—«~:=fg.. Protest.
144
Im Schmicrentheater, >oo an diesem Abend die .Jungfrau von Orleans' aufgeführt wird, fliegt ein der Trägerin
der Titelrolle zugedachter fauler Apfel einer vor der Bühne sitzenden, alten Dame an den Kopf. Entrüstet erhebt sie sich
und ruft: „Was soll das heißen da hinten . . bin vielleicht ich die Jungfrau von Orleans."
Gcbulzes XVeihirachrskorb.
von T. Resa.
et Scheenste vom janzen Krieg war doch, wie Mntters
lveihnachtskoßb den Schützenjraben zurückeroberte",
pflegte der Landwehrmann Schulze grinsend zu sagen,
llnd die ganze Kompanie grinste mit ihm und stimmte ihm zu.
In der Zeitung hatte es freilich ganz anders gestanden.
Da hieß es: „Vor lv. mußten die Unseren vor der dreifachen
Übermacht der Russen einen Schützengraben räumen, konnten ihn
jedoch wenige Stunden später wieder in Besitz nehmen."
Kein Sterbenswörtchen von Mutter Schutzes lVeihnachtskorb,
der doch die Russen in die Flucht gejagt hatte. Und das ging
so zu: Im äußersten Schützengraben war die lveihnachtspost ein-
getroffen und mit großem Jubel begrüßt worden. All die Pakete,
Kisten und Körbe trugen den breiten, roten Streifen, der sie als
lVeihnachtssendungen bezeichnete. G'rade als die Verteilung im
besten Gange war, ging drüben der übliche Höllenspektakel los —
die Russen stürmten und die eben noch so vergnügten Feldgrauen
schmissen wütend ihre noch uneröffneten Pakete auf einen Haufen
und griffen zu den Gewehren. Der dreifachen Übermacht des
Feindes mochte der Hauptmann feine Leute nicht nutzlos opfern.
Lr befahl Räumung des Grabens und Rückzug, lvohl knirschten
die zornigen Grauen, aber sie sahen es selbst ein, daß sie höhere
Aufgaben hatten, als sich hier wie die Vasen abschießen zu lassen.
Lin einziger, wehmütiger Abschicdsblick streifte den Kistenhügel.
Die schönen Liebesgaben, die mußten sie anch zurücklassen, denn es
galt, den Verwundeten fortznhelfen — und da gab cs kein Zögern.
Als sie sich aber im Schutz des weiter zurückliegenden Schützen-
grabens in Sicherheit wußten, da begann ein großes Lamentieren.
„Neins liegt jrade zu oberfchtl" jammerte Schulze. „So 'n
scheenet Körbchen! Det frißt jetzt so 'n jottverdammiger Kalmück
ohne Sinn und verstand. Mensch — da waren jewiß Vaters
Lisbeene d'rin — und Vaters Lisbeene sind 'ne Spezialität, so
'was findste nich' mehr l"
„Annexe Leut'" — begann Nottebohm — „annere Leut' hin
und annere Leut' her", schnitt ihm Schulze den Rcdcfadcn ab.
144
Im Schmicrentheater, >oo an diesem Abend die .Jungfrau von Orleans' aufgeführt wird, fliegt ein der Trägerin
der Titelrolle zugedachter fauler Apfel einer vor der Bühne sitzenden, alten Dame an den Kopf. Entrüstet erhebt sie sich
und ruft: „Was soll das heißen da hinten . . bin vielleicht ich die Jungfrau von Orleans."
Gcbulzes XVeihirachrskorb.
von T. Resa.
et Scheenste vom janzen Krieg war doch, wie Mntters
lveihnachtskoßb den Schützenjraben zurückeroberte",
pflegte der Landwehrmann Schulze grinsend zu sagen,
llnd die ganze Kompanie grinste mit ihm und stimmte ihm zu.
In der Zeitung hatte es freilich ganz anders gestanden.
Da hieß es: „Vor lv. mußten die Unseren vor der dreifachen
Übermacht der Russen einen Schützengraben räumen, konnten ihn
jedoch wenige Stunden später wieder in Besitz nehmen."
Kein Sterbenswörtchen von Mutter Schutzes lVeihnachtskorb,
der doch die Russen in die Flucht gejagt hatte. Und das ging
so zu: Im äußersten Schützengraben war die lveihnachtspost ein-
getroffen und mit großem Jubel begrüßt worden. All die Pakete,
Kisten und Körbe trugen den breiten, roten Streifen, der sie als
lVeihnachtssendungen bezeichnete. G'rade als die Verteilung im
besten Gange war, ging drüben der übliche Höllenspektakel los —
die Russen stürmten und die eben noch so vergnügten Feldgrauen
schmissen wütend ihre noch uneröffneten Pakete auf einen Haufen
und griffen zu den Gewehren. Der dreifachen Übermacht des
Feindes mochte der Hauptmann feine Leute nicht nutzlos opfern.
Lr befahl Räumung des Grabens und Rückzug, lvohl knirschten
die zornigen Grauen, aber sie sahen es selbst ein, daß sie höhere
Aufgaben hatten, als sich hier wie die Vasen abschießen zu lassen.
Lin einziger, wehmütiger Abschicdsblick streifte den Kistenhügel.
Die schönen Liebesgaben, die mußten sie anch zurücklassen, denn es
galt, den Verwundeten fortznhelfen — und da gab cs kein Zögern.
Als sie sich aber im Schutz des weiter zurückliegenden Schützen-
grabens in Sicherheit wußten, da begann ein großes Lamentieren.
„Neins liegt jrade zu oberfchtl" jammerte Schulze. „So 'n
scheenet Körbchen! Det frißt jetzt so 'n jottverdammiger Kalmück
ohne Sinn und verstand. Mensch — da waren jewiß Vaters
Lisbeene d'rin — und Vaters Lisbeene sind 'ne Spezialität, so
'was findste nich' mehr l"
„Annexe Leut'" — begann Nottebohm — „annere Leut' hin
und annere Leut' her", schnitt ihm Schulze den Rcdcfadcn ab.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Protest"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1915
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1920
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 142.1915, Nr. 3634, S. 144
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg