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S3iönber$lr.l 5.
1
Eine Rriegsges'chichre.
INI März.
In Gesellschaft. Hauptmann von Kirchheim zur Geheimrätin
Freihof: „verzeihen Sie, gnädige Frau, ich habe in meiner Kompagnie
einen Freiwilligen gleichen Namens wie Sie, ist es vielleicht ein ver-
wandter von Ihnen?" — Geheimrätin wegwerfend: „Nur ein ganz
entfernter, Herr Hauptmann." — Hauptmann: „So — übrigens ein sehr
netter, intelligenter, junger Mann."
Zn Hause. Geheimrätin Freihof zu ihrer Tochter Hilda: „Höre, ich
werde dem Mädchen sagen, daß wir nie zu Hause sind, wenn der Vetter
Rudolf kommt. — Hauptmann von Kirchheim interessiert sich für Dich; er
ist eine gute Partie; er und andere Leute brauchen in meinem Hause
: keinen Menschen antreffcn, welcher in seinem Zivilberuf hinter dem Laden-
tisch steht— wenn er zehnmal mein Neffe ist." — Hilda: „Sehr richtig,
liebe Mutter."
Ans Hildas Kriegstagebuch.
Den ;o. August syt-s.
Heut' den Auszug des zy-z. Regiments angesehen! Hauptmann
von Kirchheim einen Blumenstrauß zugeworfen — leider hat er sich noch
nicht erklärt. — Vetter Rudolf freundlich zugenickt, er kann uns doch
nicht mehr besuchen übrigens sah er sehr stattlich aus.
Den \2. August M-p
Eben furchtbaren Schreck gehabt! Ans sicherer Ouelle erfahre»,
daß sich Hauptmann von Kirchheim in aller Stille hat kriegstrauen
lassen! Mit einem ganz armen Mädchen, welches bei einer Tante vo»
ihm Gesellschafterin war. Seine ganze Verwandtschaft ist mit Reckst
empört darüber. — Ich würde als Pflegcschwefter mit in's Feld gehe»-
da doch hier vorläufig keine Aussicht zu einer Verlobung für mich ist-
kann aber kein Blut und keine Munden sehen und die Verpflegung se^»,
auch oft mangelhaft sein. /
Am 8. November
Alle meine Bekannten haben jetzt Strickkränzchen gegründet »»^
stricken unermüdlich für die Feldgrauen; ich lerne auch wieder stricken-
habe es mir aber nicht so schwer gedacht. — Vetter Rudolf wurde be>
den Kämpfen vor Antwerpen, wie wir lasen, zum Vizefeldwebel ernainst-
3m Februar (»(fi.
Habe mich zur Hilfsleistung bei einer Kindervolksküche gemeldet
»nd muß täglich einige Stunden dort sein; es ist unglaublich, wieviel
von dem ordinären Essen die Kinder dort vertilgen. - Vetter Rudolf
wurde wegen seiner Tapferkeit in den Gefechten vor Grodno zum Offizier-
stellvertretcr ernannt und hat das Eiserne Kreuz bekommen. Mir haben
'hm dazu gratuliert.
3m Juli
Vetter Rudolf wurde vor Prasznisz zum Offizier ernannt, wir schickten
ih»> darauf eine Liebesgabensendung. - Man sicht jetzt so viel Damen
»i Trauer, daß ->r> ordentlich schämt, noch in farbiger Kleidung zu
Sehen. — Schwarz würde mir übrigens zu meinem goldigen Haar —
"eidische Freundinnen sagen, es sei rot — recht gut stehen.
3m September (9(5.
Heut' lasen wir, Leutnant Rudolf Freihof, welcher an Stelle des
schwcrvcrwundeten Hauptmanns die Kompagnie zum Sturm in den
2ttrchbruchskäinpfen in der Ehampagne führte, ist gefallen!
Im lvohltätigkeitsverein.
Geheimrätin Freihof: „Denken Sie nur, meine Damen, wir haben
jetzt auch leider Trauer bekommen I Mein lieber Neffe, der Leutnant
Rudolf Frcihof, hat nun auch den Heldentod gefunden! Mie? — Sie
hätten ihn nie bei mir gesehen? — Gott, er war doch oft ein lieber Gast
bei uns, mit meiner Tochter heimlich verlobt — nach dem Kriege sollte
die Sache veröffentlicht werden. Ach, meine arme Hilda!"
Im Dez ein der zyzö.
Oberleutnant Freihof tritt, auf einen Stock gestützt, in Begleitung
einer Pflegeschwestcr bei seiner Tante ein.
Tante entsetzt: „Um Gottes willen, Rudolf, wir haben Dich für
tot gehalten! Mir haben es doch gelesen."
„Ganz recht, liebe Tante, ich war aber nur, durch einen Kolben-
schlag betäubt, besinnungslos im Schützengraben liegen geblieben und
außerdem noch schwer verwundet! Dank der Pflege dieser lieben Schwester,
ivclche ich zugleich als meine Kriegsfrau Euch vorzustcllen die Ehre habe,
bin ich so weit miederhergestellt, daß ich hoffen kann, dem vaterlande
noch ferner zu dienen! — Ja, um wen trauert Ihr denn aber?"
S3iönber$lr.l 5.
