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St. Niklas und der kV o lf.


all' sein vieles weihnachtsgut auf einen
Schlitten geladen. Damit waren die lieben
Englein, die mit ihm zogen, die „Lhrist-
kindeln" treppauf treppab in die hohen
Raufer zu tragen — wozu 5t. Niklas all-
gemach der Athen: gebrach — gar wohl
zufrieden. 5ie hockten auf des Rößleins
Rucken oder saßen weich und warn: unter
der Schlittendecke; nur eins flog voraus,
mit dem Laternlein den weg zu weisen.

wie sie so durch einen tiefen, tiefen
Wald kainen, sahen sie hinter einem Strauch
einen Wolf lauern, „Heda, Meister Ise-
grim:::, was schaffst du hier so spät?" rief
ihn 5t. Niklas an. — „Schert Luch zum
Teufel!" knurrte der Wolf. „Ihr vergrämt
mir das Rehkalb, das ich erlegen will als
braten!"

Fest- und wie ihm die Engel Stollen und Lebküchel zur Atzung boten, schnappte
er ihnen nach den Fingern.

„wehe, du waldrian, hast du nicht vernommen
des Herren Wort, das heute durch die Welt geht:
,Friede auf Erden!'? — Gleich thu dein Mordgewehr
bei Seite und folge mir nach!"

Da der heilige Mann große Gewalt hatte über
Mensch und Thier, barg der Wolf sein Gewaffen
brummend in einen: hohlen Baum, daß er es nach
wilddiebsart leichtlich möge wiederstnden, und folgte

dem Heiligen; als der Schnee immer tiefer wurde,
half er sogar den Schlitten schieben.

wie nun die Nacht hereinbrach und ein Herbergen
rathsam schien, kamen sie an ein Einsiedelhäuslein,
dessen Einsasse vor Jahr und Tag gestorben war.
Seither stund das Häuslein leer, und in dem Lremiten-
glöckl hatten im Soinmer die Schwalben eingenistet. Da
hielten sie Linkehr. Die lieben Lnglein schürten den
Ofen an, der heilige Niklas stellte den Kaffeetopf
zum Feuer, nahm aus den: Schlitten Lhriststollen und
Machandelküchlein, und so hielten sie ein einfach' und
bescheiden' Nachtinahl. Der Wolf, der des verpaßten
Rehkälbleins gedachte, schaute gar grimmig d'rein,

„Isegrinun, Schnapphahn,

Für was schan'ft du unsere Händchen an?"

fragten ihn die Englein. Der Wolf antwortete:

„Schnipp, schnapp,

Magen schlapp,

Händlern fein,

Ich dacht', cs sei ein Läminerbein!"

Da verwies ihn: der heilige Niklas solch' bös Gelüsten mit scharfer
Rede. Der Wolf aber, den der Hunger plagte, hob die Zähne hoch, aß
indessen gleichwohl Lhriststollen und Machandelkuchen. Dann legten sie
sich zur Ruhe und schliefen bald ein; nur der Wolf hatte eine gar böse
Nacht ob der ungewohnten Atzung, und am Morgen war ihn: windelweh
zu Muthe. — wie sie dann weiterzogen, kainen sie in: Walde an das
Haus, wo des Königs Förster wohnte.

„was schenkst Du des Försters Buben zum Lhristkindlein?" fragte der
Wolf. „Hei", antwortete der heilige Niklas, „den: schenk' ich Rucksack
und Iägerhut und ein Büchslein dazu, daß er ein Jäger werde und die
Thiere des Waldes erlegen lerne wie sein Vater!"

„Ganz recht!" sagte der Wolf, und die Englein legten das „Lhristkindl"
vor des Försters Thür'.

Nach einer weile kamen sie in: Walde vor das Haus, da des Königs
Hegereuter wohnte, der in jungen Jahren ein gar tapferer Reitersinann
gewesen war. — „was schenkst Du des Hegereuters Buben zum Lhrist-
kindlein?" fragte der Wolf.

„Hei," antwortete der heilige Niklas, „dem schenk' ich ein hölzern'
Rößlein, einen Säbel und Helm, daß er ein tapferer Reitersmann werde
und das Vaterland schirrne wie sein Vater!"

„Ganz recht!" sagte der Wolf, und die Englein stellten Helm, Säbel
und Rößlein vor des Hegereuters Thür.

Insgeheim aber ergrimmte der Wolf immer mehr, daß überallhin,
auch zu seinen ärgsten Feinden — Weihnachts-Freud' und Weihnachts-Fried'
vom Himmel herunterkommen sollte, und er grübelte und studirte, wie es
ihm gelingen möcht', dem von der Wurzel aus ein End' zu machen.

Da sie nach wieder einer weile aus dem tiefen Walde herauskainen,
sahen sie einer Stadt Lichtlein von ferne. Da sprach der Wolf, der nun
seinen s)lan hatte und auch vermeinte, daß sie ihn: da doch möchten das
Fell gerben: „Entlaßt mich, heiliger Mann! Mir ist so windelweh iin
Magen, daß ich leichtlich inöcht' krank werden, wenn ich weiterginge. Aber
erlaubt, daß ich auch ein Lhristgeschenk u:it heiinnehme für mente Kindlein,
auf daß auch sie Euer gedenken mögen!"

„Dein Wunsch sei Dir gewährt!" sprach der heilige Mann.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"St. Nicklas und der Wolf"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Vogel, Hermann
Entstehungsdatum
um 1902
Entstehungsdatum (normiert)
1897 - 1907
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 117.1902, Nr. 2995, S. 290
 
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