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Also heran, hervor, heraus!

Wer hilft als Kinolöw’ mir aus?! ...
Indes im weiten Runde sah
Man sehr enttäuschte Mienen da.

Mit Hoheit sprach das Leu’nvolk: „Nein!'1
Auch schien das Honorar zu klein.

Nur einer, ein Prachtexemplar,

Blieb übrig von der ganzen Schar.

Der mimte mit so viel Talent,

Dass Pfiff rief: „Herrlich! Exzellent!
Jetzt kommt der erste Knalleffekt:

Dem Dornchirurg die Hand geleckt!“
Da aber ... „Halt!“ schrie er wie toll.
Der Löwe fiel aus seiner Roll’.

Statt einem frommen Händekuss

Prass er den ganzen Androklus.

„Ich fasse“ — sprach er dazu schnell —

„Die Rolle individuell,

Weshalb ich nicht antik sie geb’!

Denn ich bin ein moderner Löw’!“

Er sprach’s und frass den Kinomann
Und selbst den Apparat sodann. —

Am Tatoft fand kopfschüttelnd später
Ein Derwisch Film zwölf Zentimeter . . .

H.

Die Reccuiig.

JXö^edjfinftere Nacht. Heulender Wetter sturm uad? glühend-
schwülem Tag. Nur hin und wieder ein greller Blitz,
in dem nah und fern in bunten Farben auflenchten.
™ Dann wieder rabenschwarzes Dunkel. Jetzt ein doppelter
leiser pfiff. Zwei treffen sich. Halblautes Flüstern. Der plan
ist fertig.

Schon klettert der eine wie ein Affe an der Dachrinne empor.
Der andere steht unten. Und lauscht. Und wacht. Der oben hat
ein beschmiertes Stück Leinwand an's Fenster gediückt. Vhne
Klirren und Krachen zerstört er die Scheibe und kriecht aalglatt
durch die entstandene Dffnung. Der andere horcht noch eine
Minute nach oben und unten. Nirgends ein verdächtiges Ge-
räusch. Nur der Sturm heult. Und der Regen prasselt. Aber
sie beide sind ja heute ihre Bundesgenossen. Jetzt schwingt sich
auch der zweite empor. Er folgt durch die Linbruchstelle in
das finstere Gemach. Ein kleines Lämpchen flammt auf. Sie
tasten sich am Boden vorwärts. Nun kauern beide nieder. Ge-
räuschlos arbeitet die Säge. Vhne Laut wird der Fehlbodcn-
schutt herausgeräumt. Nun ist das Viereck groß genug, daß man
sich hinunterlassen kann in das andere Stockwerk, wie bei einer
Gratwanderung seilt sich der eine an. Er verschwindet. Der
zweite hält den Strick und horcht. Alle seine Sinne sind ge-
spannt. Jetzt berührt der Fuß des ersten unten den Boden. Der
andere folgt.

Totenstille. Sie stehen einen Augenblick in dem fremden Raum
und forschen bei dem matten Schein ihres Lämpchens nach allen
Richtungen. Ein Heller Blitz, dem ein schmetternder Donner folgt,
weist ihnen den weg. Jedem anderen würde das Herz beben.
Sie lachen bloß in fid; hinein.

Dort_' 1

Mit Katzentritten schleichen sie heran. Aus den Bcusttaschen
kommen die feinsten Feilen, die es gibt. Nadelschlankc unüber-
treffliche Werkzeuge. Abwechselnd sind sie an der Arbeit. Einer
feilt — einer lauscht. Den Ton, der dem feinen Piepsen einer
Maus gleicht, vernimmt kein Mensch im Haus. Alles schlummert
ahnungslos. Dder verläßt doch bei dem Unwetter das Bett titd/t.
Der Hausherr, dessen ganzes Hab und Gut auf dem Spiele steht,
träumt im ersten festen Schlaf. Er sieht eben goldene Berge, die
sich ihm ladend erschließen. Zur selben Minute steht sein ganzes,
in einem langen Leben mühsam erworbenes vermögen in höchster
Gefahr. Wohl ist der Geldschrank ein ausgezeichnetes Werk.
Aber die beiden haben nickst zum erstett Male den Kampf erfolg-
reich mit der höchsten Kunst aufgenommen. Immer tiefer und
tiefer dringt die Feile. Schon hat sie das vielfache sinnreiche
Sckstoß mit einem feinen Graben umgeben, der seine schützende
Wirkung beseitigen soll.

Draußen läßt das Wetter allmählich nach. Der Regen wird
schwächer. Die Blitze leuchten matter und seltener ans. Das
Grollen verrollt in der Ferne. Den beiden abgefeimten Burschen
wäre es lieber gewesen, wenn alle Elemente entfesselt geblieben
wären. Denn sie kennen kein Grauen davor. Um so vorsichtiger
heißt es jetzt arbeiten! Leiser und leiser, emsiger und emsiger
schiebt sich die Feile hin und her. Sie durchschneidet die Stahl-
wand immer tiefer und tiefer. Ihre Augen glühen. Ihre blassen
eingefallenen Wangen beginnen sich zu röten, vor Anstrengung.
Und vor Gier nach dem immer näher lachenden großen Gewinn,
wenn ihre Hoffnung sie nicht täuscht und der Ruf des Hauses,
in das sie sich eingeschlichen, dann wird cs diesmal flecken und
reichen für beide. Dann können sie ihr gefährliches Handwerk

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Androklus-Film"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Storch, Carl
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 147.1917, Nr. 3758, S. 58

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