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Unser Hausball.

Die Friseuse wird also nicht viel Arbeit haben, dachte ich mir.
Ihr Voranschlag lautete aber fürs Ondulieren allein auf sieben
Mark. — was die Putzmacherin sollte, ist mir lang nicht klar ge-
worden. Man tanzt ja doch in der Regel barhaupt. Später ent-
deckte ich, daß sich meine Frau hatte einen Federbusch auf den
Scheitel pflanzen lassen. — Die Schneiderin hatte die Aufgabe, einen
Mittelweg zu finden, der meiner Frau ermöglichen sollte, sich tief
zu dekolletieren, zugleich aber den niedlichen, talergroßen Leber-
fleck im Nacken und die beiden daumentiefen Salzfäßchen an den
Schlüsselbeinen zu kaschieren.

Das waren die ersten Vorbereitungen.

Am Morgen der Balltages. . .

Halt, da habe ich den Möbelhändler vergessen. Der Möbel-
Händler hatte sich zu verpflichten, unsere sämtlichen, irgendwie
brauchbaren Einrichtungsstücke in einen Möbelwagen zu verstauen,
der die Nacht über auf unserm Hof halten würde, hingegen
mußte eine Reihe von zwecklosen, aber prächtigen Gegenständen
bei uns im Salon aufgestellt werden.

Am Morgen des Balltages also weckte mich lautes Geschnatter
aus dem Schlaf. Ich dachte einen Augenblick an das Geflügel,
das wir am Abend essen sollten. Es waren aber die Aushilfs-
mädchen. Sie stritten sich um das Trinkgeld des kommenden
Abends. Die Zwecklosigkeit ihres Beginnens wird ihnen erst klar
werden, wenn sie unsre Gäste gesehen haben.

Ich versuchte, noch einmal einzuschlafen — da kamen die
Packer des Möbelhändlers und nahmen mir die Rissen weg. Ich
langte den Handatlas aus dem Bücherregal, um ihn fernerhin
als Riffen zu benützen — sie aber zerlegten die Bettstatt. Da
sich das Schlafen auf der bloßen Diele unangenehm anließ, ver-
zichtete ich darauf.

Das Frühstück servierte man mir in meinem Arbeitszimmer.
Der Tapezierer war mit der Bekleidung des Plafonds leider noch
nicht ganz fertig geworden und klebte eben vertikal über mir.
Ein Tropfen Rleister, nicht größer als eine Walnuß, fiel in meine
Frühstückstaffe. Doch der Mann sagte mir, ich brauchte mir gar
nichts daraus zu machen, es wäre ganz reiner, französischer Rleister.

Als ich gefrühstückt hatte, schickte mich meine Frau weg und
ersuchte mich dringend, nicht vor sechs Ahr abends heimzukommen,
dann aber pünktlich zur Stelle zu sein.

Ich aß also in einem Restaurant zu Mittag — sehr gut
übrigens und ungemein preiswert. Einfach ungereimtes Zeug —
diese ewigen Redereien von der ungesund zubereiteten Gasthaus-
kost und dem eigenen Herd, der Goldes wert ist.

Ein Herr, der zufällig an meinen Tisch zu sitzen kam, be-
stätigte meine Beobachtungen. Ein Wort gab das andre — ich
erzählte ihm von unserm Hausball — er wieder erzählte, wie er
eben heute morgen seine Frau auf einer Untreue ertappt hätte und
sich nun freue, einen Scheidungsgrund zu haben. Ich gratulierte
ihm neidisch und schlug ihm vor, wir sollten den hübschen Nach-
mittag, den wir doch beide frei hätten, gemeinsam verbringen.
Ich hatte nämlich wein und Zigarren für den Abend einzukaufen.

wir wählten bei meinem Zigarrenlieferanten zunächst einige
Sorten aus, die wir nachmittags zu prüfen gedachten, um gegen
Abend definitive Entschlüsse zu fassen. Die Zigarren bekam ich,
weil die große Bestellung in Aussicht stand, umsonst.

Diese Zigarren rauchten wir auf dem weg zuin Weinhändler,
wir rauchten sie weiter auf dem weg zum zweiten, dritten und
vierten Weinhändler.

