.Also, zwölf Liter Milch gibt die Kuh jeden Tag?" — „Ja, für uns! Wann s' aber für d' Stadt
is, nacha gibt f' fufzehn!"
Die Mucke.
große Sultan Aladin lag auf weichen Polstern im Garten
^^8 und lauschte dem Geplauder seiner grauen und Sklavinnen.
Da sagte Scheherasade zu Suleima, die gerne ein wenig übertrieb:
„Ach Du! Das, was Du da eben erzählt hast, glaube ich nicht. Du
machst immer aus Mücken Elefanten!" — „Gho!" rief schmollend
Suleima. „So etwas kann kein Mensch. Aus einer Mucke einen
Elefanten zu machen, das brächte nicht einmal der mächtige Aladin
zustande." — „Mas unterstehst Du Dich I" antwortete Scheherasade
entrüstet. „Unser erhabener Gebieter vermag alles!".. „Aladin!"
bat sie mit einem berückenden Lächeln, indem sie mit ihrem Elfen-
beinhändchen eine vorübersummende Mücke fing. „Sei doch so gütig
und mach' aus dieser Mücke einen Elefanten, um die böse Zweiflerin
zu beschämen!"
Einen Augenblick zögerte der Sultan. Als ihm aber Schehc-
rasade unter ihren Seidenwimpern einen zweiten bittenden Gluten-
blick zuwarf, klatschte er in die kfände und ließ den Vberhofzauberer
kommen, der sich vor ihm auf die Knie beugte, die Erde mit der
Stirne berührte und so demütig fragte, was der erhabene Fürst
befehle.
„Aus dieser Mücke soltst Du einen Elefanten machen!" sagte
Aladin ruhig, wiewohl er selbst innerlich etwas Bedenken hatte,
ob das möglich wäre.
Der Vberhofzauberer aber antwortete lächelnd: „Nichts leichter
als das I" Er nahm die Mücke mit vorsichtiger Band, drehte sich
mit ihr dreimal unter geheimnisvollen Beschwörungsformeln im
Kreise und siehe da, plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, stand
vor den erstaunten und entzückten Zuschauern ein riesiger Elefant,
der behaglich mit den großen Vhren wedelte und graziös den
Rüsselfinger erhob, um von der triumphierenden Scheherasade eine
Dattel entgegenzunehmen, die sie ihm mit zierlichem kfändchen
reichte.
Da beugte sich Suleima, die sich über das gelungene Kunststück
natürlich ärgerte, an das Vhr der Freundin und flüsterte ihr
etwas zu.
„Mas meint sie?" fragte der Sultan.
„Sie meint" — sagte Scheherasade zögernd — „fliegen aber
wie die Mücke könnte der Elefant doch nicht!"
Der Sultan runzelte die Stirne. „Vberhofzauberer I" befahl
er dann gelassen. „Der Elefant soll fliegen!"
Einen Augenblick stutzte der Vberhofzauberer. Dann hob er
sich auf den Zehenspitzen, so hoch er konnte, und blies mit rotem
Kopf und seiner ganzen Lungenkraft unter geheimnisvollen Zauber-
zeichen so lange auf die Stirne des Ungetüms, bis das Münder
bewirkt war. Ans den Schultern des Elefanten wuchsen mit eincm-
mal gewaltige Flügel empor, die das Tier mit mächtigem Schwünge
erprobte. Plötzlich jedoch unter den verwunderten und erschreckten
Rufen der Zuschauer hob sich der Elefant in die Luft und flog
davon. Rasender Beifall durchbrauste den Garten und Schehc-
rasade sah von neuem triumphierend auf die Freundin, die sich
unwillig besiegt erklärte.
Schon aber begann der Elefant, in der Luft allerhand Unheil
anzustiften. Er bog mit seinen strampelnden Beinen die schönsten
Palmen krumm und knickte den Turm des zierlichsten Minaretts,
daß dieser über dem Markt niederstürzte und das Geschrei der gc-
ängstigt fliehenden Händler und des entsetzten Volkes die Gassen
erfüllte und bis zum Sultan in den Garten drang. Bald nahten
Boten auf Loten, die den Fürsten flehentlich beschworen, doch die
Elefantenfliegerei abzustellen, da Stadt und Land in Aufruhr zu
geraten drohten.
„Vberhofzauberer!" befahl der Sultan. „Nimm dem Elefanten
die Flügel und mach' ihn wieder zur Mücke!"
Da aber zeigte sich, daß der Vberhofzauberer von der Über-
mäßigen Anstrengung in einen so tiefen Ermüdungsschlummer ver-
fallen war, daß ihn niemand daraus z» erwecken vermochte.
Mährend der vergeblichen Bemühungen der Leibärzte und Unter-
zauberer kamen immer neue und neue Unheilsboten. Jetzt trium-
phierte Suleima. Scheherasade blickte voll Angst auf den Sultan
der ein finsteres Gesicht machte.
