8
S*3*?tne lustige Gesellschaft zieht am Frühjahrsnachmittag die
Flußhöhen hinaus zur „Schwaige". Dieses Gasthaus liegt
zwischen hundertjährigen Lichen entzückend über dem Tal-
grund, auf dessen rauschende Wellen man herunterschaut. „Ist's
hier nicht herrlich?!" ruft Knipsl ein über's and're Mal. „herr-
lich, Freunde — und das Großartigste dabei: Man kommt abends
immer rechtzeitig heinr! Man kann ja nie den Zug ver-
fehlen, was für einen zapp'ligen Großstädter die Hauptsache ist.
Denn wir haben die Wahl: herüben die Staatsbahn
und drüben die Lokalbahn, also eine unter allen Umständen!
Ich muß auch heut' Punkt sieben Uhr in meinem Verein sein,
wo Ausschußsitzung ist — wenn ich da fehle, gibt's ein Donner-
wetter, das sich gewaschen hat. Aber Gott sei Dank! —
es hat sich eben nichts gewaschen! Ausgeschlossen!...
Fräulein I . . Fräu-
lein! Noch ein Glas,
bitte — wir haben
ja Zeit!"
»Jetzt heißt's
aufbrechen l" meint
er eine halbe Stunde
später. „Fünfzehn
Minuten — gerade
recht zum Staats-
bahn Hof!"
Mit heiterem Singen, Iuhuschreien, Uuckucksrufen und an-
derem Schabernak geht's durch den Wald auf die hohe Brücke,
von der inan den Fluß aufwärts in's
Gebirge hinein, abwärts auf das
großartige Panorama der Stadt
schaut, „wunderbar!" ruft der eine
nach links — „Prachtvoll!" der andere
nach rechts. Just kommt auch noch
ein Floß daher, das elegant durch
die Stromschnellen gleitet. Man blickt
ihm eine weile nach und möchte au:
liebsten selber d'rauf sein, „holla!
Jetzt pressiert's aber!" ruft Knipsl
plötzlich und in einen: fidelen Lauf-
schritt, der sich allmählich zu einem kleinen Wettrennen auswächst,
geht's auf den Staatsbahnhof zu.
Genau, als man rückwärts in die Halle hineinstürmt, fährt
vorn' der Zug hinaus.
Linen Augenblick allgemeine Verblüffung. „Sapern:ent!"
n:eint einer. „Ich Hab' ein Mpernbillet!" — „Und ich bin bei
der Schwiegermutter in spe eingeladen!" seufzt der zweite. —
„Ich muß noch unbedingt auf die Aanzlei!" der dritte. „Morgen
großer Termin!"
„Seht Ihr!" — ruft da Rnipsl triumphierend. — „wie
gut es ist, daß wir zwei Bahnen zur Verfügung haben! Ja,
das Hab' ich alles genau vorher ausstudiert: In zwölf Mi-
nute n fährt d r ü b e n der v o r o r t s z u g — a ch t e brauchen
wir nur — de r ist uns sicher — also los!"
Unter lebhaf-
ten: „Bravo!" geht's
lachend und singend
und ulkend in: Ge-
schwindschritt aus
dem Staatsbahnhof
wieder 'raus, die
Steigung hinauf, zur
Lokalstrecke hinüber,
die mitten zwischen
schwellenden Früh-
lingssaaten liegt. „was surrt denn da alleweil so?!" meint
einer und schlägt mit den Armen in die Luft. „Für Schnaken
und Hummeln ist's doch eigentlich
von Rechts wegen noch zu früh!" —
„Schnaken und Hummeln?!" lacht ein
and'rer. „hast Du eine Ahnung,
Menschenskind! Da schau' 'nauf:
Lin Doppeldecker ist's, der einen
Übungsflug macht!" — „Lin Lin-
decker ist's!" schreit ein and'rer.—
„Nein! Lin Doppeldecker!" der
erste wieder. — „Nur Ruhe!" ent-
scheidet Knipsl siegesgcwiß. „wer-
den wir gleich haben! Für was
S*3*?tne lustige Gesellschaft zieht am Frühjahrsnachmittag die
Flußhöhen hinaus zur „Schwaige". Dieses Gasthaus liegt
zwischen hundertjährigen Lichen entzückend über dem Tal-
grund, auf dessen rauschende Wellen man herunterschaut. „Ist's
hier nicht herrlich?!" ruft Knipsl ein über's and're Mal. „herr-
lich, Freunde — und das Großartigste dabei: Man kommt abends
immer rechtzeitig heinr! Man kann ja nie den Zug ver-
fehlen, was für einen zapp'ligen Großstädter die Hauptsache ist.