Mein neuer Freund — ich habe keinen Grund, seinen Namen

zu verschweigen, er hat sich mit seiner Frau wieder ausgesöhnt —
mein Freund heißt plinganser. Plinganser war ungemein nett.
Ich trank um halb sechs — beim siebenten Weinhändler —
Schmollis mit ihm und forderte ihn auf, den Hausball bei uns
mitzumachen. Ich sagte, er sollte gleich mit mir kommen.

Er wandte ein, daß meine Frau ihn doch nicht kenne und
vielleicht verstimmt sein würde, wenn er jetzt schon ins Haus
hagelte. Ich lehnte seine Einwände ab, sie erwiesen sich aber
später als stichhaltig.

Als ich mit plinganser meine Wohnung betreten wollte, hielt
mich ein Rerl an, für den die Herkulesarbeiten Rindersxiel ge-
wesen wären. Es war der für heute angeftellte Portier. Meiner
einfachen Angabe, ich wäre der Hausherr, schenkte er keinen
Glauben. Erst als mich das Stubenmädchen agnoszierte, durfte
ich eintreten, wobei er dann mich und Plinganser zuvorkommend
unterstützte. Trotzdem mag unser Einzug nicht so geräuschlos
verlaufen sein, wie ich gewünscht hatte. Meine Frau hörte uns,
kam hervor — und es hieße mich selbst täuschen, wenn ich sagte,
meine Frau wäre von unserer Ankunft entzückt gewesen. Nein,
das war sie nicht. Sie war sogar etwas verstimmt. Sie sagte,
es wäre absolut kein Raum für uns verfügbar.

Ich flüchtete mit plinganser ins Arbeitszimmer, da tanzte
der parkettenwichser eben einen Polka. Zeit zu überlegen, wohin
wir nun gehen sollten, war keine. Denn meine Frau schrie,
Marie, die Normalköchin (nicht zu verwechseln mit Rest, der Aus-
hilfsköchin, und Frau Ritschel, der Rochfrau) — Marie, die Röchln,
also hätte Rrämpfe. wir (ich und Plinganser) sollten augen-
blicklich die Gasflammen anzünden.

wir zündeten die Gasflammen an, was uns ungeheuren
Spaß machte. Die Auerstrümpfe, die der unkundige plinganser
zerriß, hätte ich leicht ersetzen können, wenn Plinganser nicht
vorher in die Schachtel mit den Auerstrümxfen getreten wäre.

Das Schlafzimmer fanden wir zu einem Wintergarten umge-
staltet. In einer Laube von Orangenbäumen und andern tropischen
Gewächsen war ein Altar errichtet mit zehn oder fünfzehn Gat-
tungen von Schnäpsen, plinganser behauptete, er könnte mit ge-
schlossenen Augen jede Art Schnaps am Geschmack erkennen. Er
wußte wirklich alle fünfzehn Namen richtig zu sagen. Das ist
aber gar nicht einmal so schwer. Nach einiger Übung konnte
auch ich es.

Da wurde meine Frau zur Hyäne und jagte uns ins Bade-
zimmer. Dort schloß sie uns ein. wir besprachen einen famosen
Scherz, den wir machen wollten: Plinganser wird an unserm
Hausball im Rostüm teilnehmen — als Rurgast von Ostende. Er
kleidete sich auch gleich um. wir freuten uns schon sehr auf das
Gesicht, das die dicke Hofrätin machen wird, wenn er sie in diesem
Zustand zur Ouadrille auffordert.

Als es so weit war, klopfte meine Frau mit hartem Rnöchel an
die Tür. „Denk' Dir", rief sie, „jemand hat vom Ronfekt genascht."

Ich wankte erschrocken hinaus, besah mir den Schaden und
sagte: „Donnerwetter — und g'rad' diese Schüssel habe ich doch
vorher mit Eyankali bestreut."

worauf alles weibliche Dienstpersonal in Rrämpfe verfiel —
soweit es nicht ohnehin schon Rrämpfe hatte.

Die Aufregung meiner Frau war unbeschreiblich. Sie sagte,
es wäre der aller-, allerletzte Tag unserer Ehe. Sie würde g'rade
nur noch den Hausball abwarten und sich dann ganz, ganz be-
stimmt von mir scheiden lassen.

Ich suchte wieder Plinganser, der sich vor der Wut meiner
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