98
is, nacha gibt f' fufzehn!"
Die Mucke.
große Sultan Aladin lag auf weichen Polstern im Garten
^^8 und lauschte dem Geplauder seiner grauen und Sklavinnen.
Da sagte Scheherasade zu Suleima, die gerne ein wenig übertrieb:
„Ach Du! Das, was Du da eben erzählt hast, glaube ich nicht. Du
machst immer aus Mücken Elefanten!" — „Gho!" rief schmollend
Suleima. „So etwas kann kein Mensch. Aus einer Mucke einen
Elefanten zu machen, das brächte nicht einmal der mächtige Aladin
zustande." — „Mas unterstehst Du Dich I" antwortete Scheherasade
entrüstet. „Unser erhabener Gebieter vermag alles!".. „Aladin!"
bat sie mit einem berückenden Lächeln, indem sie mit ihrem Elfen-
beinhändchen eine vorübersummende Mücke fing. „Sei doch so gütig
und mach' aus dieser Mücke einen Elefanten, um die böse Zweiflerin
zu beschämen!"
Einen Augenblick zögerte der Sultan. Als ihm aber Schehc-
rasade unter ihren Seidenwimpern einen zweiten bittenden Gluten-
blick zuwarf, klatschte er in die kfände und ließ den Vberhofzauberer
kommen, der sich vor ihm auf die Knie beugte, die Erde mit der
Stirne berührte und so demütig fragte, was der erhabene Fürst
befehle.
„Aus dieser Mücke soltst Du einen Elefanten machen!" sagte
Aladin ruhig, wiewohl er selbst innerlich etwas Bedenken hatte,
ob das möglich wäre.
Der Vberhofzauberer aber antwortete lächelnd: „Nichts leichter
als das I" Er nahm die Mücke mit vorsichtiger Band, drehte sich
mit ihr dreimal unter geheimnisvollen Beschwörungsformeln im
Kreise und siehe da, plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, stand
vor den erstaunten und entzückten Zuschauern ein riesiger Elefant,
der behaglich mit den großen Vhren wedelte und graziös den
Rüsselfinger erhob, um von der triumphierenden Scheherasade eine
Dattel entgegenzunehmen, die sie ihm mit zierlichem kfändchen
reichte.
Da beugte sich Suleima, die sich über das gelungene Kunststück
natürlich ärgerte, an das Vhr der Freundin und flüsterte ihr
etwas zu.
„Mas meint sie?" fragte der Sultan.
„Sie meint" — sagte Scheherasade zögernd — „fliegen aber
wie die Mücke könnte der Elefant doch nicht!"
Der Sultan runzelte die Stirne. „Vberhofzauberer I" befahl
er dann gelassen. „Der Elefant soll fliegen!"
Einen Augenblick stutzte der Vberhofzauberer. Dann hob er
sich auf den Zehenspitzen, so hoch er konnte, und blies mit rotem
Kopf und seiner ganzen Lungenkraft unter geheimnisvollen Zauber-
zeichen so lange auf die Stirne des Ungetüms, bis das Münder
bewirkt war. Ans den Schultern des Elefanten wuchsen mit eincm-
mal gewaltige Flügel empor, die das Tier mit mächtigem Schwünge
erprobte. Plötzlich jedoch unter den verwunderten und erschreckten
Rufen der Zuschauer hob sich der Elefant in die Luft und flog
davon. Rasender Beifall durchbrauste den Garten und Schehc-
rasade sah von neuem triumphierend auf die Freundin, die sich
unwillig besiegt erklärte.
Schon aber begann der Elefant, in der Luft allerhand Unheil
anzustiften. Er bog mit seinen strampelnden Beinen die schönsten
Palmen krumm und knickte den Turm des zierlichsten Minaretts,
daß dieser über dem Markt niederstürzte und das Geschrei der gc-
ängstigt fliehenden Händler und des entsetzten Volkes die Gassen
erfüllte und bis zum Sultan in den Garten drang. Bald nahten
Boten auf Loten, die den Fürsten flehentlich beschworen, doch die
Elefantenfliegerei abzustellen, da Stadt und Land in Aufruhr zu
geraten drohten.
„Vberhofzauberer!" befahl der Sultan. „Nimm dem Elefanten
die Flügel und mach' ihn wieder zur Mücke!"
Da aber zeigte sich, daß der Vberhofzauberer von der Über-
mäßigen Anstrengung in einen so tiefen Ermüdungsschlummer ver-
fallen war, daß ihn niemand daraus z» erwecken vermochte.
Mährend der vergeblichen Bemühungen der Leibärzte und Unter-
zauberer kamen immer neue und neue Unheilsboten. Jetzt trium-
phierte Suleima. Scheherasade blickte voll Angst auf den Sultan
der ein finsteres Gesicht machte.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zweierlei"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 149.1918, Nr. 3815, S. 98
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg