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Der Fehlsprung.

;'iß)ie Prinzessin ging mit ihrem Verlobten im Parke spazieren
und nahm auf einer Bank Platz, weil er sie photographieren
wollte. Wie das aber unter jungen Leuten geht, wenn sie verlobt
und verliebt sind, sie konnten sich lange nicht einigen, wie die Prin-
zessin auf dem Bilde am besten aussehen würde; denn jedesmal,
wenn sic ihren Aopf anders drehte oder lächelte oder nickte oder
lachte oder schmunzelte oder schmollte, fand der Prinz, daß es ihr
so schon wieder besser stünde wie das, was sie vorher getan. . .
kurz und gut, er kam vor lauter Probieren, Studieren, Richten an
ihrem put, an ihrem paar, an ihren Bändern nicht zum Photo-
graphieren. — poch in den Buchenbäumen hatte ein rotes Eich-
kätzchen zugesehen. Es machte ihm Spaß, die jungen Menschenkinder
zu beobachten, die es in ihrer Weise natürlich — genau so trieben

wie die jungen Eichkätzln, wenn sie mit Necken und Scherzen von
Wipfel zu Wipfel sprangen und sich dabei die tollsten und verlieb-
testen Dinge zuriefen. Das Bild unten gefiel dem Lauscher hoch oben
in der Buchenkrone so, daß er auf einmal übermütig wurde und mit
einem kecken und doch graziösen Satz von einem Zweig zum anderen
Hüpfen wollte. Aber was ihm noch nie geschehen war, geschah ihni
heute — er verfehlte sein Ziel, plumpste herunter und saß ini nächsten
Augenblick zum Tod erschrocken und gänzlich starr auf dem großen
Rande des großen putes der kleinen Prinzessin, an dem er sich
festhielt und den Prinzen mit maßlos entsetzten Augen anstarrte.

Die Prinzessin tat einen leisen Schrei und wollte aufspringen.
Ihr Verlobter aber rief: „paltl paltl Um Gottes willen! Das ist
ja ganz köstlich. Das ist einfach das originellste und prächtigste
Bild, das jemals abgeknipst worden ist!"

Im nächsten Nu schon Hatto er die Prinzessin mit dem Eich-
hörnchen über ihrem Aoxfe auf der Platte und beide freuten sich
königlich über die wunderbare Photographie, die denn bald auch
am Pose von pand zu pand ging, in allen Läden im ganzen
Lande ausgestellt war und überall Bewunderung und Entzücken
hervorrief.

Das Eichhörnl aber, das selbstverständlich von seinem Fehl-
sprung nichts verriet, prahlte vor der peimatgemeinde in den
lvipfeln an schönen Sommerabenden nicht wenig damit, es sei
eigens von der Prinzessin eingeladen worden, das Bild zu ver-
schönern und auf dem Putrande Platz zu nehmen. Dadurch sei aber
das ganze Geschlecht der Eichkatzen zu hohen Ehren gekommen.
Man müsse ihm - dem Redner - dafür in alle Ewigkeit dankbar sein.

Aber ach, bald merkten die Eichhörner, daß die Geschichte leider
anders war und daß ihnen ihr Standesgenosse einen jammervoll
schlechten Dienst erwiesen hatte. Er durfte sich denn auch nicht nuehr
blicken lassen — sonst wäre es ihni an den Aragen gegangen.
Denn bedauerlicherweise mußten in der nächsten Zeit viele Dutzende
und punderte von Eichkätzln jählings in das Gras beißen, Wie
nämlich die Welt schon einmal ist, jede Dame am pof und auch
jede Schöne sonst im Land, die das Bild der Prinzessin gesehen
hatte, mußte natürlich sofort auch so einen Lichhörnlhut haben.
Denn das war jetzt die neueste Mode.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Fehlsprung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 149.1918, Nr. 3824, S. 183

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