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Ein geschneit.

f icf in den Bergen im hintern Grölltcil liegt ein einsames
kleines Bauernhöfl. Ls schaut in der Steinwildnis gerad'
ans, wie wenn einmal ein gewaltiger Sturm das lfäusl
drunten im Tal weggehobcn und da in die tausend Meter hach
gelegene Dde heraufgetragen hätte. Das halbe Jahr ist jeder
Weg und Steg dazu verschneit. Aber die paar Menschen, die da
droben Hausen, möchten halt doch um alles in der Welt auf keinem
andern Flcckl Lrde leben — wenn dort auch das ganze Jahr der
schönste Sonnenschein war' und die Schmalznudeln und das G'räu-
cherte von den Bäumen herunterhäugen täten; denn die lfcimat
ist und bleibt einmal die Heimat und das „Berghoamatl" erst
gar ... da geht „nix d'rüber"!

bleuer allerdings ist's bei bcn Lingcschncitcn noch einsamer
ivic sonst, blnd stiller vor allemI Sonst hat den ganzen laugen
Winter über der bsansl von früh bis spät g'juxt und g'suugcn
und Schnaderhüxstn g'wußt und Faxen, daß die zwei alten Leut'
in der warmen engen Stub'u keine Langweil' g'habt und keinen
Sonnenschein entbehrt haben; den hat ihnen ja ihr fidcler Bub'
alleweil erseht.

bfener aber war der lsansl noch, wie der Hochsommer auf
die Berghäng' heruntorgeglüht hat, fortgezogen in den Krieg
sür's Vaterland, und seitdem sein letzter Jodler in den bvändeu
verhallt ist, sind nur noch etliche Karten und Brief' von ihm
hcraufgekommen, daß cs ihm gut geht und daß sie alles gern
aushalten und schon die Feind' g'hörig dreschen werden, bis es
ein Wiedersehen gibt in der Heimat; denn auf das hofft er
sicher — der Hansl — und sie sollen sich nur gar keine Sorg'
machen um ihn; da, wo er dabei ist, sind lauter lustige kreuz-
brave Kameraden und der Herr Hauxtmann ist auch recht ein
lieber guter Mann.

. . . Dann aber ist's vorbei gewesen um allen Verkehr mit
der Außenwelt; denn der Schnee ist gekommen über Nacht und
hat eine viele illctci hohe Mauer gezogen zwischen der übrigen
Menschheit und dem hintern Grölltal. Auch der keckste Bursch'
hätt' den Versuch nicht wagen können, da hinauf- oder hcruuter-
zukoinmen; auf dem Viertelsweg schon hätt' er eine weiße Ruh-
statt gefunden für Nimmeraufsteh'n.

Den zwei alten Leuten droben ist's diemal schwer auf's Herz
gefallen, weil's Heuer gar so still war bei ihnen. Der Hansl
ist ihnen halt abgegangen. Aber dann haben sie wieder und
wieder seine Brief' und Karten herausgeholt und haben gelesen
und gelesen und allemal von neuem gelesen, wie er lustig ist und
was er für fröhliche Kameraden hat und was für einen braven
guten Herrn Hauptmann, und wie er sich freut, auch mit dabei
sein zu können für's Vaterland, und auf das bViederseh'n in der
Heimat. Und sic haben sich fest vorgenommen, auch selber seinen
bVunsch getreulich zu erfüllen und nicht traurig zu sein, sondern
frohen Herzens an ihn zu denken und für ihn zu beten und seine
Heimkunft iu’s Vaterhaus abzuwarten, wenn der Schnee schmilzt
m ib die ersten Blümerln zum Blühen anfangen draußen an der
Bergwand hinter dein Häusl.

Diemal hat der Wind bei Hellem Wetter aus dem fernen
Tal zu ungewohnter Zeit Glockcnklaug und auch Böllerschießen
heraufgetragen und daun sind die zwei Alten glücklich vor dem
Häusl gestanden — er mit dem Hlltl in der Hand — und haben
ihrem Herrgott gedankt, daß er den Soldaten wieder einen Sieg
verliehen hat; denn das hat das Läuten und Schießen bedeutet
jedesmal. „Und der Hansl war ganz g'wiß aa' wieder dabei!"
hat dann der alte Bauer g'sagt und g'schuninzelt und sie hat

mit dem ganzen G'sicht g'lacht und g'meiut: „Sicher war er
dabei... da müaßt' i' ja unfern Hansl net kennal"

Liumal an einem schönen Hellen Wintertag, wo die Sonn'
ganz b'sonders freundlich auf's Häusl 'ruuterg'schaut hat, da haben
s' wieder läuten und schießen hören und 's Schießen hat schier
nimmer ein Lud' nehmen wollen: Zwölfmal hintereinander hat's
'kracht. Die zwei alten Leut' haben sich bei den Händen g'uommcn
und glückselig zueinander g'sagt: „Dösinal muaß's scho' 'was
ganz b'sonders Groß's und Schön's sei', weil s' gar a so schiaß'n!"
. . . Glücklicher als je sind s' dann in's Häusl 'ueing'schlupft und
haben so recht fröhlich zusammen g'lacht: „Sicher is er aa' wieder
dabei g'wesen - unser Hansl!"

Tatsächlich war's 'was Großes und Schönes - und auch der
Vansl war dabei. Alle im Dorf — die wetterhärtesten und
ältesten Männer — haben mit Tränen in den Augen versichert,
sic hätten ihrer Lebtag nichts Schöneres geseh'n, als wie man
heut' mit allen Kriegerehren eines Velden den braven Haus Brcttl-
bacher aus dem hintern Grölltal eingegraben hat, der auf der
Heimfahrt in's „Hoamatl" den im Felde erlittenen Wunden er-
legen ist.

. . . Ja, sic haben sich nicht geirrt droben, die beiden guten
alten Leut': Ls ist wirklich etwas Großes und Schönes um eines
jungen Velden Grab I Wilhelm tzcrbcrl.

Der gefangene Rufs'.

/ 1 " i d

„Schad', daß ich Dich net schon früher erwischt Hab', Du
hätt'st einen famosen Niklo ab'geben."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der gefangene Russ'"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Kommentar
unidentifizierte Signatur R. Franck?

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1914
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Deutscher Soldat
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Russischer Kriegsgefangener <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 142.1915, Nr. 3628, S. 73

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