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Eine Rriegsges'chichre.
INI März.
In Gesellschaft. Hauptmann von Kirchheim zur Geheimrätin
Freihof: „verzeihen Sie, gnädige Frau, ich habe in meiner Kompagnie
einen Freiwilligen gleichen Namens wie Sie, ist es vielleicht ein ver-
wandter von Ihnen?" — Geheimrätin wegwerfend: „Nur ein ganz
entfernter, Herr Hauptmann." — Hauptmann: „So — übrigens ein sehr
netter, intelligenter, junger Mann."
Zn Hause. Geheimrätin Freihof zu ihrer Tochter Hilda: „Höre, ich
werde dem Mädchen sagen, daß wir nie zu Hause sind, wenn der Vetter
Rudolf kommt. — Hauptmann von Kirchheim interessiert sich für Dich; er
ist eine gute Partie; er und andere Leute brauchen in meinem Hause
: keinen Menschen antreffcn, welcher in seinem Zivilberuf hinter dem Laden-
tisch steht— wenn er zehnmal mein Neffe ist." — Hilda: „Sehr richtig,
liebe Mutter."
Ans Hildas Kriegstagebuch.
Den ;o. August syt-s.
Heut' den Auszug des zy-z. Regiments angesehen! Hauptmann
von Kirchheim einen Blumenstrauß zugeworfen — leider hat er sich noch
nicht erklärt. — Vetter Rudolf freundlich zugenickt, er kann uns doch
nicht mehr besuchen übrigens sah er sehr stattlich aus.
Den \2. August M-p
Eben furchtbaren Schreck gehabt! Ans sicherer Ouelle erfahre»,
daß sich Hauptmann von Kirchheim in aller Stille hat kriegstrauen
lassen! Mit einem ganz armen Mädchen, welches bei einer Tante vo»
ihm Gesellschafterin war. Seine ganze Verwandtschaft ist mit Reckst
empört darüber. — Ich würde als Pflegcschwefter mit in's Feld gehe»-
da doch hier vorläufig keine Aussicht zu einer Verlobung für mich ist-
kann aber kein Blut und keine Munden sehen und die Verpflegung se^»,
auch oft mangelhaft sein. /
Am 8. November
Alle meine Bekannten haben jetzt Strickkränzchen gegründet »»^
stricken unermüdlich für die Feldgrauen; ich lerne auch wieder stricken-
habe es mir aber nicht so schwer gedacht. — Vetter Rudolf wurde be>
den Kämpfen vor Antwerpen, wie wir lasen, zum Vizefeldwebel ernainst-
3m Februar (»(fi.
Habe mich zur Hilfsleistung bei einer Kindervolksküche gemeldet
»nd muß täglich einige Stunden dort sein; es ist unglaublich, wieviel
von dem ordinären Essen die Kinder dort vertilgen. - Vetter Rudolf
wurde wegen seiner Tapferkeit in den Gefechten vor Grodno zum Offizier-
stellvertretcr ernannt und hat das Eiserne Kreuz bekommen. Mir haben
'hm dazu gratuliert.
3m Juli
Vetter Rudolf wurde vor Prasznisz zum Offizier ernannt, wir schickten
ih»> darauf eine Liebesgabensendung. - Man sicht jetzt so viel Damen
»i Trauer, daß ->r> ordentlich schämt, noch in farbiger Kleidung zu
Sehen. — Schwarz würde mir übrigens zu meinem goldigen Haar —
"eidische Freundinnen sagen, es sei rot — recht gut stehen.
3m September (9(5.
Heut' lasen wir, Leutnant Rudolf Freihof, welcher an Stelle des
schwcrvcrwundeten Hauptmanns die Kompagnie zum Sturm in den
2ttrchbruchskäinpfen in der Ehampagne führte, ist gefallen!
Im lvohltätigkeitsverein.
Geheimrätin Freihof: „Denken Sie nur, meine Damen, wir haben
jetzt auch leider Trauer bekommen I Mein lieber Neffe, der Leutnant
Rudolf Frcihof, hat nun auch den Heldentod gefunden! Mie? — Sie
hätten ihn nie bei mir gesehen? — Gott, er war doch oft ein lieber Gast
bei uns, mit meiner Tochter heimlich verlobt — nach dem Kriege sollte
die Sache veröffentlicht werden. Ach, meine arme Hilda!"
Im Dez ein der zyzö.
Oberleutnant Freihof tritt, auf einen Stock gestützt, in Begleitung
einer Pflegeschwestcr bei seiner Tante ein.
Tante entsetzt: „Um Gottes willen, Rudolf, wir haben Dich für
tot gehalten! Mir haben es doch gelesen."
„Ganz recht, liebe Tante, ich war aber nur, durch einen Kolben-
schlag betäubt, besinnungslos im Schützengraben liegen geblieben und
außerdem noch schwer verwundet! Dank der Pflege dieser lieben Schwester,
ivclche ich zugleich als meine Kriegsfrau Euch vorzustcllen die Ehre habe,
bin ich so weit miederhergestellt, daß ich hoffen kann, dem vaterlande
noch ferner zu dienen! — Ja, um wen trauert Ihr denn aber?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die sieben Entente-Schwaben"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1915 - 1915
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 143.1915, Nr. 3672, S. 282_283
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg