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H|intt flickt’ ich Blumen auf der CUiele
Ganz in des Jriebliingks Zauberbann,
Tel) fang und pfiff in freid'ger Schtimmung
Und fing sogar zu jodeln an.

Uff eemal krichte icl) ä Schrecken,

Der mir durch alle Glieder fuhr:

He Knebbcben badde ich verloren
Hus meiner Bernlcbteingarnilur.

Uergeblid) jucht’ ich rings int Kreije,

Das Knebbcben fand ich nirgends mehr.
,,TT)ei’ Knebbd)en!“ rief ich egal klagend
Und lief verzweifelt bin und her.

Da pletjlicl) wurden meine Sdjridde
Gehemmt, es regte jich etwas:
fle kleenes ?rejchchen warjch, das bubbte
Uor mir ganz kreizfidel dttrch’s Gras.

Ich blickte äne ganze (Ueile
Dem kleenett Dierchen jinnend nach,

Bis ganz verjunken in Gedanken
Id) leife zu mir selber schbrach:

„Dee, wie geniegsatn is itn Läb'n
Doch so ä Dierchen gegen dich —

Das braucht kee Bernde und kee Knebbcben
Und freit doch seines Eäb’ns sich. —

Und du bist draurig um ä Knebbcben —
5ui, schäme dich 1 Geb sei vergniegt!
nimm dir als Beifcbbiel doch das Ireschchen,
Das mit so wenig sich begniegt 1“

Du äbm schbrach äne inn’re Schlimme,
Du freilich, äbm, nu’s is ooch wabr
Und freidig flickt’ ich wieder Blumen
Und sang und jodelte sogar.

Marti» bäuuemann.

Das zweifache Heilmittel.

®er Doktor Gründlich ist ein vielbegehrier
Arzt. Er ist aber auch ein alter Praktiker
und versteht mit den Leuten uinztigeheit.
Leine Patienten können ihm die längsten Krankheits-
geschichten erzählen, ohne daß er dabei ungeduldig
ivird. Und dann behandelt er sie auch so, daß sie
es merken, wie krank sie sind. Namentlich hält er-
es streng mit der Diät. Alles, was die Patienten
bisher gerne gegessen und getrtinken haben, wird
ihneit unbarmherzig verboten. Sie merken es aber
gar nicht, wie geschickt sie der leutselige Herr Doktor
bei ihren langatmigen Schilderungen in dieser Rich-
tung ansznfratscheln versteht.

Dabei ist Doktor Gründlich-selbst den Freuden
der Tafel nicht abhold und schlägt bei Tisch eine
gute Klinge. Deshalb hatte er seinen Stammtisch
aitch int Bchsenbrän aufgeschlagen, weil es dort noch
immer firfjtige Portionen, namentlich die von ihm
bevorzugten Kalbs- und Schweinshaxen nach Alt-
väterart gab.

Da kam der Weltkrieg und mit ihm die ver-
hängnisvolle Einschränkung des Fleischverbrauchs.
Die Einführung der Fleischkarte wurde für unseren
guten Doktor geradezu eine Katastrophe. Der sonst
so gutgelaunte, allezeit zu scherzhafter Kurzweil
aufgelegte Mann verwandelte sich in einen argen
Grantlhauer und bedachte die wohlbeleibte Zenzi
regelmäßig mit einer Flnt giftiger Redensarten,
wenn sie ihm bei seinem Erscheinen am Stammtisch
die Speisekarte vorlegte.

Aber sehr bald änderte sich das Bild. Der Herr
Doktor war wieder der wohlgesinnte Staatsbiirger
nnd machte Witze über seine Kneipfrennde, die zeit-
raubende nnd vorsichtige Berechnungen über die mög-
lichst ergiebige Ausnützung der Fleischkarte anstellten,
während er sich selbst als einziger Konsument marken-
verschlingeuder Haxen betätigte.

Das erregte natürlich im Freitndeskreis nicht
nur Neid, sondern auch Neugier. Und nach heftigem
Treten ließ der Doktor sich denn in vorgerückter
Stunde sein Geheimnis entlocken.

Da war in der Sprechstunde ein durch Gicht ge-
plagter wohlgenährter Mann erschienen, dem "der
Herr Doktor mit Wollust jeden Fleischgenuß unter-
sagt hatte. Besagter Patient war aber nicht nur ein
kranker Mann, sondern auch ein schwacher Lharakter.
Als er das schreckhafte verbot vernahm, ächzte er:
„Dös ko’ i' net, da inüaßten s’ mir scho’ mei’ Fleisch-
kart’n wegnehma!" Den Doktor Gründlich durch-
fuhr es wie ein Blitz der Erleuchtung, „Her mit
der Fleischkarte 1" sagte er energisch und der Patient
lieferte gehorsam das kostbare Dokument aus.

Seit dieser Zeit ist Doktor Gründlich immer
-reichlich mit Fleischkarten versorgt, denn er behandelt
auch seine atideren Patienten als schwache Charaktere.
Auch der angedrohteu Einführung von Biermarken
sieht er mit heiterer Gelassenheit entgegen.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Das gute Beischbiel"
Weitere Titel/Paralleltitel
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 146.1917, Nr. 3744, S. 200

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