Denn wir haben die Wahl: herüben die Staatsbahn
und drüben die Lokalbahn, also eine unter allen Umständen!
Ich muß auch heut' Punkt sieben Uhr in meinem Verein sein,
wo Ausschußsitzung ist — wenn ich da fehle, gibt's ein Donner-
wetter, das sich gewaschen hat. Aber Gott sei Dank! —
es hat sich eben nichts gewaschen! Ausgeschlossen!...
Fräulein I . . Fräu-
lein! Noch ein Glas,
bitte — wir haben
ja Zeit!"
»Jetzt heißt's
aufbrechen l" meint
er eine halbe Stunde
später. „Fünfzehn
Minuten — gerade
recht zum Staats-
bahn Hof!"
Mit heiterem Singen, Iuhuschreien, Uuckucksrufen und an-
derem Schabernak geht's durch den Wald auf die hohe Brücke,
von der inan den Fluß aufwärts in's
Gebirge hinein, abwärts auf das
großartige Panorama der Stadt
schaut, „wunderbar!" ruft der eine
nach links — „Prachtvoll!" der andere
nach rechts. Just kommt auch noch
ein Floß daher, das elegant durch
die Stromschnellen gleitet. Man blickt
ihm eine weile nach und möchte au:
liebsten selber d'rauf sein, „holla!
Jetzt pressiert's aber!" ruft Knipsl
plötzlich und in einen: fidelen Lauf-
schritt, der sich allmählich zu einem kleinen Wettrennen auswächst,
geht's auf den Staatsbahnhof zu.
Genau, als man rückwärts in die Halle hineinstürmt, fährt
vorn' der Zug hinaus.
Linen Augenblick allgemeine Verblüffung. „Sapern:ent!"
n:eint einer. „Ich Hab' ein Mpernbillet!" — „Und ich bin bei
der Schwiegermutter in spe eingeladen!" seufzt der zweite. —
„Ich muß noch unbedingt auf die Aanzlei!" der dritte. „Morgen
großer Termin!"
„Seht Ihr!" — ruft da Rnipsl triumphierend. — „wie
gut es ist, daß wir zwei Bahnen zur Verfügung haben! Ja,
das Hab' ich alles genau vorher ausstudiert: In zwölf Mi-
nute n fährt d r ü b e n der v o r o r t s z u g — a ch t e brauchen
wir nur — de r ist uns sicher — also los!"
Unter lebhaf-
ten: „Bravo!" geht's
lachend und singend
und ulkend in: Ge-
schwindschritt aus
dem Staatsbahnhof
wieder 'raus, die
Steigung hinauf, zur
Lokalstrecke hinüber,
die mitten zwischen
schwellenden Früh-
lingssaaten liegt. „was surrt denn da alleweil so?!" meint
einer und schlägt mit den Armen in die Luft. „Für Schnaken
und Hummeln ist's doch eigentlich
von Rechts wegen noch zu früh!" —
„Schnaken und Hummeln?!" lacht ein
and'rer. „hast Du eine Ahnung,
Menschenskind! Da schau' 'nauf:
Lin Doppeldecker ist's, der einen
Übungsflug macht!" — „Lin Lin-
decker ist's!" schreit ein and'rer.—
„Nein! Lin Doppeldecker!" der
erste wieder. — „Nur Ruhe!" ent-
scheidet Knipsl siegesgcwiß. „wer-
den wir gleich haben! Für was
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Wahl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 145.1916, Nr. 3702, S. 8
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg