhandlung des Ortes hatte Tannenberg
einen großen Vorrath des neuesten Merkes aufgestapelt. Hn vier-
zehn Tagen waren schon zwei Exemplare verkauft worden; Frei-
exemxlare coursirten dagegen bereits in allen größeren Städten
Europas. Tannenbergs Freunde sagten viel Artiges über den
„Eatilina", aber kaufen wollten sie ihn doch nicht — nicht einmal
zum Ausborgen ließen sie sich herbei.

Der Professor ertrug diesen Hndifferentismus mit Mürde und
vornehmer Schweigsamkeit. Da erhielt er eines Tages die Ein-

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Unnöthig" "Catilina"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Albrecht, Henry
Meissl, August von
Entstehungsdatum
um 1902
Entstehungsdatum (normiert)
1897 - 1907
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 116.1902, Nr. 2967, S. 267
 
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