Großen des Reiches. Der oberste Schatzmeister trat mit erregten
Mienen vor. warf dem unverschämten Bittsteller einen zornigen
Blick zn und öffnete den Mund zu ernster Widerrede.
Doch der Kalif gebot ihm zn schweigen. Don seinem hohen
Sitze aus konnte er durch die großen Bogenfenster den ganzen
Park überschauen. Er warf einen schnellen Blick dorthin, lächelte
leise und sprach dann im milden Ton: „Bescheiden ist Deine
Bitte gerade nicht, Abraham Isaak. Aber ich habe Dir einmal
mein Wort gegeben und werde es halten." lind er wandte sich
an den Schatzmeister und sprach: „Geh' mit in den Park, Ibra-
him, lasse die Blätter, die auf den Wegen liegen, sorgsam
zählen und zahle den Betrag in guten Zechinen aus."
Tiefaufseufzend verließ der Schatzmeister in Begleitung einiger
seiner Unterbeamten den Saal. Abraham Isaak aber verbeugte
sich tief vor dom Monarchen und wollte in wohlgesetzten Worten
seinen Dank abstatten. Doch der Kalif wehrte seinen Dank kurz
ab und sagte streng: „Wir sind jetzt fertig miteinanSer. Dir
wird gewährt werden, was Du haben wolltest. Aber wage es
nicht, mir wieder mit einer neuen Forderung zu kommen, es würde
Dich Dein Leben kosten. Und jetzt geh'hinaus, geh'I Packe Dich I"
Da machte der alte Wucherer kehrt und ging zur Tür hinaus.
Er eilte mit so schnellen Schritten den vorausgegangenen Würden-
trägern nach, als sei er plötzlich fünfzig Jahre jünger geworden.
Trotz des ungnädigen Abschiedes war er in fröhlichster Stimmung,
sein lherz hüpfte'fast vor Freude in Erwartung der Berge goldener
Zechinen, die bald sein eigen sein würden.
Doch schreckensbleich ward plötzlich sein Angesicht, als er in
den: Park angekommen war. Denn dort starrten ihm die Wege
und Stege glatt und sauber in ihrem weißen Kierschmuck ent-
gegen. So weit er auch schauen mochte, kein einziges Blatt war
auf ihnen zu sehen. Während er in der Vorhalle gewartet hatte,
waren nämlich die Scharen der Parkwärtor an der Arbeit ge-
wesen, hatten alle Ivege rein gefegt, die Blätter fortgetragen.
Dreimal eilte Abraham Isaak durch den ganzen Park und
als er trotz alles Snchens auch nicht ein Blatt auf den Wegen
hatte auffinden können, da stieß er einen lauten Ruf des Jammers
aus, zerraufte sein weißes kjaar und eilte unter den Spottreden
der kfofbeamten in seine Behausung. Lange noch hörte man ihn
klagen und jammern und sich selbst mit den größten Schmähungen
überhäufen, weil er nicht das angenommen, was ihm der gütige
Kalif angeboten hatte, sondern in seiner Forderung über alles
Maß hinausgegangen war und nun nicht nur gar nichts bekom-
men, sondern sich außerdem noch die Gunst des Fürsten für immer
verscherzt hatte.
G ceigne t.
„Wem können wir wohl den Gefangenentransport ani besten
anvertrauen?" — „Dem Gefreiten Berghuber — der ist von Beruf
Fremdenführer."
o
„Seit dem Tode seiner Frau war Herr Maßlieb ganz ver-
ändert. Nun haben ihm seine Freunde eine schimpfende Elster
gekauft. — Jetzt schmeckt ihm wieder sein Schoppen!"
W i l l k o m m e n.
Lehrling (zum Regisseur, den er im Theater mit der Rechnung
aufsucht): „Der Meister hat gesagt, ich darf heut' nicht aus dein
Theater fortgehen, bis ich das Geld habe !" — Regisseu r: „Famos,
Junge, einer von den Statisten ist krank geworden... da kannst
Du diesen Abend das Hinterteil von einem Kamel machen!"
Der letzte Strauß.
ir haben ihnen die Hand geboten.
Der Haß Hai ihnen den Arm gelähmt.
Wunde und Tote zu Wunden und Toten
Nimmer zu häufen ihr Herz sich schämt.
Aus prahlenden Lügen und Schwänken nimmer
Ihr zitternder Mut sich finden mag.
Dor der Wahrheit dämmerndem Schimmer
Fürchten sie sich wie vor 'm jüngsten Tag.
