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„6et sputr potje".

21

Wörterbuch wieder?-Ich suchte noch danach — als

Mynheer van den Peerenboom erschien, der wackere alte
Seebär. Ei, der kam mir g'rade recht.

„Sagt, Mynheer, wie nennt man auf hollandsch einen
Napf zum spucken — oder spuzen — oder spuizen — oder
speuzen — oder" — —

Der Alte grinste und spuckte dann mit schöner Unbe-
fangenheit auf ineine gewachste Diele.

„Da!" sagte ich strafend, beschrieb über der „Tat" einen
imaginären Kreis, um den „Napf" anzudeuten, und forschte
gespannt: „wie nennt man dies auf hollandsch, Mynheer?"

Der alte Meergreis stieß eine Reihe grunzender Miß-
töne aus, die ein Gelächter bedeuteten, und stieß mich mit
dem Zeigefinger in die Rippen — eine schalkhafte Neckerei,
die sehr schmerzhaft ausfiel.

„Das wollt Ihr wissen, Mynheer? Hohohoho! Ienun,
das nennt man auf hollandsch: „flaps".

„Flaps", wiederholte ich toternst, um ihm das Unpassende
seiner Heiterkeit zum Bewußtsein zu bringen. Merkwürdige
Sprache, dies hollandsch. „Also flaps I . . Dank' Euch,
Mynheer!" — —

Am andern Tag begab ich mich zum zweitenmal in den
Laden. Ich konnte mir nicht verhehlen, daß mein Erscheinen
daselbst einige Sensation erregte. Das Mooi Meisje fing so-
fort an zu kichern. I*u Hintergründe tauchte ein dicker Mann
mit Schellfischaugen auf, eine rundliche mefrouw kam in un-
ziemlicher Eile herbeigetrabt und im Hintergründe pufften
und knufften sich zwei lange holländische Schlackse um den
besten Platz — als ob ich ein Lustspiel sei, das man um
keinen Preis versäumen dürfe.

Ich machte mein hochmütigstes Gesicht. „Mejuffer!"
sagte ich mit starker Stimme, mein ganzes Mißfallen über
ein derartiges Benehmen in den Ton legend, „ik mochte
hebben ein mooi — prächtig — flaps — 1 . . Ein m oot —
prächtig flaps!" wiederholte ich drohend.

Aber entgeistert Härte ich einen solchen Spektakel los-
brechen, wie ich ihn mein Lebtag noch nicht gehört. Ein
Gegill, Geschrei, Gemecker und Gekicher, als wäre die ganze
Bande plötzlich übergeschnappt, wütend stampfte ich mit
dem Fuß auf. Der Mann mit den Schellfischaugen faßte
sich mühsam. „M Mynheer — dat hebben wij niet —
dat geeft het niet — dat kennt U niet koopen —" und
der Radau ging von neuem los.

Empört ging ich hinaus und knallte die Tür hinter
mir zu. Als ich noch einmal zurücksah, hatte ich den Hoch-
genuß, sämtliche ehrenwerte Nasen sich an der Türscheibe
breitquetschen zu seh'n, um meinen Abgang zu genießen.

Mit zornbeflügelten Schritten raste ich zu Mynheer van
den Peerenboom.

Er saß breit und behaglich in seinem kojenartig ein-
gerichteten Zimmer, das eine friedliche Aussicht auf stille
Graachten bot, trank starken Grog und rauchte starkduften-
den Tabak aus einer holländischen Tonpfeife. Gerade als
ich eintrat, spuckte er mit schöner Treffsicherheit über das
halbe Zimmer weg in einen schön gebuckelten Spucknapf.

Die breite rote Tatze, die er mir zur Bewillkommnung
hinstreckte, übersah ich geflissentlich. In die Gfenecke stürzte
ich, holte den schön verzierten Spucknapf hervor und hielt
ihn dem Alten unter die Nase.

„Habt Ihr mir nicht gesagt, Mynheer, dieses Ding

hieße auf hollandsch „Flaps"? Und wie ich es soeben im Laden fordere,
schnappt die ganze Bande beinahe über —"

Der Alte schrie vor Vergnügen. Er stieß eine ganze Skala wimmern-
der und grunzender Töne aus und wurde dabei so beängstigend blau im
Gesicht, daß mir angst und bange wurde.

Mit vielem Puffen und Schütteln brachte ich ihn allmählich wieder in
eine menschenwürdigere Verfassung, obgleich er andauernd rückfällig wurde.

„CD verzeiht, Mynheer!" wimmerte er, „und Ihr habt es gefordert

— wirklich, habt es gefordert?"

„Gewiß, Mynheer — nach Eurem Rat, Mynheer!"

„In einem Laden?" gröhlte das alte Seeungeheuer, — wirklich,
Mynheer, in einem Laden??"

Ich schüttelte ihn zornig und hielt ihin den Spucknapf von neuem hin.

„Dies Ding meintet Ihr, Mynheer?" fragte er, mühsam nach Fassung
ringend. „G — verzeiht, da Hab' ich Euch mißverstanden! Dies Ding
heißt hierzulande: het spuwpotje."

„Und flaps?" fragte ich drohend — „wenn's Euch beliebt, Mynheer

— was ist flaps?"

Er schrie schon wieder los. „Flaps", winnnerte er — „und Ihr
wolltet es kaufen — wirklich — wolltet es kaufen?"

Ich stampfte wütend mit dem Fuß. „Beliebt es Luch endlich —?"

„© — hohohoho —" er nahm mir „het spuwpotje" ab und sagte,
während ihm schon wieder die Lachtränen über die blauroten Wangen
liefen:

„Flaps — das ist das — was in het spuwpotje herinner ge-
hört!" _

Selbstgefühl. .-Q.

„Zweihundert Frachtbrief Hab' ich heut' abg'stempelt! . . Die
werden schan'n, wenn ich erntet! nimmer bin!"
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Titel/Objekt
"Selbstgefühl"
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Fliegende Blätter
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Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Graetz, Theodor
Entstehungsdatum (normiert)
1908 - 1908
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 131.1909, Nr. 3337, S. 21
 
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