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Der fünfte Sang war's, den er jüngst vollendet.
!m Drachtgestühle an des Drunkfaal's Wand
Dahm das Kapitel ?Iatz und hielt gespannt
Die Lücke zu dem edlen Saft gewendet.
Der Dichten liest. Man fühlt das bange Weh
Des Opferlammes in Sethfemane;
Man glaubt fein Sleh'n, fein Mgftgeftöhn' zu hören;
Man sieht das Blut, das aus den ?oren dringt. —
6s schlagt die Ohr, das ^oraglöcklein klingt;
Doch Diemand will sich an sein Lahnen kehren.
Da zwingt ein IWglaut, der durch's Ammer zieht,
Den Defer auszublicken, und er sieht
Don schmerzergrisfnen Schwestern sich umrungen:
Die hat ihr nasses Angesicht verhüllt,
Die steht wie ein versteinert Jammerbild,
Ond Jene halten weinend sich umschlungen.
Serührt in's feuchte Schwärmeraug' und drückt
Die Kippen auf die Stirne der verklärten.
6rschreckt, verwirrt springt sie empor, entflieht
Ond stürzt, von jungfräulicher Scham erglüht,
Sich ungestüm der Leisterin zu Süßen.
Doch die spricht milde lächelnd: „Sei nicht bang!
Der Dichtermund, der Sottgeweihtes sang,
Darf auch die Stirn der Sottgeweihten küssen."
„Sein Duhm wird siurmesgleich die Welt durchweh'n,
Dergessen wird Dein Dame untergeh'n.
Doch wie ein Stern auf Deinem 6rdenpsade
Wird leuchten bis an Deines Daseins Schluß
Der erste und der letzte Lanneskuß,
Den Dir der Sänger gab der Lefsiade."
0. ^ennjlock.
Sie (in der Conditorei): „Es wird Ihnen doch nicht
schlecht, mein Herr?" — Er: „Ach ja, als Erkennungszeichen
sollte ich hier am Tisch einen Wienerkrapfen essen, schrieben Sie
mir, und weil Sie so lang ausblieben, habe ich nicht weniger
wie acht vertilgt!"
Vergänglich Keit.
(Aus dcm Tagevuche eines pessimistischen Backfisches.)
Wenn die Sonne untergeht,
wird der Himmel blaß und fahl,
Aus dem schonen Leutenant
wird ein grauer General.
Deeee,
Ond schluchzend tritt die Jüngste aus der Schaar,
Saft noch ein Sind. Das gold'ne Drauselhaar
Quillt widerspenstig aus der Donnenhaube.
„Eab' Dank!" so ruft sie, als der Dichter schloß.
„Jetzt erst ermeß' ich ganz, wie namenlos
Die Diebe dessen war, an den ich glaube."
„2um erstenmal ries, seit dies' Lünster steht,
Die Slocke uns vergeblich zum Sebet —
Sott wird's verzeih'n, ward gleich fein Dienst verspätet.
Denn niemals war er uns so nah wie heut',
Die schien mir größer seine Herrlichkeit,
Die hat mein Der; inbrünstiger gebetet."
Die Qolde spricht's, sinkt in die Me' und will,
Desiegt von überströmendem Sesühl,
Die ljand des Dichters küssen, des verehrten.
Der aber hebt ihr Köpfchen auswärts, blickt
Gefährliches Erkennungszeichen.
Der fünfte Sang war's, den er jüngst vollendet.
!m Drachtgestühle an des Drunkfaal's Wand
Dahm das Kapitel ?Iatz und hielt gespannt
Die Lücke zu dem edlen Saft gewendet.
Der Dichten liest. Man fühlt das bange Weh
Des Opferlammes in Sethfemane;
Man glaubt fein Sleh'n, fein Mgftgeftöhn' zu hören;
Man sieht das Blut, das aus den ?oren dringt. —
6s schlagt die Ohr, das ^oraglöcklein klingt;
Doch Diemand will sich an sein Lahnen kehren.
Da zwingt ein IWglaut, der durch's Ammer zieht,
Den Defer auszublicken, und er sieht
Don schmerzergrisfnen Schwestern sich umrungen:
Die hat ihr nasses Angesicht verhüllt,
Die steht wie ein versteinert Jammerbild,
Ond Jene halten weinend sich umschlungen.
Serührt in's feuchte Schwärmeraug' und drückt
Die Kippen auf die Stirne der verklärten.
6rschreckt, verwirrt springt sie empor, entflieht
Ond stürzt, von jungfräulicher Scham erglüht,
Sich ungestüm der Leisterin zu Süßen.
Doch die spricht milde lächelnd: „Sei nicht bang!
Der Dichtermund, der Sottgeweihtes sang,
Darf auch die Stirn der Sottgeweihten küssen."
„Sein Duhm wird siurmesgleich die Welt durchweh'n,
Dergessen wird Dein Dame untergeh'n.
Doch wie ein Stern auf Deinem 6rdenpsade
Wird leuchten bis an Deines Daseins Schluß
Der erste und der letzte Lanneskuß,
Den Dir der Sänger gab der Lefsiade."
0. ^ennjlock.
Sie (in der Conditorei): „Es wird Ihnen doch nicht
schlecht, mein Herr?" — Er: „Ach ja, als Erkennungszeichen
sollte ich hier am Tisch einen Wienerkrapfen essen, schrieben Sie
mir, und weil Sie so lang ausblieben, habe ich nicht weniger
wie acht vertilgt!"
Vergänglich Keit.
(Aus dcm Tagevuche eines pessimistischen Backfisches.)
Wenn die Sonne untergeht,
wird der Himmel blaß und fahl,
Aus dem schonen Leutenant
wird ein grauer General.
Deeee,
Ond schluchzend tritt die Jüngste aus der Schaar,
Saft noch ein Sind. Das gold'ne Drauselhaar
Quillt widerspenstig aus der Donnenhaube.
„Eab' Dank!" so ruft sie, als der Dichter schloß.
„Jetzt erst ermeß' ich ganz, wie namenlos
Die Diebe dessen war, an den ich glaube."
„2um erstenmal ries, seit dies' Lünster steht,
Die Slocke uns vergeblich zum Sebet —
Sott wird's verzeih'n, ward gleich fein Dienst verspätet.
Denn niemals war er uns so nah wie heut',
Die schien mir größer seine Herrlichkeit,
Die hat mein Der; inbrünstiger gebetet."
Die Qolde spricht's, sinkt in die Me' und will,
Desiegt von überströmendem Sesühl,
Die ljand des Dichters küssen, des verehrten.
Der aber hebt ihr Köpfchen auswärts, blickt
Gefährliches Erkennungszeichen.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Dichterkuß" "Gefährliches Erkennungszeichen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 117.1902, Nr. 2975, S. 52
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg