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6

wie Herr Jeremias Häberlein Geheimer H o f r a t wurde.

sein und den Herrn Hofrat nicht zu bemerken, der einigermaßen
erstaunt ihm nachsah.

„Richtig! Hat wieder einmal auf den ersten Gruß gewartet,"
murmelte Herr Häberlein vor sich hin. „Rannst lange warten,
mein Lieber! . . Herrgott! wenn ich es dem nur sagen könnte!"

3.

Er war Geheimer Hofrat, und das Bewußtsein, daß er es
war, erfüllte ihn mit Stolz. Und eines Tages überraschte Herr
Häberlein sich selbst, wie er vor dem Spiegel stand und sich vor
seinem Spiegelbilde verneigte
mit den Worten: „Guten
Morgen, Herr Geheimer
Hofrat!"

Aber dies Geheimnis er-
drückte ihn. Nicht einmal
seiner Frau durfte er es an-
vertrauen, denn dann hätte
es am anderen Tage die
ganze Stadt gewußt. Und
dann, wenn der Fürst erfuhr,
daß er das Geheimnis nicht
bewahrt hatte, ja dann war
er von diesem Augenblicke an nicht mehr das, was er war!

Sonderbar! Höchst sonderbar! —

Dort dieser Zeit an kränkelte Herr Häberlein. Seine schlanke
Gestalt schrumpfte noch mehr zusammen, und seine blassen Züge
wurden noch bleicher und immer bleicher. — „ Was es nur mit detn
Schulrat ist?"— munkelten die Leute. „Er geht stark ein." Und
Frau Anna Sibylle und ihr Töchterchen Emerentia machten be-
sorgte Mienen, „was nur dem Dater fehlt," sagte Frau Häber-
lein zu der Tochter. „Er liegt des nachts wie im Fieber und er
muß einen Feind haben, und er spricht imtner von einem Ge-
heitnen Hofrat I wer das nur sein mag?" — Und man schickte

zuletzt nach einem Arzte, Herrn Doktor Ramathusius, der ein
sehr geschickter Mann und auch Gberleibarzt bei Hofe war.

4.

Eerenissimus war heute bei besonders guter Laune, denn
Hochdero Frau Gemahlin, die nach dein Raie des Gberleibarztes
den Winter im Süden zubringen sollte, war schon in der Morgen-
frühe abgercist.

„Guten Morgen, mein lieber Doktor," rief Serenissimus dem
eintretenden Gberleibarzt Doktor Ramathusius entgegen. „Na —
ist abgereist, Doktorchen! Haben's gut gemacht, lieber Doktor,
sehr gut! Hä! Hä! — Winter im Süden —■ famos I wohltätig
für die Gattin und auch wohltätig für den Gatten — was,
Doktorchen? Hä I Hä! — was neues, lieber Doktor?"

„Nichts besonderes, Durchlaucht. Gder wenigstens nichts er-
freuliches. Durchlaucht stehen im Begriffe, einen treuen Untertan
zu verlieren. Der Schulrat Jeremias Häberlein liegt im Sterben."

„Häberlein — Schulrat Häberlein. —

Hm 1 Hm! Das ist ja — das ist ja — mein
Geheimer Hofrat "

„Schulrat, Durchlaucht, Schulrat."

„weiß schon — weiß schon. — Habe
ihn zu meinem Geheimen Hofrat ernannt.

— Aber mit Ausschluß der Öffentlichkeit —
sozusagen — durft's niemand verraten. —

Derstehen S’, Doktorchen? Ganz Geheimer
Hofrat. Famoser Witz, was?"

„Aber etwas grausam, Durchlaucht."

„Na — bin heute gut aufgelegt — will ihm noch eine Freude
machen, wenn's doch mit ihm aus ist."

„Durchlaucht, er lebt keine vierundzwanzig Stunden mehr."
„Na also — darf's jetzt aller Welt sagen — auch seiner
Frau. — Hä! Hä! — Soll morgen im Amtsblatt stehen — werde
Grdre geben. — wird leichter sterben, der gute Häberlein." —

5.

Abend jenes Tages saß der Doktor Ramathusius am
Sterbebette des Herrn Häberlein und nachdem er
h ihm den Puls gefühlt, sagte er: „Habe Ihnen eine
gute Nachricht zu bringen, Herr Schulrat. Im Auf-
träge des Fürsten habe ich Ihnen mitzuteilen, daß Seine Durch-
laucht allergnädigst geruht haben, Sie zum Geheimen Hofrat zu
ernennen."

Der Kranke öffnete die schon halb geschlossenen Augen
„woher — woher wissen — Sie das?" stammelte er.

„Durchlaucht haben ntich selbst damit beauftragt, Ihnen diese
für Sie, Herr Geheimrat, so schmeichelhafte Mitteilung zu machen.
Durchlaucht wünschen, daß das Geheimnis dieser Beförderung
nicht länger inehr gewahrt werde. Es handelte sich hier um
eine Prüfung, die Durchlaucht Ihnen auferlegie und die Sie
glänzend bestanden haben. Meinen Glückwunsch, Herr Geheimer
Hofrat. Morgen wird Ihre Beförderung in: Amtsblatte zu
lesen sein."

Frau Anna Sibylle, die schon unterrichtet war, trat jetzt an
das Krankenbett und brachte tränenden Auges — denn der Arzt
hatte ihr aus dem Zustande des Gatten kein Hehl gemacht —
dem geliebten Manne ihre Glückwünsche dar.

„welch ein Glück im Unglück," seufzte Fräulein Emerentia.

Der Kranke sprach kein Wort, er sank auf sein Kissen zurück
und während ein seliges Lächeln seine Lippen umspielte, versank
er in tiefen Schlaf.

„Lassen Sie ihn schlafen," sagte der Arzt. „Der puls geht
schon sehr schwach. Ich glaube nicht, daß er diese Nacht über- -
leben wird."

6.

Qlbtic Herr Jeremias Häberlein war ein guter Deutscher und
aus derselben Guelle, der sein Leiden entsprungen war, Farn ihm
nun die Rettung.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wie der Jeremias Häberlein Geheimer Hofrat wurde"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum (normiert)
1909 - 1909
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 131.1909, Nr. 3336, S. 6
 
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