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Mienen vor. warf dem unverschämten Bittsteller einen zornigen
Blick zn und öffnete den Mund zu ernster Widerrede.
Doch der Kalif gebot ihm zn schweigen. Don seinem hohen
Sitze aus konnte er durch die großen Bogenfenster den ganzen
Park überschauen. Er warf einen schnellen Blick dorthin, lächelte
leise und sprach dann im milden Ton: „Bescheiden ist Deine
Bitte gerade nicht, Abraham Isaak. Aber ich habe Dir einmal
mein Wort gegeben und werde es halten." lind er wandte sich
an den Schatzmeister und sprach: „Geh' mit in den Park, Ibra-
him, lasse die Blätter, die auf den Wegen liegen, sorgsam
zählen und zahle den Betrag in guten Zechinen aus."
Tiefaufseufzend verließ der Schatzmeister in Begleitung einiger
seiner Unterbeamten den Saal. Abraham Isaak aber verbeugte
sich tief vor dom Monarchen und wollte in wohlgesetzten Worten
seinen Dank abstatten. Doch der Kalif wehrte seinen Dank kurz
ab und sagte streng: „Wir sind jetzt fertig miteinanSer. Dir
wird gewährt werden, was Du haben wolltest. Aber wage es
nicht, mir wieder mit einer neuen Forderung zu kommen, es würde
Dich Dein Leben kosten. Und jetzt geh'hinaus, geh'I Packe Dich I"
Da machte der alte Wucherer kehrt und ging zur Tür hinaus.
Er eilte mit so schnellen Schritten den vorausgegangenen Würden-
trägern nach, als sei er plötzlich fünfzig Jahre jünger geworden.
Trotz des ungnädigen Abschiedes war er in fröhlichster Stimmung,
sein lherz hüpfte'fast vor Freude in Erwartung der Berge goldener
Zechinen, die bald sein eigen sein würden.
Doch schreckensbleich ward plötzlich sein Angesicht, als er in
den: Park angekommen war. Denn dort starrten ihm die Wege
und Stege glatt und sauber in ihrem weißen Kierschmuck ent-
gegen. So weit er auch schauen mochte, kein einziges Blatt war
auf ihnen zu sehen. Während er in der Vorhalle gewartet hatte,
waren nämlich die Scharen der Parkwärtor an der Arbeit ge-
wesen, hatten alle Ivege rein gefegt, die Blätter fortgetragen.
Dreimal eilte Abraham Isaak durch den ganzen Park und
als er trotz alles Snchens auch nicht ein Blatt auf den Wegen
hatte auffinden können, da stieß er einen lauten Ruf des Jammers
aus, zerraufte sein weißes kjaar und eilte unter den Spottreden
der kfofbeamten in seine Behausung. Lange noch hörte man ihn
klagen und jammern und sich selbst mit den größten Schmähungen
überhäufen, weil er nicht das angenommen, was ihm der gütige
Kalif angeboten hatte, sondern in seiner Forderung über alles
Maß hinausgegangen war und nun nicht nur gar nichts bekom-
men, sondern sich außerdem noch die Gunst des Fürsten für immer
verscherzt hatte.
G ceigne t.
„Wem können wir wohl den Gefangenentransport ani besten
anvertrauen?" — „Dem Gefreiten Berghuber — der ist von Beruf
Fremdenführer."
o
„Seit dem Tode seiner Frau war Herr Maßlieb ganz ver-
ändert. Nun haben ihm seine Freunde eine schimpfende Elster
gekauft. — Jetzt schmeckt ihm wieder sein Schoppen!"
W i l l k o m m e n.
Lehrling (zum Regisseur, den er im Theater mit der Rechnung
aufsucht): „Der Meister hat gesagt, ich darf heut' nicht aus dein
Theater fortgehen, bis ich das Geld habe !" — Regisseu r: „Famos,
Junge, einer von den Statisten ist krank geworden... da kannst
Du diesen Abend das Hinterteil von einem Kamel machen!"
Der letzte Strauß.
ir haben ihnen die Hand geboten.
Der Haß Hai ihnen den Arm gelähmt.
Wunde und Tote zu Wunden und Toten
Nimmer zu häufen ihr Herz sich schämt.
Aus prahlenden Lügen und Schwänken nimmer
Ihr zitternder Mut sich finden mag.
Dor der Wahrheit dämmerndem Schimmer
Fürchten sie sich wie vor 'm jüngsten Tag.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Verscherzte Gunst" "Hilfe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 146.1917, Nr. 3732, S. 58
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg