Bewegliches Kapital.
AuS der Schulc.
Ju einer Mittelschule wird Schillers „Lied von der Glocke"
besprochen. Man kommt zur Stelle: „Hoffnungslos — Weicht der
Mensch der Gvtterstärkc — Müßig sieht er seine Werke — Und
bewundernd untergeh'n." — „Nun," fragt der Lehrer, „weshalb
sieht denn der Mensch wohl seine Werke müßig und bewundernd
nntergehen?" - Erst allgemeines Schweigen; dann meldet sich der
kleine Kohn und sagt: „Weil er gut versichert ist!"
Der Privatier beim Photographen.
„Wie wär's mit einer schönen Momentaufnahme, Herr?" —
„Momentaufnahme'? Ich Hab' Zeit genug!"
Zur Schnhnot.
(Ein Herr sicht einem Angler zu, der einen noch ziemlich gut
erhaltenen Stiefel ans dem Wasser fischt.) „Sie, Herr, werden
für dies Wasser nach Karten abgegeben?"
Entgegen ko in mend.
Junger Ehemann (ans dem Spaziergang): „In diesem
Wirtshaus hatte ich früher meinen Stammtisch;-den möchte
ich 'mal wieder anfsnchen, wenn Dir's recht loäre!" — Gattin:
„Aber gewiß, Männchen, geh' nur sofort hinein, ich warte hier
draußen so lange!" _
Die Fleischbrühe.
Gast: „Sie hatten mir echte reine Fleischbrühe in Aussicht
gestellt; dieses aber ist bloß heißes Wasser!" — Wirt: „Ach die
Weibsleut' — da haben s' wieder vergessen, den Bouillonwürfel
hineinzutun!" _
Ein praktischer Kopf.
U^er Veitmoser Baptist! ist ein sehr entfernter Vetter von uns.
Früher war uns diese Vetterschaft kaum oder überhaupt
nicht zum Bewußtsein gekommen. Im Krieg aber erinnert man
sich an allerhand, besonders gerne an Vettern, die auf dem Lande
wohnen. Es war daher eine Mordsfreude bei uns allen, wie es
vor ungefähr sechs Wochen an der Glocke läutete, als ob ein
Brand ausgebrochen war' — und dann, da wir alle voll schrecken
an die Wohnungstüre stürzten, der Vetter draußen stand. Die
Freude dämpfte sich ein wenig, wie er erklärte, daß er eigentlich
nur auf Besuch gekommen sei, und die Dämpfung vermehrte sich
noch ziemlich bei seiner weiteren Mitteilung, daß er gerne seinen
Besuch auf acht Tage ausdehnen würde, weil er eben jetzt auch
einmal nach der Mode der Stadtleute einen „Urlaub" genommen
hätte. Und daß er diesen Urlaub bei uns zubringen möchte, um
einmal fern vom Dorfe sich zu erholen und die ihm ungewohnten
Vorzüge des Stadtlebens kennen zu lernen.
Nach einem kurzen Kriegsrat, der im wesentlichen nur in
einem Frag- und Antwortspiel mit den Augen bestand, beschlossen
wir indessen aus Klugheitsrücksichten, daß uns dieser Besuch außer-
ordentlich willkommen sei, weil . . . weil wir eben für die Zukunft
daraus fetthaltigen, eiförmigen und geräucherten Nutzen ziehen
zu können hofften. Der Vetter wurde also in das längst verwaiste
Fremdenzimmer geführt und mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt.
Wir bemühten uns, dem Gaste das Leben so angenehm zu machen,
wie es im Kriege nur möglich ist. Die sonst sehr frugalen Mahl-
zeiten wurden nach Tunlichkeit bereichert und der Veitmoser
Baptist! erklärte ein um das andere Mal, daß ihm die Stadtkost
außerordentlich munde, wofür auch der von ihm entwickelte un-
heimliche Appetit sprechendes Zeugnis ablegte, wir machten
Spaziergänge' und kleinere Ansstüge mit ihm, führten ihn in
AuS der Schulc.
