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36

-■ Die gr=: ••

Line lehrreiche Geschichte aus Gberägypten. von Franz woas-Wiesbaden.

<*

der Assuan in Gberägypten lag heiß die Nachmittags-
sonne. Seit Monaten hatte es nicht geregnet; kein
Wölkchen stand am Fimmel. Der lehmige Boden war
hart wie eine Tenne geworden; hie und da zeigten sich Risse und
Sprünge.

In dem Engpaß, der unmittelbar vom Nilufer zu der kleinen
Moschee Gami Sultan Ali führt, hockte ein Schuhmacher. Keine

fünf Schritt war
dieser Engpaß
breit, aber gerade
hierhin hatte Ber-
ber Ben Baschi
sein Warenhaus
aufgebaut, beste-
hend aus einem
alten ausgefran-
sten Gebetteppich,
auf dem er andert-
halb Dutzend bunt
gestickter Frauen-
schuhe schön in
Reih' und Glied
gestellt hatte. Da-
neben hockte er,
mehr auf Neger-
art als in türki-
scher weise, um
rasch aufspringen
zu können, wenn
etwa eine Käuferin
seiner waren be-
gehrte.

Aber keine von
allen Frauen, die
in ihren unschein-
baren schwarzen
Gewändern vorü-
berkamen, achtete
auf ihn oder seine
waren, so dicht
sie auch an ihm
vorüberstreiften.
Seine waren mit
Worten anzuprei-
sen, hielt er für
seiner unwürdig.
Ls war ja stadt-
bekannt, daß nie-
mand so zierliche
Pantoffel fertigte wie er. Nur ab und zu erlaubte er sich
wenigstens eine höflich einladende Gebärde zu machen, wenn er
unter dem schwarzen unkenntlichen Gewände eine seiner Kun-
dinnen vermutete. Er kannte sie ja so ziemlich alle, trotz der ver-
mummung, trotz des Schleiers und des abscheulichen Futterals

von Messing, das sie vor dem Gesichte trugen. Er erkannte sie
an Gestalt und Haltung, an der Art, wie sie den Kopf hielten,
und vor allem daran, wie sie ihre Füße setzten. Ja, auch die
Füße selbst kannte er — hatte er ihnen doch oft genug in die
Schuhe geholfen, und das war allemal etwas umständlich, denn
die Schuhe konnten niemals klein genug sein, und die Füße waren
das mitunter nicht. —

Eine oder die andere der Frauen nickte ihm auch leise, ganz
leise zu auf seine freundliche Einladung; aber bei ihm weilen und
kaufen tat nicht eine.

„Schlechte Geschäfte heut'I" rief ihm sein Nachbar zu und
lüftete für einen Augenblick das buntgestreifte schmutzige Tuch,
das er als Vorhang gegen die Sonne vor seinen Stand vorge-
zogen hatte. Hassan Ben Iussuf war es, der Gelbgießer, der un-
mittelbar daneben seinen kleinen Laden innehatte. Er hockte in
echt türkischer Art auf dem Boden und hämmerte an einem Messing-
gefäße herum. Sorgsam trieb er vermittelst einer puntze und
eines Holzhammers Verzierungen in altarabischer weise ringsum
in den Rand des Gefäßes.

„Schlechte Geschäftei was?" so rief Hassan Ben Iussuf noch
einmal, als er aufs erste Mal keine Antwort bekommen.

„Allah will es so; Allah sei gepriesen!" war die Antwort.
Dabei erhob sich Berber Ben Baschi aber doch und ordnete das
anderthalb Dutzend seiner Schuhe in einer neuen Art; es mochte
fein, daß dies Allah so genehmer war und die Frauen nun umso
eher kauften. Aber Allah war diesmal durchaus ungnädig; es
kam zu keinem Geschäfte. Die letzte Frau hatte die Moschee wieder
verlassen. Der Diener der Moschee erschien, klappte die beiden
schweren Torflügel zusammen und legte von inwendig einen schweren
Riegel davor.

Ein wenig unmutig brach Berber Ben Baschi sein Waren-
haus wieder ab, indem er einfach die vier Zipfel des alten Teppichs
zusammenfaßte und das Bündel über den Rücken nahm.

„Gehst Du mit?" fragte er den Nachbar Gelbgießer.

„wohin?"

„wohin sonst! Ius Kaffeehaus."

„hm, hm."

„Frag' einmal Fatme, die Sonne Deines Lebens."

„Das werd' ich lieber bleiben lassen."

„Dann komm' mit, wie Du bist."

Der Gelbgießer tat wirklich so; im Umsehen hatte er seine
Kessel und Kesselchen, Pfannen und Pfännchen, die Löffel und
Siebe zusammengescharrt und in eine Ladenecke getan. Nur ein
zierliches Kesselchen behielt er in der Hand, um es mitzunehmen.

„was willst Du damit im Kaffeehaus?" fragte ihn der Schuh-
macher.

Der Gelbgießer machte ein verschmitztes Gesicht. „Es könnte
wohl sein," erwiderte er, „daß ich es irgendwo abzuliefern hätte.

Laut lachte da Berber Ben Baschi auf: „Wohl Dir, wenn
Dir Fatme das glaubt, der Stern Deiner Nächte!"

Gleich darauf saßen sie im Kaffeehause, das keine hundert
Schritte davon lag, ebenfalls am Nil, mit der Aussicht auf den
breiten, gelben, träge dahinfließenden Strom.

Der aufwartende Kellner, ein baumlanger Neger, halb nackt,
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Katze"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Simm, Franz Xaver
Entstehungsdatum
um 1909
Entstehungsdatum (normiert)
1904 - 1914
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 131.1909, Nr. 3338, S. 36
 
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