Ju einer Mittelschule wird Schillers „Lied von der Glocke"
besprochen. Man kommt zur Stelle: „Hoffnungslos — Weicht der
Mensch der Gvtterstärkc — Müßig sieht er seine Werke — Und
bewundernd untergeh'n." — „Nun," fragt der Lehrer, „weshalb
sieht denn der Mensch wohl seine Werke müßig und bewundernd
nntergehen?" - Erst allgemeines Schweigen; dann meldet sich der
kleine Kohn und sagt: „Weil er gut versichert ist!"
Der Privatier beim Photographen.
„Wie wär's mit einer schönen Momentaufnahme, Herr?" —
„Momentaufnahme'? Ich Hab' Zeit genug!"
Zur Schnhnot.
(Ein Herr sicht einem Angler zu, der einen noch ziemlich gut
erhaltenen Stiefel ans dem Wasser fischt.) „Sie, Herr, werden
für dies Wasser nach Karten abgegeben?"
Entgegen ko in mend.
Junger Ehemann (ans dem Spaziergang): „In diesem
Wirtshaus hatte ich früher meinen Stammtisch;-den möchte
ich 'mal wieder anfsnchen, wenn Dir's recht loäre!" — Gattin:
„Aber gewiß, Männchen, geh' nur sofort hinein, ich warte hier
draußen so lange!" _
Die Fleischbrühe.
Gast: „Sie hatten mir echte reine Fleischbrühe in Aussicht
gestellt; dieses aber ist bloß heißes Wasser!" — Wirt: „Ach die
Weibsleut' — da haben s' wieder vergessen, den Bouillonwürfel
hineinzutun!" _
Ein praktischer Kopf.
U^er Veitmoser Baptist! ist ein sehr entfernter Vetter von uns.
Früher war uns diese Vetterschaft kaum oder überhaupt
nicht zum Bewußtsein gekommen. Im Krieg aber erinnert man
sich an allerhand, besonders gerne an Vettern, die auf dem Lande
wohnen. Es war daher eine Mordsfreude bei uns allen, wie es
vor ungefähr sechs Wochen an der Glocke läutete, als ob ein
Brand ausgebrochen war' — und dann, da wir alle voll schrecken
an die Wohnungstüre stürzten, der Vetter draußen stand. Die
Freude dämpfte sich ein wenig, wie er erklärte, daß er eigentlich
nur auf Besuch gekommen sei, und die Dämpfung vermehrte sich
noch ziemlich bei seiner weiteren Mitteilung, daß er gerne seinen
Besuch auf acht Tage ausdehnen würde, weil er eben jetzt auch
einmal nach der Mode der Stadtleute einen „Urlaub" genommen
hätte. Und daß er diesen Urlaub bei uns zubringen möchte, um
einmal fern vom Dorfe sich zu erholen und die ihm ungewohnten
Vorzüge des Stadtlebens kennen zu lernen.
Nach einem kurzen Kriegsrat, der im wesentlichen nur in
einem Frag- und Antwortspiel mit den Augen bestand, beschlossen
wir indessen aus Klugheitsrücksichten, daß uns dieser Besuch außer-
ordentlich willkommen sei, weil . . . weil wir eben für die Zukunft
daraus fetthaltigen, eiförmigen und geräucherten Nutzen ziehen
zu können hofften. Der Vetter wurde also in das längst verwaiste
Fremdenzimmer geführt und mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt.
Wir bemühten uns, dem Gaste das Leben so angenehm zu machen,
wie es im Kriege nur möglich ist. Die sonst sehr frugalen Mahl-
zeiten wurden nach Tunlichkeit bereichert und der Veitmoser
Baptist! erklärte ein um das andere Mal, daß ihm die Stadtkost
außerordentlich munde, wofür auch der von ihm entwickelte un-
heimliche Appetit sprechendes Zeugnis ablegte, wir machten
Spaziergänge' und kleinere Ansstüge mit ihm, führten ihn in
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zur Schuhnot" "Bewegliches Kapital"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 147.1917, Nr. 3766, S. 147
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg